Bundesliga: FC Schalke 04:Post für Felix

Entlassung mit Verspätung: Der FC Schalke 04 will sich nun endgültig von Felix Magath trennen. Der macht schon Experten-Witze über seinen möglichen Nachfolger Otto Rehhagel.

Philipp Selldorf

Felix Magath hat am Samstagabend nach dem Spiel gegen Eintracht Frankfurt Post empfangen. Dass das Briefgeheimnis gewahrt blieb, lässt sich nicht behaupten. Bald machte unter den interessierten Beobachtern die Nachricht die Runde, dass Magath durch das Schreiben zu einer außerordentlichen Sitzung des Aufsichtsrates am Mittwoch eingeladen wurde. Deren Tagesordnung sieht nur ein Thema vor: seine Abberufung als Vorstandsmitglied und somit auch die Beendigung seiner Tätigkeit als Trainer und Sportchef.

FC Schalke 04 - Eintracht Frankfurt

Gespaltene Fan-Seele: Nicht alle auf Schalke sind gegen Felix Magath.

(Foto: dapd)

Dies meldeten am Wochenende die Nachrichtenagenturen und diverse Medien. Der Verein bestätigte den Termin am Sonntag, nachdem sich Magath und Aufsichtsratschef Clemens Tönnies zu einem Gespräch getroffen hatten, das Bild wohl nicht unzutreffend als "Rauswurf-Gipfel" kennzeichnete. Der Bruch zwischen Magath und den handelnden Personen im Verein - wozu offenkundig auch die Spieler gehören - scheint nicht mehr reparabel zu sein.

Magath selbst nahm am Samstag nicht Stellung zur neuen Nachrichtenlage, er zog es vor, alle Aufregungen zu ignorieren und so zu tun, als sei nichts Böses zu erwarten. Die Frage eines TV-Reporters, ob er nächste Saison noch auf Schalkes Trainerbank sitze, beantwortete er mit einem hintersinnigen Lächeln und dem Scherz: "Warum denn nicht?"

Seinen Humor hat Magath in diesen für ihn so unschönen Tagen nicht verloren. Schon am Freitag vor dem Spiel gegen Frankfurt war ihm ein genialer Witz gelungen, den aber leider niemand verstanden hatte. Magath hatte die Pressekonferenz in Schalke mit den Worten eingeleitet, er werde "nur Fragen zum Spiel beantworten - damit Sie sich schon mal dran gewöhnen können".

Die Reporter hielten das für eine kleine Boshaftigkeit, dabei war dieser Prolog eine Anspielung auf Otto Rehhagel, seinen möglichen Nachfolger im Traineramt. Rehhagel hat vor vielen Jahren das Urheberrecht auf den inzwischen häufig genutzten Allgemeinplatz "Nur Fragen zum Spiel" erworben - es war ein Gag für Kenner.

Der nächste brillante Scherz trug sich am Samstag im Stadion zu, mutmaßlich ist es Magaths letzte Pointe in Gelsenkirchen gewesen: Angelos Charisteas, Rehhagels früherer Schüler im griechischen Nationalteam, schoss mit seiner ersten Ballberührung das 2:1-Siegtor für Schalke - jener schon vor Jahren aus dem Tritt gekommene Stürmer, durch dessen Verpflichtung Magath Ende Januar im ganzen Land Unglauben und Entsetzen hervorgerufen hatte.

Sonderurlaub für die Spieler

Unter anderen Umständen hätte man Felix Magaths seherische Fähigkeiten gepriesen, weil der beim 1.FC Nürnberg und danach beim damaligen französischen Zweitligisten Arles-Avignon verstoßene Charisteas jene zwei Punkte einspielte, die den Schalkern halbwegs beruhigenden Abstand zur Abstiegszone verschaffen. Aber es geht bei der anstehenden Trennung eben nicht um Magaths Gespür für Fußball oder um seine anerkannt respektable Bilanz als Trainer in Gelsenkirchen. Es geht stattdessen um seinen Herrschaftsstil als mächtigster Mann im Haus - und wohl auch um sein Wirtschaften als Manager.

Schalkes Profis haben für Montag und Dienstag Sonderurlaub erhalten, dass sie ihren alten Chef wiedersehen werden, wenn sie am Mittwoch zur Arbeit kommen, ist unwahrscheinlich. Es ist nach Lage der Dinge auch nicht sehr wahrscheinlich, dass Magath zur Sitzung des Aufsichtsrates erscheinen wird.

Die Satzung sieht zwar vor, dass er Gehör erhalten muss, bevor man ihn abberuft, aber die Aussichten, die elf Aufseher umzustimmen, sollen äußerst gering sein. Wenn es noch eine Chance auf eine gemeinsame Zukunft hätte geben sollen, dann hätte das Treffen mit Tönnies am Sonntag eine Wende bringen müssen. Doch darüber, dass es zu einer Annäherung der beiden Parteien gekommen wäre, hat Schalke 04 nichts verlautbart.

Vielmehr soll Tönnies von Mitgliedern des Aufsichtsrates dafür kritisiert worden sein, dass er unter dem Eindruck des begeisternden Erfolgs gegen Valencia in der Champions League vom ursprünglichen Fahrplan abgewichen ist. Eigentlich hatte man Magath bereits an diesem Montag zur turnusmäßigen Sitzung bestellen und den Schluss-Strich ziehen wollen.

Doch Tönnies ließ die satzungsgemäß vorgeschriebene Einladungsfrist verstreichen, das vorbereitete Schreiben an den Sportchef behielt er zurück, die Briefe an die Aufsichtsräte mit der geänderten Tagesordnung wurden aus dem Postausgang sortiert. Nun soll aber offenbar keine Zeit mehr verloren werden, weshalb der Brief an Magath, ungeachtet des lustigen Sieges gegen Frankfurt, am Samstagabend überreicht wurde, um die satzungsrechtlich vorgesehene Frist von drei Kalendertagen zu wahren.

Dem Publikum sind solche Vorgänge nur schwer verständlich zu machen. Aber es werden sicher noch einige Einzelheiten bekannt werden, spätestens dann, wenn um die Abstandszahlung an Felix Magath gerungen wird. Schalke ist kein Ort der Diskretion.

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