Bundesliga: FC Bayern:"Sie werden uns zujubeln"

Von "positiven Fortschritten" bis "phantastisch": Vor dem Spiel gegen Eintracht Frankfurt kontert Bayern-Trainer Louis van Gaal das Krisengeraune im Verein mit auffällig frohen Botschaften.

Moritz Kielbassa

Das Wetter in München am Freitag war so winterlich-trüb wie die Nachrichtenlage zum FC Bayern. Aber dann betrat Louis van Gaal den Raum, er rührte sich, wie immer, einen Löffel braunen Zucker in den Kaffee und alles, was er mitzuteilen hatte, klang diesmal süß und harmonisch: "18 Spieler" seien fit für die Samstags-Partie gegen Eintracht Frankfurt, sogar Arjen Robben mache in der Reha "positive Fortschritte".

Bayern Munich's van Gaal reacts during the German Bundesliga soccer match against Bayer Leverkusen in Leverkusen

Möglichst zehn Punkte aus den verbleibenden vier Bundesliga-Partien: Bayern-Trainer Louis van Gaal.

(Foto: REUTERS)

Überhaupt sei es "phantastisch", was seine ersatzgeschwächte Mannschaft trotz aller Widrigkeiten bisher bewerkstelligt habe in dieser Saison: "Erster in der Champions-League-Gruppe", listete van Gaal vergnügt auf, "Supercup-Sieger, im Pokal noch dabei", und ja: auch in der Bundesliga bestehe noch Hoffnung. Das "einzige Problem" sei die Konstanz und herausragende Punktzahl von Tabellenführer Dortmund, denn in eigener Sache findet van Gaal: "Wir spielen viel besser Fußball als letztes Jahr. Viel!"

Nicht eine sprengstoffhaltige Aussage war ihm diesmal zu entlocken, eine weitere Fangfrage war im Lichte seiner vorherigen Ausführungen überflüssig: Ob ihm der Job bei den Bayern noch Spaß mache? "Ja", sagte der knorrige Niederländer, "denn die Chemie mit meinen Spielern und dem Trainerstab ist sehr gut." Wer an dieser Stelle einen wichtigen Personenkreis vermisste, fand in einer späteren Antwort van Gaals Aufklärung: "Ich hatte gestern auch wieder ein sehr gutes Gespräch mit meinem Vorstand", versicherte er. Es klang glaubhaft.

Der Trainer spürt, dass sich unerfreuliche Debatten bei den Bayern zu verselbstständigen drohen. Seit Präsident Uli Hoeneß van Gaal im Fernsehen die Meinung gesagt hat, werden selbst harmlose Wortmeldungen in den Zusammenhang eines vereisten Klimas zwischen Trainer und Klubführung gerückt. 30 Punkte wünschte sich van Gaal beispielsweise in der Liga bis zur Winterpause, daraus errechnete der Mathematik-Freund Karl-Heinz Rummenigge für die letzten vier Spiele 2010 eine Vorgabe, die sich angesichts des schlechten Tabellenstands von selbst versteht: "Zehn Punkte müssen wir noch schaffen", sagte der Vorstand nach dem 2:3 im Europapokal in Rom - in einer betont ruhigen Bankettrede. "Rummenigge setzt van Gaal unter Druck", stand nach der Heimkehr an den Zeitungskästen, die Deutung war: Der Chef habe mit seiner Zehn-Punkte-Bestellung dem Trainer "den nächsten Nadelstich" versetzt.

Butt, Kraft oder Neuer?

Was derzeit wirklich auf den Fluren und in den Köpfen der Bayern vorgeht, ist für auswärtige Beobachter schwer einzusehen. Der Grenzgänger van Gaal ist in der diffusen Gemengelage wie eh und je: fachlich hoch kompetent - menschlich schwierig, streitbar, anstrengend. In sportlich freudlosen Zeiten vereinsamen solche Trainer schneller als pflegeleichte, eine Ablösung des Holländers ist aktuell jedoch kein Thema, trotz des zuletzt regen öffentlichen Meinungsaustauschs: "Wir geben nach außen gerade kein gutes Bild ab", gesteht Manager Christian Nerlinger. Auch van Gaal agierte unklug, als er - gegen die klare Position des Vereins - einen Verkauf von Bastian Schweinsteiger empfahl, falls der seinen Vertrag nicht verlängere. Ein Konter gegen Hoeneß, aus Restgroll? Oder nur unbedachtes Gerede, ohne Hintergedanken?

Er habe aus diesem Vorgang gelernt, beteuerte van Gaal nun am Freitag, als das nächste brenzlige personalpolitische Kapitel zur Sprache kam: Wer wird Nummer eins im Tor, falls Jörg Butt 2011 aufhört: Setzt van Gaal auf das in Rom erprobte Haustalent Thomas Kraft? Oder kommt doch Schalkes Manuel Neuer als Torwart der Zukunft, für den sich der Trainer bisher weniger begeistern konnte als die sportliche Leitung? "Das bespreche ich erst mit dem Vorstand, nicht mit der Presse", sagte van Gaal mit reuigem Grinsen, "diese Reihenfolge ist besser, das weiß ich seit dieser Woche."

Gegen Frankfurt hütet wieder Butt das Tor, Kapitän van Bommel kehrt in den Kader zurück, sonstige Dispositionen ließ van Gaal offen. Schleunigst abstellen müsse seine Elf die "vielen Fehlpässe" und das unzureichende Abwehrverhalten "als Mannschaft" - denn das bringe unvermeidlich die fast schon chronischen "individuellen Fehler in der Verteidigung" zum Vorschein. Nächste Herausforderung für Bayerns Viererkette ist nun der Frankfurter Torjäger Gekas.

Ein Sieg wäre schon deshalb Balsam, weil Dienstag die Mitgliederversammlung in der Olympiahalle folgt - seit Jahren ein spannender Termin für die Großfamilie FC Bayern, bei dem Volkes Stimme manchmal Weichen stellt. So kühl die Basis 2008 den Trainer Klinsmann empfing, so warm war der Applaus 2009 für van Gaal, obwohl es sportlich nicht lief und der Holländer auf der Kippe stand. Beide Male gab die Veranstaltung den Vorständen ein sicheres Bauchgefühl. Über das Votum am Dienstag macht sich van Gaal keine Sorgen. Er glaubt: "Sie werden uns zujubeln."

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