Bundesliga-Fortsetzung:Wie der FC Bayern in der Quarantäne lebt

Bundesliga-Fortsetzung: Neue Normalität beim FC Bayern: Thiago Alcantara, Alvaro Odriozola und Lucas Hernandez mit Mund-Nasen-Schutz.

Neue Normalität beim FC Bayern: Thiago Alcantara, Alvaro Odriozola und Lucas Hernandez mit Mund-Nasen-Schutz.

(Foto: Christof Stache/AFP)

Masken im Bus, Einzeltische für alle: Die Münchner bereiten sich im Quarantäne-Quartier auf den Neustart vor. Trainer Flick bescheinigt seinem Team trotz der Umstände ein hohes Trainingsniveau.

Von Christof Kneer und Benedikt Warmbrunn, Unterschleißheim

Rund um die Unendlichkeit ist nicht viel los. Gegenüber, auf dem riesigen Kaufland-Parkplatz, stehen kaum Autos. An der Bushaltestelle ein paar Schritte weiter wartet kein Mensch. Und schräg gegenüber bildet sich beim McDrive eine Schlange aus handgezählt null Autos. Das Hotel "Infinity" am Rande von Unterschleißheim hat womöglich schon eine vorbildliche soziale Distanz angeboten, als diese gesellschaftlich noch gar nicht gefordert war. Wer immer schon mal in Quarantäne wollte, war an diesem Fleck immer schon ganz gut aufgehoben, und daran hat sich selbstverständlich auch nichts geändert, seit der FC Bayern hier sein offizielles Quarantäne-Quartier bezogen hat.

Vor dem Einstieg in den Geisterspielbetrieb am Sonntag (18 Uhr) bei Union Berlin hat sich der Tross des Rekordmeisters in die Abgeschiedenheit knapp 20 Kilometer nördlich von München zurückgezogen, die Mannschaft kennt das Hotel, hier hat sie auch schon vor Heimspielen in der Champions League übernachtet; auch gegnerische Teams steigen häufig hier ab. Bis zur Arena in Fröttmaning sind es mit dem Auto knapp 15 Minuten, das ist der eine Vorteil. Der andere ist, dass sich hierhin niemand verirrt, nicht einmal ein Spaziergänger kommt vorbei, und das liegt nicht nur daran, dass es am Mittwochvormittag niederträchtig nieselt. Die Einfahrt zum Hotelparkplatz ist mit dann auch nur drei mobilen Absperrgittern zugestellt, keine Sicherheitskraft steht daneben. Wer aber kurz auf dem Gehweg stehen bleibt, den fragt ein freundlicher, selbstverständlich bemaskter Mitarbeiter des FC Bayern, ob er vielleicht weiterhelfen könne.

Der Fußball sieht sich ja gerne als die Mitte der Gesellschaft, ganz besonders sehen sie das so beim FC Bayern, wo sie davon ausgehen, dass sie mindestens den gesamten Freistaat repräsentieren, ob der Freistaat das nun will oder nicht. Der Verantwortung, die mit diesem Anspruch einhergeht, ist der Klub wie auch der Fußball insgesamt mal mehr und mal weniger gut nachgekommen - in der Corona-Krise aber ist es den Bayern erkennbar ein Anliegen, sich als beispielhafte Repräsentanten der Gesellschaft zu präsentieren.

Nur in den Einzelzimmern gilt keine Maskenpflicht

Als das Training auf dem Klubgelände noch verboten war, verabredeten sich die Spieler öffentlichkeitswirksam zum digitalen Cyber-Training. Wann immer möglich, loben die Verantwortlichen die Politik. Und als Jérôme Boateng einmal zu seinem erkrankten Sohn in der Nähe von Leipzig gefahren war (und dabei einen Unfall baute), verhängten die Chefs eine Geldstrafe, weil Boateng gegen die Auflagen der Ausgangsbeschränkung verstoßen hatte (ob die Chefs bei einem anderen Spieler vielleicht nachsichtiger reagiert hätten? Okay, das ist ein anderes Thema). Und auch die vorgeschriebene Woche in der Quarantäne nehmen die Bayern betont ernst. Es gebe überhaupt keinen Grund zu hadern, sagt der Trainer Hansi Flick, der sich demonstrativ um Normalität bemüht und seine Profis auch im Training als tadellose Staatsbürger erlebt. Intensität und Motivation seien trotz der unheimlichen Umstände hoch.

Am Sonntag hat die Mannschaft ihr stilles Quartier bezogen, angereist ist sie mit zwei Bussen, um die Abstandsregeln auch beim Sitzen einhalten zu können. Im Bus und beim Aussteigen herrschte Maskenpflicht. Im Hotel hat Team-Managerin Kathleen Krüger dann als Erstes ein Referat zu den Verhaltensregeln gehalten, zur Erinnerung hängen überall Hinweisplakate. So gilt mit Ausnahme der Einzelzimmer überall Maskenpflicht; wer Aufzug fährt, soll die Knöpfe mit dem Pulli oder dem Handrücken berühren. Ach, und bitte: regelmäßig und gründlich die Hände waschen!

In den vergangenen Wochen waren die Spieler nach dem Gruppentraining noch ungeduscht von der Säbener Straße nach Hause gefahren, zuvor hatte jeder eine Lunchbox in die Hand gedrückt bekommen. Im Quarantäne-Quartier in Unterschleißheim dürfen sie nun gleichzeitig im Frühstückssaal essen, sie dürfen dafür - aber auch nur dafür - die Maske ausziehen. Ein Büffet gibt es nicht, jeder Spieler bekommt sein Essen fertig überreicht. Und jeder hat einen Tisch für sich allein.

Bayern testet bei einem Trainingsspiel in der Arena die neue Normalität

All diese Abläufe haben sich am Mittwochvormittag gut eingespielt, trotz Abstandsregel und Maskenpflicht dauert es nicht lange, und schon sitzen alle Spieler in den beiden Bussen, die dann in einem wiederum sehr vorbildlichen Abstand zueinander zum Training auf das ebenfalls nur eine Viertelstunde entfernte Campus-Gelände der Nachwuchsakademie fahren. Kein Kreischen ist zu hören, wie man es sonst von den Abfahrten am Klubgelände kennt. Wer sollte auch kreischen?

An der Bushaltestelle wartet immer noch kein Mensch. Von den ersten Trainingseinheiten hat der FC Bayern kurze Videos hochgeladen, es sind keine spektakulären Bilder, business as usual, aber es passieren halt auch Dinge, wie sie zurzeit nur auf einem Profifußballfeld passieren dürfen. Es gibt Zweikämpfe. Wenig Abstand. Und alle sind unterwegs in einer großen Gruppe. "Wahnsinn, es war wirklich sehr schön, wieder auf dem Platz zu stehen als Gesamteinheit, mit der ganzen Mannschaft", sagt David Alaba. Man habe "einfach gemerkt, wie sich alle auf den Moment gefreut haben".

Bei einem Trainingsspiel in der Arena hat die Mannschaft schon mal die neue Normalität getestet, so, wie sie die DFL für den Rest der Saison vorschreibt. Die eine Bayern-Elf hat sich in der Heimkabine umgezogen, die andere Bayern-Elf in der Gästekabine, und dann haben sie gegeneinander gespielt, Unterschleißheim gegen Oberschleißheim, wie Franz Beckenbauer wahrscheinlich sagen würde. Die Betreuer an der Seitenlinie hatten Masken an. Und kein Mensch hat zugeschaut.

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