Niederlage des FC Bayern:Ab aufs Sofa

Niederlage des FC Bayern: Zu wenig Power in Mainz: Die FSV-Spieler hatten die Bayern fast immer im Griff - wie hier Phillipp Mwene (li.) und Robin Quaison (re.) den eingewechselten Jamal Musiala.

Zu wenig Power in Mainz: Die FSV-Spieler hatten die Bayern fast immer im Griff - wie hier Phillipp Mwene (li.) und Robin Quaison (re.) den eingewechselten Jamal Musiala.

(Foto: Tom Weller/AP)

In Mainz verspielen sehr müde Bayern die Entscheidung in der Meisterschaft. Die Feier ist vertagt - nur Robert Lewandowski hat einen kleinen Grund zur Freude.

Von Johannes Aumüller, Mainz

Hansi Flick ist mit dem FC Bayern schon einige Male deutscher Meister geworden, nicht nur im Vorjahr als Trainer, sondern bereits in den Achtzigerjahren, als sich sein Arbeitsplatz noch im Mittelfeld des Klubs befand. Ein paar interessante Titel erlebte Flick zu jener Zeit mit, zum Beispiel die Aluminium-Meisterschaft 1986, als der Bremer Michael Kutzop im entscheidenden Spiel der beiden Rivalen einen Elfmeter an den rechten Pfosten setzte. Ein Jahr später stand die Hattrick-Meisterschaft, also der dritte Titel in Serie, was damals noch als etwas Besonderes galt. Und einmal, da feierte Flick mit seinen Kollegen auch eine Sofa-Meisterschaft.

Im Juni 1989 war das da, da kam der Verfolger 1. FC Köln an einem Dienstagabend nur zu einem Remis in einem Nachholspiel bei den Stuttgarter Kickers - ja, tatsächlich, ein Klub namens Stuttgarter Kickers spielte mal in der Bundesliga und ein Klub namens 1. FC Köln war mal der erste Bayern-Verfolger -, jedenfalls endete die Partie 0:0 und so lag der FC Bayern zwei Spieltage vor Schluss uneinholbar vorne.

Nun steht Flick womöglich wieder eine solche Sofa-Meisterschaft bevor. Der FC Bayern hat am Samstag die erste Möglichkeit, seinen neunten Titel in Serie auch amtlich beglaubigen zu lassen, nicht nutzen können. Völlig verdient verlor er beim FSV Mainz mit 1:2 (0:2), und jetzt muss er mit der Titelfeier warten. Entweder bis zum Spiel gegen Borussia Mönchengladbach in zwei Wochen. Oder aber nur bis zum Sonntagnachmittag, falls der aktuelle Verfolger RB Leipzig sein Spiel gegen Stuttgart (VfB, nicht Kickers) verlieren sollte.

"Heute hat es etwas langsamer ausgeschaut", findet Flick

Flick tat am Samstagnachmittag so, als sei es ihm ziemlich egal, auf welche Weise seine Mannschaft den Titel nun ins Ziel bringt. "Das sind Dinge, die mich nicht wirklich interessieren. Ich bin eh keiner, der sich zu sehr mit anderen Mannschaften auseinandersetzt", sagte er. Ihm gehe es jetzt darum, dieses aktuelle Spiel abzuhaken.

Flick war durchaus angefressen nach dem 1:2. Denn natürlich war es der feste Plan der Münchner gewesen, den neunten Titel in Serie an diesem Samstag klarzumachen. "Es wäre wieder ein Ausrufezeichen der Mannschaft, das Jahr war sehr intensiv", hatte der Trainer gesagt. So wurde es aber eher ein Ausrufezeichen dahingehend, wie intensiv das Jahr gewesen war. Diverse Münchner wirkten so, als seien sie noch oder schon wieder auf dem Sofa. "Die Mannschaft hat sehr viele Spiele und sehr viele Minuten in den Beinen", sagte Flick nach der Partie: "Heute hat es etwas langsamer ausgeschaut."

Das erste Mal war diese Müdigkeit schon nach drei Minuten zu bemerken, als U21-Angreifer Jonathan Burkardt mit einem Drehschuss die Mainzer in Führung brachte. Aber das wirkte keineswegs als Weckruf für den Rekordmeister, stattdessen war auch in der folgenden Viertelstunde fast ausschließlich Mainz am Zug. Danny Latza traf bei einem Kopfball nur den Pfosten (10.), und gegen Robin Quaison rettete Manuel Neuer mit einer starken Parade (16.); ein abgefälschter Schuss von Danny da Costa landete am Außenpfosten (18.), und nach einem tollen Pass von Burkardt legte sich Quaison den Ball einen Tick zu weit vor, so dass Neuer noch retten konnte (20.).

Die Mainzer zeigen eine beachtliche Leistung

Die Münchner hatten in dieser Phase lediglich eine Chance durch Lewandowski, und so war das einzige Erstaunliche nach der ersten Phase, dass die Mainzer nur mit 1:0 führten. Aber noch ehe die Bayern sich richtig ins Spiel reinarbeiten und die Kontrolle übernehmen konnten, fiel doch noch der zweite Treffer: Philipp Mwene zog einen Freistoß scharf nach innen, Quaison köpfelte den Ball ins Tor.

Es war eine beachtliche Leistung, die Mainz bot. In der ersten Hälfte lief die Mannschaft in vielen Phasen mit unglaublicher Intensität und etwas überraschend mit gleich drei Stürmern die Münchner an. Später zog der FSV sich oft ins letzte 30-Meter-Drittel des Feldes zurück, verteidigte dort aber so kompakt, dass sich die Bayern kaum eine Chance erspielten, wie Flick anerkannte. Dessen Team wurde in der zweiten Hälfte zwar etwas stärker, und Mainz verständlicherweise etwas müder ob des großen Aufwandes - aber anders als in so vielen anderen Begegnungen, in denen die Münchner in Rückstand geraten waren, entstand diesmal nie das Gefühl, dass der Noch- und Bald-wieder-Meister diese Partie noch einmal drehen könnte.

"Die Art und Weise über die 90 Minuten war sehr beeindruckend. Ich bin stolz, Trainer dieser Mannschaft zu sein. Aber das bin ich nicht erst seit heute, sondern schon lange", sagte FSV-Coach Bo Svensson. Seit der Verpflichtung des Dänen im Winter hat sich der Klub auf beachtliche Weise aus der Abstiegszone gearbeitet. Zwölfter sind die Mainzer jetzt, und sie haben sogar noch ein Nachholspiel.

Bei den Münchnern hatte am Samstag dann lediglich noch Robert Lewandowski einen kleinen Grund zur Freude. Der Pole feierte nach einer vierwöchigen Verletzungspause sein Comeback und nach einem Aussetzer des Mainzer Abwehrspielers Alexander Hack war er in der Nachspielzeit zur Stelle: Er erzielte das 1:2, es war sein 36. Treffer in der laufenden Saison. Noch vier Tore fehlen ihm zur magischen Gerd-Müller-Marke. Diesbezüglich muss Lewandowski allerdings einsehen, dass sich am Sonntag bei Leipzig gegen Stuttgart nichts mehr in seinem Sinne tun kann.

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