Bundesliga: FC Bayern:Kaputtgespielt

Franck Ribéry fällt mindestens vier Wochen aus. Dennoch will sich der FC Bayern München nach dem Sieg in der Nachspielzeit bei der TSG Hoffenheim die gute Stimmung nicht vermiesen lassen.

Michael Neudecker, Sinsheim

Uli Hoeneß trug wie immer einen rot-weißen Schal und die ihm eigene Gesichtsfärbung, es war schon spät am Dienstagabend, Uli Hoeneß stand in der Arena in Sinsheim, er war ein bisschen aufgebracht. Uli Hoeneß ist oft ein bisschen aufgebracht, und es war ja auch ein aufwühlender Abend, den der FC Bayern und dessen Vereinspräsident Hoeneß bei 1899 Hoffenheim erlebt hatten: 2:1 in der Nachspielzeit, ein Sieg, endlich wieder ein Sieg. Aber ein glücklicher Sieg? "Wenn hier einer nach Hause geht und sagt, Bayern hat glücklich gewonnen, dann war ich auf einem anderen Spiel", sprach Hoeneß. Hoffenheim, befand er "war ja stehend k. o."

TSG 1899 Hoffenheim - FC Bayern Muenchen

Wieder in der Nachspielzeit: Wie schon gegen den VfL Wolfsburg am ersten Spieltag bejubeln die Bayern einen späten Siegtreffer.

(Foto: dapd)

Spielanalysen von Uli Hoeneß muss man differenziert betrachten, Uli Hoeneß ist ein emotionaler Mensch, und emotionale Menschen neigen bisweilen zur Übertreibung. Hoffenheim war auch gegen Ende der Partie noch in der Lage zu kontern, und Siege dürfen durchaus als glücklich bezeichnet werden, wenn das Siegtor in der Nachspielzeit aus einer Abseitsstellung heraus fällt (wenn auch einer so minimalen, dass wohl kein Schiedsrichterauge sie erkennen kann). Es steckt aber immer auch ein Kern Wahrheit in den Analysen, Uli Hoeneß ist schließlich so lange im Geschäft, dass man manchmal glauben könnte, er hätte es erfunden. Der FC Bayern war besonders in der zweiten Halbzeit Hoffenheim klar überlegen - glücklich und verdient ist im Fußball kein Widerspruch.

Die Zahlen zum Spiel waren die gleichen wie zuletzt: 67 Prozent Ballbesitz etwa, oder 120 Ballkontakte des Innenverteidigers Holger Badstuber, der damit doppelt so viele wie der in dieser Kategorie führende Hoffenheimer Andreas Beck (60) hatte - Zahlen können manchmal viel über ein Spiel erzählen. Die Bayern versuchten sich in ihrer inzwischen bekannten Taktik des "Kaputtspielens" (Badstuber), geduldiges Passen also, quer, zurück, quer. Zuletzt war der Erfolg dieser Taktik in Frage gestellt worden, auch diesmal sah es zunächst nicht gut aus, war doch Hoffenheim nach einem Fehler von Diego Contento schon nach 36 Sekunden in Führung gegangen.

Louis van Gaal saß da auf der Bank, er stützte sein Kinn in seine Finger, Déjà-vus fühlen sich selten gut an. "Ich habe das schon viele Wochen gesagt", berichtete der Niederländer van Gaal hinterher, und auch diesmal habe er seinen Spielern in der Halbzeitpause zugerufen: "Weitergehen, Jungs, weitergehen, das Moment kommt." Er machte eine kurze, kunstvolle Pause, dann fügte er hinzu: "Und das Moment ist gekommen."

Van Gaal dementiert Vertragsverlängerung

Allerdings spät: Nach Müllers Ausgleich (63.) brachte Olic eine Altintop-Flanke per Kopf zu Van Buyten, der mit dem linken Fuß im Abseits stand und den Ball mit dem rechten Oberschenkel über die Torlinie stocherte. Nach Siegen ist die Erleichterung immer groß, zumal, wenn man Angestellter des FC Bayern ist und als solcher ein paar Spiele nicht mehr gewonnen hat - "der Sieg tut gut", sagte Kapitän Mark van Bommel, und in der Nachspielzeit zu gewinnen, "da ist das Gefühl noch schöner".

Alle strahlten sie, als das Spiel zu Ende war, sie umarmten sich, "wir sind schon sehr erleichtert", gab Sportdirektor Christian Nerlinger zu. Er sah den Sieg "als großes Ausrufezeichen", eines, das anzeigen sollte: "Wir schauen ab jetzt nicht mehr zurück, auf die Vorbereitung und die WM, sondern nur noch nach vorne."

Hätten die Bayern nicht gewonnen, wäre da ein immer bedrohlicher wirkendes Fragezeichen gestanden, Nerlinger weiß das, Trainer van Gaal auch. "Wir hätten dann ein großes Problem gehabt", sagte van Gaal, der dann noch das Gerücht dementierte, er habe seinen Vertrag mit dem FC Bayern verlängert: Es freue ihn, dass Bayern verlängern wolle, "aber ich habe auch noch Bedingungen", man werde sich noch vor Weihnachten zusammensetzen.

Noch vor ein paar Tagen war die Stimmung irgendwo zwischen Sorge und Verzweiflung beim FC Bayern, aber nun, sagte van Gaal, "ist alles wieder gut". Tabellenführer Mainz, der am Samstag in die Arena kommt? "Wir freuen uns auf dieses Spiel", sagte Nerlinger. Das Geschäft ist schnelllebig, Gefühle nur Momentaufnahmen.

Die Freude aber wurde noch stark getrübt: Franck Ribéry, der von den Hoffenheimern immer wieder rüde attackiert worden war, knickte nach seinem Schuss, der das 1:1 zur Folge hatte, mit dem rechten Sprunggelenk um, übel sah das aus, Ribéry landete auf dem im 90-Grad-Winkel abgebogenen Knöchel. Er schrie, schlug vor Wut auf den Rasen, und als sie ihn hinausführten, weinte er.

Am Mittwochmittag kam die Meldung, dass sich der Franzose vordere Außenband sowie die Kapsel im rechten Sprunggelenk gerissen hat und damit mindestens vier Wochen ausfällt. Das ergab eine Kernspintomographie bei Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Nach dessen Auskunft muss Ribery zehn Tage einen Gips tragen, anschließend folgen je zehn Tage im Spezialschuh und zehn Tage Aufbautraining. Läuft alles perfekt, kann Ribery in der zweiten Oktoberhälfte wieder ins Mannschaftstraining einsteigen.

Diese Meldung nahm van Gaal fast erleichtert auf: "Ich hatte Schlimmeres befürchtet. Wir hatten Glück im Unglück. Jetzt müssen wir schauen, dass sich Franck gut auskuriert." Die gute Stimmung wollte er sich offenbar einfach nicht vermiesen lassen.

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