Süddeutsche Zeitung

2:2 gegen Hertha BSC:Ungemütlicher Abend für die Bayern

  • Der FC Bayern lässt zum Saisonauftakt die ersten Punkte liegen: Gegen Hertha BSC reicht es nur zu einem 2:2.
  • Die Berliner führen zwischenzeitlich, Robert Lewandowski schafft per Elfmeter immerhin noch den Ausgleich.
  • Hier geht es zur Tabelle der Fußball-Bundesliga.

Aus dem Stadion von Sebastian Fischer

Die Saison war kurz davor zu beginnen, da sah Joshua Kimmich schon die Meisterschale. Er lief auf sie zu, beim Bundesliga-Eröffnungsspiel ist sie ja auf dem Rasen ausgestellt. Der Rechtsverteidiger des FC Bayern schlug sich dreimal auf die Brust. Als gelte es sich einzustimmen, nun etwas zu beweisen, fast trotzig.

Der FC Bayern hat am Freitag nicht verloren, er hat beim 2:2 (1:2) gegen die Berliner Hertha auch nicht besonders schlecht gespielt. Aber der deutsche Meister hat am ersten Spieltag der 57. Bundesliga-Saison noch nicht bewiesen, die Dominanz der vergangenen Jahre einfach weiter ausstrahlen zu können. Und das passte natürlich zu den vergangenen Wochen.

Der Eindruck der Saisonvorbereitung war ja eher der gewesen, dass die Münchner nur bedingt bereit sind für diese Saison, in der sie zum achten Mal in Serie am Ende die Schale gewinnen wollen. Es ging lange darum, dass dem deutschen Meister die Verstärkungen fehlen, allen voran Leroy Sané von Manchester City, der nun am Kreuzband verletzt ist, anstatt zum FC Bayern gewechselt zu sein.

Nur ein neuer Spieler steht in der Startaufstellung

Am Freitag deutete sich früh an, dass nach der Leihe von Ivan Perisic von Inter Mailand und Gerüchten über die bevorstehenden Transfers von Mario Mandzukic von Juventus Turin und Michael Cuisance von Borussia Mönchengladbach auch Philippe Coutinho vom FC Barcelona zur Leihe nach München wechseln könnte, ein Spieler der höchsten Kategorie also. Doch am Freitag standen noch mal die Spieler der vergangenen Saison auf dem Platz.

Die Aufstellung der Bayern sah fast so aus, als wäre die vergangene Saison einfach weitergegangen. In Benjamin Pavard stand ein neuer Innenverteidiger anstelle von Jérôme Boateng in der Startelf, ansonsten spielten zehn Fußballer, die auch in der Vorsaison schon da waren. Änderungen waren in Details wahrnehmbar: Niko Kovac ließ eine etwas offensive Variante des 4-3-3-Systems spielen, mit einem statt zwei Sechsern, Thiago begann hinter Corentin Tolisso und Thomas Müller.

Wer die Berliner Startaufstellung sah, der musste sich auch an die vergangene Saison der Bayern erinnert fühlen, an ein 3:3 gegen Düsseldorf im November 2018, das damals die Kritik an Kovac laut werden ließ. Damals schoss Dodi Lukebakio alle drei Tore für den Außenseiter, in der Sommerpause wechselte der Angreifer für 20 Millionen Euro zur Hertha. Und es war noch mal Lukebakio, der mit seinem vierten Tor im zweiten Spiel in der Münchner Arena wieder traf, und damit den Abend für den FC Bayern zu einem ungemütlichen machte.

Der Favorit hatte mit großer Dominanz begonnen, ausgesprochen offensiv, über die immer wieder so elegant wie rasant zum Tor dribbelnden Flügelspieler Serge Gnabry und Kingsley Coman. Nach 24 Minuten, mit der dritten Münchner Torchance, traf Robert Lewandowski nach Vorlage von Gnabry. Erstmals hat damit ein Spieler in der bisherigen Liga-Historie fünfmal in Serie im ersten Spiel seiner Mannschaft getroffen. Vier Jahre in Serie hatten dies Stefan Kießling (Leverkusen) und Klaas-Jan Huntelaar (Schalke) geschafft. Auch Berlin hatte ein paar Gelegenheiten, erst wirkte es noch wie Zufall. Doch dann nutzte die Hertha häufiger den Raum, den die offensiven Müller und Tolisso preisgaben. Lukebakio wurde in der 36. Minute von Müller nicht angegriffen, Vedad Ibisevic fälschte seinen Schuss aus der Distanz mit dem Rücken ins Tor ab. Und nur drei Minuten später lief Marko Grujic plötzlich allein aufs Tor zu, als er sich schneller als sein Gegenspieler Pavard von einem Zusammenprall erholte und von Ibisevic den Ball in den Lauf gepasst bekam. Grujic traf. Plötzlich sangen die Berliner Fans in München davon, Spitzenreiter zu sein.

Es war eine überraschende Wendung einerseits, doch es war auch ein Anflug von fehlender Souveränität. Mindestens war es nun ein Test für die Bayern zu einem ungewohnt frühen Zeitpunkt der Saison. Die Auftaktspiele in den vergangenen vier Jahren hatte der Meister jeweils mit mindestens zwei Toren Vorsprung gewonnen. Kovac wurde an der Seitenlinie energischer.

Am Ende kommen noch Sanches und Davies

Schon kurz vor der Pause hätten die Münchner einen Elfmeter bekommen können, Herthas Niklas Stark schubste Coman im Strafraum. Sie bekamen ihn schließlich in der zweiten Halbzeit zugesprochen, Grujic hatte Lewandowski völlig unnötig abseits des Geschehens umgerissen und Schiedsrichter Harm Osmers nach Ansicht der Videobilder auf den Punkt gezeigt - Lewandowski traf in der 60. Minute zum Ausgleich.

Es war nun ein Spiel, in dem der FC Bayern klar dominierte, er trug Angriff nach Angriff vor, er kam auch weiterhin zu Chancen - einmal lief Müller im Strafraum quer und verpasste den Moment zu schießen, einmal vergab Tolisso, einmal Lewandowski, einmal Gnabry. Es war damit aber auch ein Spiel, in dem ein Einwechselspieler den Unterschied ausmachen kann.

Auf der Bank der Münchner saßen allerdings in der Mehrzahl Nachwuchsfußballer, Sarpreet Singh oder Kwasi Wriedt, Zugang Ivan Perisic saß im Sommer-Look noch auf der Tribüne - von Inter Mailand hatte er eine Gelb-Sperre mitgebracht. Kovac wechselte erst wenige Minuten vor Schluss Renato Sanches für Müller und Alphonso Davies für Gnabry ein. Sie trafen nicht mehr und der Trainer durfte hadern: "Wir hätten die Tore machen müssen, hatten gute Chancen und 11:0 Ecken. Wir hatten auch Pech. So können die Spiele laufen". Sollten sie aus seiner Sicht aber vielleicht nicht zu häufig.

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Quelle:
SZ vom 17.08.2019
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