Serge Gnabry beim FC Bayern:Seine Ideen sind so wertvoll

AEK Athens v FC Bayern Muenchen - UEFA Champions League Group E

Der FC Bayern ist aktuell angewiesen auf die Ideen von Serge Gnabry.

(Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images)
  • Serge Gnabry ist binnen weniger Wochen zu einem sehr wichtigen Spieler beim FC Bayern geworden.
  • Mit seinem Tempo und seinem Spielwitz durchbricht er das in diesem Herbst gelegentlich etwas einfallslose Passspiel der Mannschaft.
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Von Benedikt Warmbrunn

Zu den bislang unbekannten Eigenschaften des Arjen Robben gehört es, dass er soziale Bindungen pflegt, die er als Freundschaft bezeichnet. Bekannt geworden ist Robben als ein Mann, der soziale Bindungen pflegt, die sich als Revierkämpfe charakterisieren lassen, zum Beispiel mit Franck Ribéry, in den vergangenen Jahren auch mit Robert Lewandowski. Die Leute nannten Robben eine Zeit lang: Alleinikow. Und als Alleinikow war Robben vorschriftsgemäß auch gerne mal alleine unterwegs. In der vergangenen Woche aber berichtete Robben, dass er oft "einen Freund dabei" habe, wenn er ins Fitnessstudio gehe. Selbstverständlich handelt es sich dabei nicht um eine gewöhnliche Freundschaft, das wäre einem bewährten Revierkämpfer wie Robben wohl zu banal. Der Mann, den er als einen Freund bezeichnete, ist immerhin auch der Mann, der daran arbeitet, dass irgendwann einmal ein FC Bayern ohne Arjen Robben vorstellbar erscheint.

Dass er in den ziemlich exklusiven Kreis der Fußballerfreunde von Robben aufgenommen wurde, war für Serge Gnabry der Höhepunkt von ziemlich rasanten acht Tagen gewesen. Erst war der nachnominierte Gnabry einer der auffälligsten Spieler beim 1:2 der deutschen Nationalmannschaft in Frankreich gewesen. Dann stand er beim FC Bayern zweimal in der Startelf, und prompt gewann die Mannschaft zweimal, in Wolfsburg und in Athen, nach zuvor vier sieglosen Spielen in Serie.

Und dann, in der Nacht von Athen, nannte der einstige Alleinikow Gnabry einen Freund. Acht Tage also, und schon haben die beiden wichtigsten deutschen Fußballmannschaften in einem für sie ansonsten wenig erbaulichen Herbst einen Gewinner, den 23 Jahre alten Gnabry. "Ein sehr guter Junge", sagte Robben in Athen noch, auch das war aus seinem Mund ein ungewöhnlich euphorisches Lob.

Salihamidzic nennt Gnabry einen "Lichtblick"

Beiden Mannschaften, der Nationalelf und dem FC Bayern, verleiht Gnabry Elemente, die die jeweils etwas angegraute Spielweise beleben. Er ist flink, wendig, dribbelfreudig. Er hat viele Ideen, und dass er nicht alle umsetzen kann, liegt allein daran, dass er manchmal versucht, mehrere Ideen in einer einzigen Aktion unterzubringen. In einer Zeit, in der die ewigen Münchner Flügelregenten, Robben und Franck Ribéry, mitunter eine nicht ganz so jugendliche Dynamik abrufen, in einer Zeit, in der Thomas Müller sich auf seinen einst so gefürchteten Wegen häufiger verläuft, in einer Zeit, in der der ebenfalls rasante Kingsley Coman monatelang verletzt fehlt, in einer Zeit also, in der das einst so gefürchtete Flügelspiel des FC Bayern auf einmal berechenbar wirkt, sind Ideen wie jene von Gnabry umso wertvoller, selbst wenn nicht jede sofort gelingt. Einen "Lichtblick" nannte ihn Sportdirektor Hasan Salihamidzic in Athen.

Nachdem Niko Kovac zunächst nur zögerlich auf Gnabry gesetzt hatte, hat auch der Trainer des FC Bayern inzwischen erkannt, wie sehr dieser das zuletzt so müde Spiel seiner Mannschaft belebt. Spielt Gnabry auf dem linken Flügel, so wie in Wolfsburg und Athen, rauscht er wie ein Expresszug nach vorne und in die Mitte, nie lässt er den Verteidiger wissen, ob er gleich mit dem linken Fuß flanken oder doch eher mit dem rechten Fuß aufs Tor schießen wird. Spielt er, wie gegen Frankreich, in der Spitze, agiert er wie ein Magier, der aus seinem Hut immer wieder etwas anderes zum Vorschein bringt. Er sprintet dann in die verborgenen Räume, nach links, nach rechts, nach vorne. Er dribbelt unerschrocken auf die gegnerische Abwehr zu und biegt erst im letzten Moment noch so ab, dass er durchkommt.

Spielt er auf dem rechten Flügel, wie möglicherweise an diesem Samstag (15.30 Uhr) als Ersatz des gesperrten Robben in Mainz, dann spielt er auf der Position, die seine Anlagen nicht unbedingt am besten betont - aber mit seinem Tempo und seinem Spielwitz durchbricht er dennoch das in diesem Herbst gelegentlich etwas einfallslose Ballgeschiebe seiner Mannschaft. Durch diese Vielseitigkeit darf sich Gnabry nun berechtigte Hoffnungen auf verstärkte Einsatzzeiten machen. Er habe ja "einiges" in der Aufstellung verändert, sagte Kovac am Freitag, diese Maßnahmen hätten nun "Früchte getragen". Der Trainer, der gerne vehement für die Rotation wirbt, soll intern bereits signalisiert haben, dass er erst einmal nicht mehr ganz so wild durchmischen will. Den zuletzt zweimal auf die Bank beorderten Müller tröstete Kovac damit, dass dies gerade ja nur "eine Momentaufnahme" sei. Eine Momentaufnahme also, in der Serge Gnabry Stammspieler beim FC Bayern ist.

Doch einem, der das Tempo so schätzt wie Serge Gnabry, dem reichen acht Tage gerade einmal, um langsam an Fahrt aufzunehmen.

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