Bundesliga: FC Bayern:Geht das schon wieder los!

Der FC Bayern tut sich schwer, den Sieg gegen Kaiserslautern als Beginn der Aufholjagd auf Tabellenführer Dortmund zu verkaufen. Über allem schwebt der wiederbelebte Konflikt zwischen Präsident und Trainer.

Carsten Eberts, Fröttmaning

Plötzlich jubelte das Volk, es schrie und ballte Fäuste, wie es die Allianz-Arena lange nicht mehr erlebt hatte. Die 86. Spielminute lief, der FC Bayern führte längst uneinholbar gegen Kaiserslautern - doch Borussia Dortmund, der Tabellenführer, hatte gegen Stuttgart soeben das 1:1 kassiert. Die Aufholjagd fängt also an, Dortmund bricht ein, so das hoffnungsvolle Echo, tausendfach vernehmbar. Meister wird nun, ganz vielleicht, doch der FC Bayern.

FC Bayern München - 1. FC Kaiserslautern

Mit 5:1 fegten Bastian Schweinsteiger, Arjen Robben, Mario Gomez (von links) und die übrigen Bayern Kaiserslautern vom Platz.

(Foto: dpa)

Am Ende siegten die Münchner locker 5:1, Dortmund verlor tatsächlich zwei Punkte, auch Konkurrent Mainz 05 erlebte eine Niederlage. Was diese Momentaufnahme jedoch für die weitere Saison bedeutet, darüber waren sich die Protagonisten uneins. Aufholjagd? Wichtiger Schritt zu Platz zwei? Ein bedeutungsloser Sieg gegen einen Aufsteiger?

Lahm: "Wir müssen über die Meisterschaft nicht reden"

"Ich habe die Meisterschaft nie aufgegeben", sagte etwa Kapitän Mark van Bommel. "Wir sollten nicht so euphorisch sein", mahnte hingegen Sportdirektor Christian Nerlinger. Auch Philipp Lahm sagte: "Wir haben immer noch 14 Punkte Rückstand. Da müssen wir über die Meisterschaft nicht reden." Mario Gomez, der dreifache Torschütze, reagierte auf die Frage aller Fragen regelrecht genervt: "Vielleicht warten wir einfach noch zehn Spieltage ab."

Das 5:1 des FC Bayern gegen den Aufsteiger aus Kaiserslautern war ein komisches Spiel, allein wegen der ersten Halbzeit. Der FCK agierte mit guter Organisation und Pressing, stellte die Schaltzentrale um van Bommel, Bastian Schweinsteiger und Luiz Gustavo eine Hälfte lang geschickt zu. Die Bayern wirkten ideenarm, mitunter auch fragwürdig positioniert. Denn dass Thomas Müller als Ribéry-Ersatz auf links verschenkt ist, sah jeder im Stadion.

Zum Spiel passte jedoch, dass ausgerechnet Müller in der 45. Minute einen ebenso ansatzlosen wie genialen 30-Meter-Diagonalpass auf den frischgenesenen Arjen Robben spielte. Lautern pennte erstmals, Robben überwand Torhüter Tobias Sippel locker zum 1:0.

Der Unterschied zum 1:1 in Wolfsburg (und vielen anderen Partien in dieser Saison) war, dass die Bayern nachlegten. Gleich nach der Pause hebelte wiederum Robben die Lauterer Abwehr aus, über Schweinsteiger gelangte der Ball zu Gomez; der traf nicht nur in dieser Situation (46.), sondern noch zwei weitere Male (80., 85.). Der Anschluss durch Moravek (62.) war damit wertlos, Lautern brach endgültig ein. Müller staubte in der Nachspielzeit zum 5:1 ab.

Ein zufriedener Trainer

Der Mann des Nachmittags war jedoch nicht Gomez, der dreifache Torschütze, sondern Arjen Robben, der Gesundete. Seine schnellen Beine hatten den Münchnern in der Hinrunde merklich gefehlt, der Niederländer fühlte sich deutlich wohler als noch vor einer Woche beim 1:1 in Wolfsburg.

"Arjen hat fantastisch gespielt", sagte Rummenigge: "Ich bin überzeugt, dass wir mit ihm in der Hinrunde mindestens zehn Punkte mehr geholt hätten." Robben gab sich deutlich bescheidener. Er fahre einfach mit "einem Supergefühl" nach Hause.

Zufrieden zeigte sich auch Louis van Gaal. "Wenn man in dieser Bundesliga 5:1 gewinnt, ist das fantastisch", sagte der Niederländer. Schnell lobte er noch Gegner Kaiserslautern für die gelungene erste Halbzeit, natürlich auch Robben, seinen Dribbler, sowie Gomez, den Vollstrecker. Doch es ist nicht die Art des Louis van Gaal, seinen Ärger runterzuschlucken. Das 5:1 hatte ihn gefreut, ein anderes Ereignis jedoch nachhaltig verärgert.

"Er ist der Präsident, eine Ikone"

Uli Hoeneß, der Präsident des Vereins, hatte der Süddeutschen Zeitung ein viel beachtetes Interview gegeben. "Der FC Bayern ist kein Ausbildungsverein. Er muss Erfolg haben", unterstrich Hoeneß eine frühere, gleichlautende Aussage von Manager Christian Nerlinger - mit Blick auf van Gaals jüngste Personalentscheidungen.

Was die Tabelle angeht, zeigte sich Hoeneß ausdrücklich "unruhig". Wann er eingreifen werde? "Wenn ich spüre, dass die Champions-League-Qualifikation in Gefahr ist. Das war ja auch bei Klinsmann so."

Rummenigge: "Ich sehe uns nicht auf der Krankenstation"

Besonders der Vergleich mit Klinsmann war für van Gaal ein Affront - er musste diesen mindestens als direkte Kritik an seiner Arbeit verstehen, wenn nicht als Ultimatum. Van Gaal reagierte verständnislos: "Wir haben vereinbart, alles intern zu besprechen. Er hat sich nicht daran gehalten." Die Frage, ob die Kritik gerechtfertigt sei, wischte van Gaal weg. "Er ist der Präsident, eine Ikone", sagte er. Das klang süffisant und konsterniert zugleich. Seine Gesichtszüge sagten: Geht das schon wieder los!

Die anderen Vereinsoberen zeigten sich bemüht, den Konflikt kleinzureden. "Ich sehe uns nicht auf der Krankenstation", sagte Vorstandsboss Rummenigge. Dem Rotweinfrieden von Cluj, als Rummenigge zum ersten Mal in dieser Saison zwischen van Gaal und Hoeneß vermitteln musste, solle kein zweiter Teil folgen.

Sportdirektor Nerlinger bekannte immerhin: "Wenn Uli Hoeneß seine Sorgen äußert, nehme ich das sehr ernst." Die Frage nach möglichen Konsequenzen klammerte jedoch auch er aus.

Man fragte sich natürlich, wie die Reaktionen ausgefallen wären, wäre der FCK nicht eingebrochen. Hätten die Bayern nicht vom Dortmunder Ausrutscher profitiert. Doch so legte das 5:1 für den Moment ein besänftigendes Licht auf den Konflikt. Wenig Prophetenhaftes braucht es, um zu erahnen, dass dieser beim nächsten Misserfolg nur noch stärker wieder aufbrechen wird. Etwa am Mittwoch, beim Pokalspiel bei Zweitligist Alemannia Aachen.

Uli Hoeneß blieb an diesem Abend stumm. Er hatte schließlich alles gesagt. Die fünf Treffer seiner Bayern hatte er auffallend heftig bejubelt, der rot-weiße Schal umwehte noch immer seinen Hals, als er die Arena verließ. Er lächelte zufrieden. Als hätte er seinen FC Bayern wieder einmal wach gerüttelt.

Und gezeigt, welcher Weg der richtige ist.

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