FC Bayern in der Einzelkritik:Boateng spielt den Pass des Abends

Eine Aktion des Verteidigers passt wie ein Schlüssel ins Schloss, Corentin Tolisso vereinsamt und Serge Gnabry kommt mächtig ins Schnaufen. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Von Martin Schneider

Manuel Neuer

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(Foto: dpa)

Wird morgen aller Vorrausicht nach von der Fifa als Welttorhüter geehrt und muss bei der virtuellen Gala nun mit 18 Gegentoren nach zwölf Spielen aufschlagen - wie so ein Torhüter des FC Augsburg. Fing sich gegen Wolfsburg den fünften Rückstand nacheinander ein, war dabei komplett schuldlos, erinnerte seine Abwehr beim Eckball dafür an ein paar Basistugenden des Sports ("Bewegung, Männer!") und fungierte als persönliches Navi für Niklas Süle ("Du musst da hinlaufen.") Wäre die Wahl nicht schon zu Ende, die Wahlberechtigten hätten sich nochmal angucken können, wie Neuer diesen Abschlag in der 80. Minute übers ganze Feld genau in den Fuß von Coman geschlagen hat - und wie er den freien Schuss von Bialek in der 86. Minute noch weggeboxt hat. Aber es gab ja in diesem Jahr genug Szenen dieser Güteklasse.

Niklas Süle

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(Foto: Pool via REUTERS)

Man tritt ihm nicht zu nahe, wenn man feststellt, dass er nicht das geborene Außenverteidigerwiesel ist. Wenn man bedenkt, dass auf der Position des Rechtsverteidigers beim FC Bayern lange Philipp Lahm spielte, dann ist die Skala was Größe und Gewicht angeht nun einmal komplett abgedeckt. Aber Flick wollte Benjamin Pavard offenbar eine Pause geben und in Anbetracht der Umstände erledigte Süle die ungewohnte Aufgabe nicht schlecht. Klar, er dribbelte nicht bis zur Grundlinie durch und flankte nach Übersteigern - aber nach vorne mit ein paar klaren Bällen und nach hinten mit ein paar körperbetonten Zweikämpfen, die Philipp Lahm so nicht hätte führen können.

Jérôme Boateng

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(Foto: dpa)

Was sind schon ein paar verunglückte lange Bälle, wenn einem der Pass des Abends gelingt? Sein Versuch in der 50. Minute passte wie ein Schlüssel ins Schloss und lief perfekt an allen Wolfsburgern vorbei in den Lauf von Robert Lewandowski, der das 2:1 machte. Würde er in einer Amateurmannschaft spielen, könnte er die ganze Saison von diesem Pass erzählen.

David Alaba

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(Foto: dpa)

Ist einer der wenigen Bayern-Spieler, die ihr Hinrundentief schon überwunden haben. Hatte ein paar Spiele einen richtigen Durchhänger (die mit seiner unklaren Vertragssituation korrelierten) - seit Kurzem aber wieder unangefochtener Abwehrchef. Zweitlautester Ansagengeber nach Thomas Müller, nach vorne mit schönen flachen, spieleröffnenden Pässen. Versuchte alles, um die ungewohnte Formation irgendwie in Ordnung zu halten.

Lucas Hernandez

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(Foto: Getty Images)

Bekam den Vorzug vor dem gegen Union ein wenig indisponierten Alphonso Davies - und ließ Hansi Flick ein wenig ratlos zurück. Oft hektisch in seinen Aktionen, ließ sich vom unruhigen Spiel eher anstecken, als manchmal das Tempo rauszunehmen. In den Zweikämpfen aber gewohnt resolut. (Archivbild)

Corentin Tolisso

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(Foto: AFP)

Nach der Verletzung von Leon Goretzka letzter verbliebener Sechser des FC Bayern und mit der Aufgabe einsamster Münchner des Abends. Hätte gern Hilfe bekommen, bekam sie aber selten und wirkte im großen Raum vor der Abwehr so verloren wie ein Spaziergänger in der Kaufingerstraße im Lockdown. Knickte zu allem Überfluss in der zweiten Halbzeit um und musste verletzt gegen Marc Roca ausgewechselt werden.

Kingsley Coman

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(Foto: dpa)

Aktuell eindeutig der formstärkste Bayernspieler. Gegen Leipzig und Union schon Mann des Spiels und nun erneut mit der Vorlage zum wichtigen 1:1 vor der Pause. Hat nun die letzten fünf Bayern-Tore vorbereitet, ist damit bester Vorlagengeber der Liga und irgendwie schafft es der Franzose, sich die Spritzigkeit auch in dieser Stakkato-Spiel-Saison zu erhalten.

Thomas Müller

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(Foto: Getty Images)

Es ist so überraschend wie ein bunter Baum an Heiligabend, wenn man schreibt, dass Thomas Müller seltsame Wege auf dem Feld geht. Aber, ganz ehrlich: die Wege in diesem Spiel waren noch seltsamer als üblich. Weil ein zweiter Sechser fehlte, war Müller Teil einer Doppelacht, die er aber so interpretierte, dass er immer sehr weit an der rechten Außenlinie klebte. Das ergab in der Situation oft Sinn und man hörte seine zahlreichen Anweisungen - aber oft fehlte er auch im Zentrum, wobei man als Beobachter irgendwann dachte, vielleicht folgt Müller einfach einem Plan, den man nicht so einfach verstehen kann.

Serge Gnabry

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(Foto: dpa)

Es gibt zwei Bayern-Spieler, die noch extremer von ihrer körperlichen Fitness abhängig sind als der Rest der Mannschaft: Goretzka, dessen Muskeln nach dem Union-Spiel streikten - und Gnabry. Von Flick in der ungewohnten 4-1-4-1-Formation als Achter aufgeboten, versuchte er alles, um Tolisso einerseits zu helfen und gleichzeitig Wucht nach vorne zu entfalten. Stieß dabei zunehmend größere Dampfwolken in den kalten Münchner Abend. Wirkt in den letzten Spielen wie ein Student, der seine Hausarbeit nachts unbedingt noch fertig schreiben will, dabei aber nicht merkt, dass er vor Müdigkeit in jeden Satz einen Tippfehler einbaut.

Leroy Sané

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(Foto: dpa)

Stand in den ersten Minuten im Zentrum der Aufmerksamkeit, was nicht unbedingt positiv war. Empfing in der dritten Minute einen schönen Gnabry-Pass, lief aber dran vorbei, als hätte er den Ball vergessen. Verschuldete dann das Tor, weil er zwar diszipliniert den Weg nach hinten machte, den Ball aber in den eigenen Sechzehner klärte, wie das ein gelernter Verteidiger niemals getan hätte. Zu seiner Verteidigung: Ist kein gelernter Verteidiger. Kam immer besser ins Spiel, je länger es dauerte. Ist mit einer Technik gesegnet, die auch die Wolfsburger Abwehrkanten hilflos dastehen lässt - macht aber gefühlt immer noch zu wenig draus.

Robert Lewandowski

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(Foto: Lukas Barth-Tuttas - Pool/Getty)

Da wird er am Donnerstag vermutlich zum besten Fußballer der Welt gekürt und was ist die Realität am Mittwoch? Erst foult ihn der Ex-60er Marin Pongračić im Mittelkreis rüde, dann entscheidet der Schiedsrichter-Assistent zu seinem Entsetzen nach einer Rangelei mit Maxence Laroix auf Stürmerfoul des Torschützenkönigs. Bekam definitiv keine Weltfußballerextras und beschwerte sich irgendwann bei Schiedsrichter Marco Fritz, weil er sich mehrfach zu hart angegangen fühlte. Muss sich gefühlt haben, als müsste man vor der Oscarverleihung nochmal auf der Baustelle malochen. Erinnerte sich dann daran, dass er gegen diese Wolfsburger mal fünf Buden in neun Minuten gemacht hat und traf erst nach einer perfekten Flanke von Coman und dann nach einem abwehraushebelnden Pass von Boateng nach kleinem Dribbling. Darf sich jetzt den Smoking für die virtuelle Zeremonie anziehen.

Einwechselspieler: Marc Roca, Jamal Musiala und Douglas Costa

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(Foto: dpa)

Marc Roca kam für Corentin Tolisso und die Chancen steigen, dass der Spanier bald seine Chance von Beginn anbekommen könnte. Jamal Musiala verschaffte Serge Gnabry die dringend benötigte Pause und Douglas Costa nahm in der 90. Minute Zeit von der Uhr.

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