Bundesliga:Die Trainerklubs führen gegen Bayern und Dortmund

FC Schalke 04 - 1899 Hoffenheim

Träumen erlaubt. Julian Nagelsmann (Archivbild).

(Foto: dpa)

Ganz vorne in der Tabelle stehen Vereine, die sich ihre Trainer mit Strategie und Ernst ausgesucht haben. Die knackigste Antwort darauf wäre: Thomas Tuchel.

Kommentar von Christof Kneer

Von Jupp Heynckes ist aus dieser Woche ein erstaunlicher Satz überliefert. Der FC Bayern, ließ Heynckes in einer Kolumne schreiben, besitze "nun die große Chance, über einen längeren Zeitraum einen Trainer zu haben, der eine Epoche prägen kann". Aus Sicht der Bayern wäre wichtig, diesen Satz auf gar keinen Fall Uli Hoeneß zu zeigen, denn Hoeneß könnte daraus folgern, dass Heynckes sich selbst gemeint hat. Hoeneß könnte als weltweit einziger Mensch auf die Idee kommen, dass Heynckes also wieder auf Bayerns Bank zurückkehren möchte; so wie Hoeneß im Frühjahr 2018 als weltweit einziger Mensch davon ausging, dass Heynckes weitermacht.

Sicherheitshalber hat Jupp Heynckes also auch noch den Namen des Kandidaten genannt, dem er die Epoche unterjubeln will: Hansi Flick sei "prädestiniert für die Aufgabe als Cheftrainer des FC Bayern und der ideale Mann für diese Position", ließ sich Heynckes zitieren, und: Flick sei "ein Juwel".

Für alle, die sich jetzt erst zugeschaltet haben: Ja, Flick war dieser Assistent, der die Nationalmannschaftsreporter manchmal zum Schwänzen der Pressekonferenzen animierte, wenn er als Gast angekündigt war. Alle wussten: Man würde aus der Veranstaltung ein nettes Gefühl mit nehmen, aber auch einen leeren Block. Flicks Vorsicht war eine Form der Loyalität gegenüber Jogi Löw, in München erlebt man Flick viel klarer und konkreter, so, wie er auch Fußball spielen lässt. Aber dass er deshalb gleich der neue Heynckes ist, wie ein paar Medien und nun sogar Heynckes selbst behaupten?

Bayern und Dortmunder haben ohne klare Idee rumimprovisiert

Der Hype um Hansi Flick gefällt am wenigsten Hansi Flick. Eine Niederlage in Gladbach, und Bayerns Rückstand würde sieben Punkte betragen: Das wäre ein ungewöhnlicher Beginn einer Epoche.

Flick ist gewiss ein tauglicher Coach, dennoch sieht Bayerns Trainerlösung gerade spektakulär interimistisch aus. Während in Gladbach und Leipzig Gelenkbusse voller spezialisierter Spezialtrainer auf Tour gehen, werden Bayerns Ersatzspieler vor der Einwechslung von Torwarttrainer Toni Tapalovic eingewiesen, die Rückennummern der Reservisten erfährt der Vierte Offizielle von Teammanagerin Kathleen Krüger. Ansonsten sitzt auf der Bank nur noch der immerhin zum Weltkulturerbe zählende Hermann Gerland.

Ja, der Blick auf die Tabelle ist nur eine Momentaufnahme, wie man in der Fachsprache so sagt, dennoch darf man der Momentaufnahme mal kurz dankbar sein. Sie zeigt einen Trend, den sie auch in München und Dortmund wahrnehmen. Vor den beiden sog. Branchenführern stehen Teams, die sich der Trainerfrage mit Strategie und dem gebotenen heiligen Ernst genähert haben. In Leipzig haben sie den Vereinsgründer Ralf Rangnick extra noch mal ein Jahr coachen lassen, um auf den begehrten Julian Nagelsmann zu warten. In Gladbach haben sie sich ohne öffentlichen Druck vom Pragmatiker Dieter Hecking getrennt, um sich Marco Rose zu sichern - einen Coach, der das moderne Spiel in allen Facetten drauf hat; ebenso wie David Wagner, für dessen Anwerbung die Schalker gerade mit Platz drei honoriert werden. Bayern und Dortmunder dagegen haben auf ihren Trainerbänken mit immer wechselnden Ideen herum improvisiert, von Ancelotti ging es zu Kovac, von Bosz zu Stöger zu Favre.

Kurz vor Halbzeit der Saison liegen die Trainerklubs gegen die Spieler- und Funktionärsklubs aus München und Dortmund in Führung, aber natürlich werden die das nicht auf sich sitzen lassen. Die knackigste Antwort auf Nagelsmann und Rose wäre Thomas Tuchel, der in Dortmund schon mal war und in München schon mal fast. Nach Dortmund wird er nicht mehr gehen, München wäre noch möglich - es sei denn, Uli Hoeneß zieht ihm doch wieder Jupp Heynckes vor.

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