Bundesliga: FC Bayern:Bitte nicht der FC Robben!

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Nicht alle Spieler des FC Bayern wollen nach dem 4:0-Sieg gegen Hoffenheim in die Heldenverehrung für Arjen Robben einstimmen. Sie deuten lieber an, dass es ernsthafte Gespräche mit Trainer Louis van Gaal gegeben habe.

Jürgen Schmieder, Fröttmaning

Natürlich hatte Thomas Müller mit dieser Frage gerechnet, weil diese Frage nach diesem Spiel nun einmal jedem Akteur gestellt wurde, der daran teilgenommen hatte. Dennoch verzog Müller das Gesicht und es hatte für den Bruchteil einer Sekunde den Anschein, als würde er wütend werden und etwas Gemeines sagen. Doch freilich hatte sich Müller schnell wieder im Griff, setzte einen gelangweilten Gesichtausdruck auf und gab wie all seine Kollegen vom FC Bayern eine Standardantwort.

Lieferte wenig Ansatz zur Kritik: Arjen Robben. (Foto: dpa)

Die Fragen nach dem überzeugenden 4:0 gegen hoffnungslos überforderte Hoffenheimer drehten sich um die Wichtigkeit von Arjen Robben für den FC Bayern - und alle Münchner Akteure antworteten mit monotoner Stimme, dass der Holländer ein kreativer Fußballer sei, der den Unterschied in einem Spiel machen könne und deshalb von immenser Bedeutung für die Mannschaft sei.

Natürlich war Robben der prägende Akteur dieser Partie. Er bereitete den Treffer von Mario Gomez vor, er spielte danach einige Pässe, bei denen die Zuschauer das Raunen unterbrechen mussten, um mit der Zunge zu schnalzen. Er schoss zwei Tore, bei denen die Besucher im Stadion lange diskutieren konnten, welches denn nun ansehnlicher gewesen sei: der Sololauf vor dem 3:0 oder doch der Schlenzer ins Kreuzeck ein paar Minuten später.

Das Publikum huldigte ihm - und es war bezeichnend, auf welche Art sich Robben bei Franck Ribéry für dessen Pass vor dem 4:0 bedankte. Es war kein Abklatschen, sondern vielmehr eine Geste, die ein Mensch verwendet, wenn er seinen Hund dafür loben möchte, dass er das Stöckchen gebracht hat. Und natürlich mussten nach dem Spiel auch die Mitspieler Loblieder anstimmen auf den Holländer.

Philipp Lahm war da der einzige, der nicht so recht einstimmen wollte in die Heldenverehrung Robbens. Aus seinem Umfeld war unter der Woche zu hören, dass der Kapitän nicht nur besorgt sei über das Auftreten der Mannschaft in den vergangenen Wochen, sondern stinksauer. "Es war wichtig, dass die Mannschaft 90 Minuten lang konzentriert gespielt hat", sagte Lahm nach dem Spiel. "Dass Spieler wie Robben und Ribéry nach vorne gut spielen können, das wissen wir - aber sie müssen auch nach hinten arbeiten. Das haben sie heute getan."

Es war ein Hinweis an Robben, auch defensiv tätig zu werden - es war aber auch ein Hinweis an Louis van Gaal, dafür zu sorgen, dass Spieler wie Robben und Ribéry defensiv tätig werden. Van Gaal gilt gemeinhin als Trainer, den für das Verteidigen so viel Interesse aufbringt wie Uli Hoeneß für die Teilnahme an der Europa League. Der seine Innenverteidiger nach der Genauigkeit ihrer Pässe beim Aufbauspiel bewertet und nicht nach ihrer Qualität beim Verteidigen. Dem die Schönheit der Spielzüge mitunter wichtiger erscheint als das Resultat am Ende des Spiels.

"Wir haben unter der Woche viele Gespräche geführt", sagte Lahm nach dem Spiel. Er wollte nicht verraten, wer da genau mit wem gesprochen hat und worum es ging - aber es tut sich der Verdacht auf, dass einige verantwortliche Spieler das Gespräch mit dem Trainer gesucht haben, um ihm mitzuteilen, dass es vielleicht ratsam wäre, nach einer 2:0-Führung den Ball nicht durch Pressing zu erobern, sondern durch geschicktes Staffelspiel. Dass der Gegner nicht immer mürbe gespielt werden müsse, sondern dass es auch in Ordnung sei, defensiv sicher zu stehen und dann schnell zu kontern.

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Jürgen Schmieder, Fröttmaning

Dem FC Bayern half natürlich, dass durch die Rückkehr von Ribéry und Robben viele Spieler wieder auf den Positionen agieren durften, die sie bevorzugen. Schweinsteiger durfte zurück ins defensive Mittelfeld, Thomas Müller in der Offensive herumwirbeln und das Duo Robben und Ribéry an den Seitenlinien herumtollen. Nur Anatolij Timoschtschuk musste auf einer ungeliebten Position spielen - doch hat er sich mittlerweile derart daran gewöhnt, dass er wie Holger Badstuber keine Probleme hatte mit den wenigen und meist schrecklich einfallslosen Angriffen der Hoffenheimer.

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Freilich liefen an diesem Nachmittag viele Dinge perfekt für den FC Bayern. Der Führungstreffer durch Gomez fiel nach 90 Sekunden, das zweite Tor nur 13 Minuten später. Schweinsteiger hätte kurz darauf das 3:0 erzielen können, doch konnte Hoffenheims Torhüter Tom Starke den Ball mit einem feinen Reflex abwehren. Danach umarmte er Schweinsteiger. "Ich habe mich bei ihm bedankt, dass ich auch mal einen Ball halten durfte", sagte Starke nach dem Spiel. Seine Kollegen wollten nach dieser Blamage gar nichts sagen und verschwanden wortlos im Mannschaftsbus.

Weil die Münchner im Gegensatz zum vergangenen Samstag auch nach der Pause keine Kurzkrise erlebten, durfte nach 60 Minuten die Show des Arjen Robben beginnen, die ein wenig an die Zeit des Basketballers Michael Jordan erinnerte, als das Motto der Chicago Bulls in vielen Situationen lautete: Gebt Jordan den Ball und geht aus dem Weg!

Wenn Robben den Ball bekam, ging ein Raunen durch die Arena, das den Holländer zu einem weiteren seiner Sololäufe anstachelte, bei denen er nur dann abspielte, wenn ihm keine andere Möglichkeit blieb. Das Problem dabei: Als sich seine Kollegen gerade beschweren wollten, er möge sie doch mal wieder in sein Spiel einbeziehen, da schoss Robben ein Tor. Und noch eins. Also durften sich die Mitspieler nach dem Spiel nicht über den Egoismus beschweren, sondern mussten die Kreativität des Holländers loben.

Es war ein gelungener Nachmittag für den FC Bayern und ein schöner Auftakt der schwierigen Wochen, die nun folgen. Die Münchner müssen in der Bundesliga antreten gegen Mainz 05 und Borussia Dortmund, im DFB-Pokal wartet Schalke 04 und in der Champions League kommt es nun zum Duell mit Inter Mailand. "Es hilft nichts, wenn wir heute gewinnen und die nächsten Spiele wieder verlieren", sagte Philipp Lahm.

Arjen Robben indes gab sich auffällig zurückhaltend. "Wir wollten zeigen, dass wir eine Super-Mannschaft sind", sagte der Holländer. Er musste sich nicht selbst loben - das übernahmen ja die Kollegen.

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