Süddeutsche Zeitung

Bundesliga:Schuster statt Weinzierl beim FC Augsburg?

Auch wenn es beim FC Augsburg keiner zugeben mag: Der Klub plant für die Zeit nach dem Abschied von Trainer Markus Weinzierl.

Von Sebastian Fischer

Der Bierkönig in der berüchtigt grausamen Schinkenstraße auf Mallorca ist ein Ort, an dem gute Manieren überflüssig sind. "365 Tage im Jahr Bier", dafür wirbt die Trinkhalle auf der eigenen Website, für die Musik sorgen die DJs Düse, Mambo und Biene, die Partykeule. Das hat nun nichts mit Fußball zu tun. Aber es könnte ein Indiz dafür sein, wie beim FC Augsburg die Zukunft aussieht.

Am Montag haben sich ein paar Augsburger Fußballer im Bierkönig fotografieren lassen. Der FCA hat die Reise nach dem 1:1 beim FC Schalke am vergangenen Samstag öffentlich gemacht, es ist ja nicht verpönt, dass Fußballer nach Erreichend der Saisonziele nach "Malle" fliegen. Aber ob etwa Pep Guardiola solche Fotos gut fände, ein paar Tage vor einem Spiel gegen Hamburg? Was wohl der Asket Thomas Tuchel sagen würde?

Der Hinweis auf die Zukunft des FC Augsburg verbirgt sich in einer weiteren Meldung vom Montag, im Kölner Express: "Wilde Party: Lilien-Trainer Dirk Schuster feiert bald im Pascha" - einem Bordell in der berüchtigt grausamen Kölner Hornstraße, wo gute Manieren überflüssig sind. Schuster hat den Besuch gewonnen, weil jemand gegen den Klassenerhalt des SV Darmstadt 98 gewettet hatte.

Schuster, der Darmstädter Trainer, und der FC Augsburg - das könnte also passen.

Ablösepoker mit Schalke?

Seit der FCA mit Glück und defensivem Geschick einen Punkt in Gelsenkirchen gewonnen und die Konkurrenz gepatzt hat, steht der Klassenerhalt auch rechnerisch fest, und seitdem geht es in Augsburg ausschließlich nur noch um das Störfeuer der Vorwochen: die Trainerfrage. Zwar beantwortet Manager Stefan Reuter in diesen Tagen Anrufe freundlich aber bestimmt mit dem Hinweis, es gebe keinen neuen Stand, was die Zukunft von Markus Weinzierl betrifft: Dreijahresvertrag, bleibt zu hundert Prozent. Doch es ist davon auszugehen, dass diese Aussagen nur dem Ablösepoker mit dem FC Schalke dienen, Weinzierls mutmaßlich nächstem Arbeitgeber. Von einer Forderung der Augsburger in Höhe von fünf Millionen Euro ist zu lesen.

Die Schalker waren vor einem Jahr schon an Weinzierl interessiert, damals verhinderten eine letzte Unterredung in Augsburg und das zu hektisch überbrachte Angebot der Schalker eine Übereinkunft. Doch diesmal verhandelt auf Seiten der Schalker der ausgesprochene Weinzierl-Fan Christian Heidel, diesmal ist mehr Zeit für den gegenseitigen Interessenaustausch, und darum wird es diesmal wohl zu einer Einigung kommen, voraussichtlich bald, wenn Heidel die Dinge auch mit Schalkes aktuellem Trainer André Breitenreiter geklärt hat. Nach dem jüngsten Bekenntnis von Borussia Mönchengladbach zu Trainer André Schubert ist der Deal noch einmal wahrscheinlicher geworden.

Weinzierl hat sich am Wochenende in der Schalker Arena interessiert umgesehen und hat bei Daniel Baiers Ausgleichstor in der 89. Minute aus der Nähe die Fehler begutachten können, die der neue Schalker Trainer beheben soll: Einem talentierten Team den Hurra-Stil auszutreiben und Balance zu verpassen; ihr Variantenreichtum beizubringen. Nicht zu viel zu versprechen, aber das Potenzial auszuschöpfen.

In Augsburg hat Weinzierl, 41, all diese Facetten gezeigt, er hat den FCA in den Europapokal geführt und danach trotzdem mit einem an Bodenständigkeit kaum zu überbietendem Fußball die Klasse gehalten. "Wir wollten eigentlich offensiv agieren, mussten dann aber doch defensiver spielen", sagte Weinzierl am Samstag, es klang wie ein Fazit der ganzen Saison.

Manager Reuter, 49, hat in Augsburg 2012 gemeinsam mit Weinzierl seine Arbeit begonnen, er würde sich sicher wünschen, dass seine öffentlichen Aussagen der Wahrheit entsprechen, und er seine Arbeit auch gemeinsam mit Weinzierl fortsetzen könnte. Andererseits wäre er auch ein reichlich naiver Manager, würde er nicht erkennen, dass Weinzierls Werk in Augsburg vollendet ist. Reuter wäre naiv, würde er sich nicht längst über Alternativen Gedanken machen. Der neue Ingolstädter Trainer Markus Kauczinski war auch in Augsburg Thema, er soll zu ersten Gesprächen bereits in Augsburg gewesen sein.

In Darmstadt steht ein Umbruch an

"Im Fußballgeschäft kannst du eine Trainertätigkeit schlecht planen. Es kann in beide Richtungen schnell gehen", das ist ein programmatischer Satz. Dirk Schuster, 48, hat ihn am Sonntag gesagt.

Beim Darmstädter Trainer ist die Sachlage im Grunde ähnlich wie bei Ralph Hasenhüttl in Ingolstadt und Weinzierl in Augsburg: Es ist kaum vorstellbar, wie er in Darmstadt weitermachen könnte, ohne dabei seine eigenen Erfolge zu torpedieren. Schuster hat die Mannschaft aus der dritten Liga in die Bundesliga geführt. Nun ist vom Wechselwillen vieler Spieler zu lesen, in Darmstadt steht wohl ein Umbruch an.

Beim FCA, der nach Informationen des Kicker interessiert ist, könnte Schuster dagegen ohne großen Druck und mit einer soliden Mannschaft seine Karriere vorantreiben. Und Begleiter zum Feiern in berüchtigten Gassen würde er auch antreffen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2988247
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 11.05.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.