Bundesliga:Er holte Meisterschaft - und Pokal aaaauuuuuch

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Vor knapp einem Jahr wurde Dante aus München verabschiedet. Es gab Blumen - und ausnahmsweise kein nettes Grinsen. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Mit Dantes Abschied Richtung Nizza verliert die Bundesliga ihren bestgelaunten Profi und coolsten Typen. Zu seinem Erbe zählen Haare, Gesang und Titel - nur mit Guardiola klappte es nicht.

Von Jonas Beckenkamp

Jetzt, wo auch der große Dante Bonfim Costa Santos Deutschland verlässt, fallen einem wieder all die zitternden Zuckerhutmenschen ein. Die Carlos Albertos, die Mazinhos und Bernados - und natürlich Lucio. Brasilianer durchleben im arktischen Mitteleuropa Todesqualen, fand der frühere Leverkusener und Münchner. "Wie Häftlinge der tiefen Temperaturen" sei man dem Klima ausgeliefert. Gezeichnet vom Leben im ewigen Packeis formulierte Lucio in letzter Konsequenz: "Wir sind Sklaven der Kälte".

Es muss die verdammte Oberhärte sein, im Winter bei Minus drei Grad pünktlich auf dem Trainingsplatz zu erscheinen. Aber für Dante war es das nie. Dante hat sich nie beschwert. Er hatte seine Haare, sie dienten ihm von oben herab als warmer Mantel. Die Bundesliga sollte ihrem "Dantsch" allein schon wegen dieser Frisur dankbar sein, dieses Wollknäuelhafte, dieser wunderbare Wuschelkopf - wo gibt es sowas heute noch in Zeiten des Haargels, der Undercuts und der Hahnenkämme?

Nach sieben Jahren in Alemanha sagt Dante nun "Adeus", er verlässt die Arbeiterstadt Wolfsburg, für die er ohnehin zu fröhlich, zu weltmännisch war. Und seien wir ehrlich: Ein bissl traurig ist's schon, dass er geht. Dante war eine Schau, ein cooler Typ, ein Fußballer mit Haar und Herz. Er war, das galt besonders seit dem Karriereende von Gerald Asamoah im Jahr 2013, der bestgelaunte Mensch der Bundesliga. Wer das nicht glaubt, hat noch nie DAS emblematische Dante-Video im Internet gesehen, in dem er singt: "Wir holen Meisterschaft - und Pokal aaaauuuuuch."

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Mit 32 Jahren zieht es diesen unverwüstlichen Verteidiger noch einmal nach Frankreich. Dort begann 2004 sein Abenteuer durch Europa, als er in Lille nordfranzösische Luft von der Bank aus schnuppern durfte (nur zwölf Einsätze im zwei Jahren). Sein nächster und vielleicht letzter Stopp ist nun der OGC Nizza, wo sein alter Förderer Lucien Favre den Dante aus gemeinsamen Gladbacher Tagen wieder beleben will. Ein 5-3-2-System soll beim Tabellenvierten der Vorsaison Stabilität schaffen - und Dante ist fürs Aufräumen eingeplant, so wie damals in Mönchengladbach.

Erste Gerüchte über einen Rückzug zum Ziehvater Favre gab es schon vor einem Monat, danach spielten die Nachrichtenagenturen die ganze Klaviatur des modernen Transferzirkus rauf und runter: "Dante vor Wechsel", "Dante-Wechsel geplatzt", "Dante will doch nach Nizza", "Dante beim Medizincheck". Und jetzt eben: "Dante-Transfer perfekt, über die Transfermodalitäten wurde Stillschweigen vereinbart" (wobei der Kicker über eine Ablösesumme von 2,5 Millionen Euro berichtet).

Und wie das im Geschäft so ist, bespielte die Medienabteilung des OGC Nizza sogleich ihre Homepage mit einem Willkommensvideo. Zu sehen ist Dantes Ankunft an der Côte d'Azur, ein erstes Frühstück mit Rührei, sowie diese vielsagende Erzählung des Brasilianers: "Mein Sohn fragte mich: 'Papa, ist das Stadion in Nizza so wie das in Wolfsburg?' - Ich sagte: 'Nein, es ist viel besser. Es ist in etwa so wie das in München.' - 'Oh, dann muss es aber sehr groß sein.'"

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"Dantsch" und die Bayern, das war unter Jupp Heynckes eine durchaus erfolgreiche Beziehung: In seinem ersten Jahr beim Rekordmeister überraschte der vermeintliche Ergänzungseinkauf viele. Dante spielte fast immer, er schoss sogar Tore und gewann schließlich als Teil des Stammpersonals das Triple. Wer ihm nach Spielen beim Gespräch in der Mixed-Zone begegnete, merkte schnell: Dieser Kerl ist eine Persönlichkeit. Selten fungierte ein Ausländer im Bayern-Kosmos so sehr als Integrator wie dieser sonnige Kosmopolit.

Dantes Stellenwert manifestierte sich vor allem im Zwischenmenschlichen. Er sprach mit den Südamerikanern Spanisch und Portugiesisch, mit den Lahms und Schweinis Bayerisch und mit Franck Ribéry Nordfranzösisch. Und wenn ein Reporter ihn was auf Sizilianisch fragte, klappte auch das.

Mit seinem fußballerischen Können qualifizierte er sich sogar für die brasilianische Nationalelf, mit der er 2014 als Aushilfskraft hinter Thiago Silva und David Luiz an der Heim-WM teilnehmen sollte - und dort vollzog sich "Dantes Inferno". Dank Thiago Silvas Gelbsperre purzelte Dante im Halbfinale gegen Deutschland in eine völlig dysfunktionale Seleção. Ein Team ohne Seele, ohne Idee, ohne Absicherung. Und es ist wohl nicht übertrieben, zu behaupten, dass Dante beim 1:7 als Fußballer ein wenig gebrochen wurde - obwohl er wenig dafür konnte.

Die "92 schlimmsten Minuten" seines Lebens habe er erlebt, sagte er später - Albträume, Versagensängte und Aufhörgedanken inklusive. Danach war alles anders. Dantes Strahlen verblasste. Er klagte: "Zwei Jahre lang war ich derjenige, der in der Innenverteidigung des FC Bayern den Ton angegeben hat. Aber nach der WM haben einige angefangen, mir den Rücken zuzudrehen und nicht mehr so mit mir zu sprechen wie davor." Zu diesen "einigen" zählte auch Pep Guardiola, denn für dessen Einschnürfußball fehlte dem Mann aus Salvador de Bahia schlicht die Beweglichkeit im Rückwärtsgang.

Wenn es schnell gehen musste, wenn der Gegner die Abwehrleute früh anlief, schlingerte Dante teilweise herum wie ein Faultier im Amazonas. Beim Schöne-Worte-Prediger Guardiola klang es zwar so: "Er ist ein fantastischer Spieler, und ich hätte am liebsten 1000 Dantes im Team." Aber wenn Guardiola so über einen Spieler spricht, ist es meist schon zu spät. Nach vielen Minuten auf der Auswechselbank probierte es der Linksfuß schließlich mit einem Wechsel zum VfL Wolfsburg.

Dort absolvierte er in der vergangenen Saison immerhin 24 Ligaspiele, in denen ihm ein Treffer gelang, dazu durfte er neun Mal in der Champions League ran. Aber was ist schon Wolfsburg für einen Mann, der in der Welt zuhause ist?

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