Bundesliga: Elf des Spieltags:Udo, Magier, Fanversteher

Der FC Bayern gewinnt doch noch einen Titel, St. Pauli versöhnt die Fußball-Romantiker, und ein Sessel-Abschied übertüncht all die vielen Wechsel innerhalb der Liga.

des Spieltags

11 Bilder

Eintracht Frankfurt - 1. FC Köln

Quelle: dpa

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Das mit dem Image ist so eine Sache: Wirkt es sich positiv aus, dann wird der Klischéebehaftete alles tun, um dieses Bild von sich zu pflegen. Es ja schön, ein sogenannter "Feuerwehrmann" zu sein, weil man sich dann gewiss sein kann, vom vierten Spieltag an als Kandidat auf einen Trainerposten zu gelten. Nun hat Christoph Daum jahrelang in seinem Image als Motivator mit ungewöhnlichen Methoden gebadet - nein, er hat sich darin gesuhlt. Weil in Frankfurt weder Motivation noch Methoden fruchten, beschwert sich Daum über das Bild von sich. Er sei "Fußballlehrer, kein Zauberer", verkündete er nach der 0:2-Niederlage gegen Köln. Zu dumm, dass Frankfurt gerade ganz dringend einen Magier benötigt - und dass der FC Bayern gerade einen Fußballlehrer verpflichtet hat.

Texte: Johannes Aumüller und Jürgen Schmieder

Eintracht Frankfurt - 1. FC Köln

Quelle: dpa

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Während Möchtegerne-Nichtzauberer Daum also über Denkgefängnisse, Audio-Suggestion, den Adler im Herzen und neurolinguistische Programme fabuliert, weiß Peter Fischer genau, was die Fans hören wollen. Als nach der Niederlage gegen Köln die Fans anfingen, den Rasen zu stürmen und zu randalieren, ging der Präsident von Eintracht Frankfurt zum Fanblock, um die Lage zu beruhigen. Fischer sagte: "Leute, Leute, Leute. Wir haben einen Deal gehabt. Bleibt ruhig! Hier gibt es nicht mehr viel zu retten. Wir machen alle weiter. Dann gewinnen wir eben gegen den scheiß BVB!" Die Reaktion der Anhänger: "Außer Fischer könnt ihr alle geh'n!"

Eintracht Frankfurt v 1. FC Koeln - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

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Es gibt ja Menschen, die an für sich zwar ganz witzig sind, sich aber mit zunehmendem Misserfolg immer verbiesterter präsentieren. Bei Frankfurts Vorstandsboss Heribert Bruchhagen ist das offenbar andersrum. Denn während der immer ein bisschen bieder wirkende Bruchhagen in guten Frankfurter Tagen stets ernst und würdevoll dreinblickte und daherredete, zeigte er sich am Tag nach der 0:2-Pleite erstaunlich schlagfertig. Das musste der Journalist Jörg Wontorra erfahren, als er von Bruchhagen wissen wollte, was er denn zum Wechsel des Spielers Timo Ochs von Frankfurt zum Mitabstiegskandidat Wolfsburg sage - und Bruchhagen antwortet, dieser Timo Ochs sei doch ein Torwart, der Gott weiß wo spiele. Gemeint war in der Tat Frankfurts Patrick Ochs; als Replik bezeichnete Bruchhagen den Fragesteller später als "Herr Töpperwien". Wenn doch nur die Frankfurter Spieler in ihrer angespannten Lage auch so kreativ wären.

Bayern Munich's Gomez celebrates after scoring during German Bundesliga first division soccer match against FC St. Pauli in Hamburg

Quelle: REUTERS

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Es ist natürlich völlig falsch, dass die laufende Spielzeit für den FC Bayern titellos endet. Denn weil es Klubpatriarch Uli Hoeneß im vergangenen Sommer seinem damaligen Trainer Louis van Gaal untersagte, diesen Mario Gomez an den FC Liverpool zu verkaufen, stehen die Münchner doch noch an der Spitze eines Rankings. Dieser Mario Gomez ist nämlich in einer unglaublichen Form und hat mit seinen drei Treffern gegen St. Pauli und nun insgesamt 27 Saisontoren die Torschützenkanone sicher - sofern Freiburgs Cissé gegen Leverkusen nicht mindestens fünf Tore schießt, was in etwa so wahrscheinlich ist wie eine baldige Rückkehr von van Gaal zum FC Bayern.  

FC St. Pauli - FC Bayern Muenchen

Quelle: dapd

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Miroslav Klose war einmal ein Garant für eine zweistellige Zahl an Bundesliga-Saisontoren. Doch wenn er am letzten Spieltag der Saison gegen Stuttgart nicht trifft, steht für seine vergangenen beiden Jahren eine wahrlich grausame Tor-Quote zu Buche. Vier Tore in zwei Spielzeiten - in seinen besseren Tagen schoss er des Öfteren drei Treffer binnen 90 Minuten. Nicht einmal beim 8:1 gegen St. Pauli, als Klose immerhin 21 Minuten mitwirkte und der Stürmerkollege Mario Gomez auch noch so galant war, den Mitspielern Bälle aufzulegen, gelang Klose ein Tor.  

Borussia Moenchengladbach - SC Freiburg

Quelle: dapd

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Für all die vielen Fußball-Anhänger, die sich nicht mehr so genau ans Sommermärchen 2006 erinnern können: Ja, Mike Hanke war tatsächlich einmal Nationalspieler. Das konnte man in den Nach-Sommermärchen-Jahren leicht vergessen, weil er in seiner Zeit in Wolfsburg, Hannover und Mönchengladbach zwar manches tat, manchmal etwas Gutes, des Öfteren aber etwas weniger Gutes und im Prinzip nie etwas Nationalspielerwürdiges. Doch in seinem 13. Spiel für die abstiegsbedrohten Borussen machte er das, weshalb er einstmals auch beim Sommermärchen dabei war: Er schoss tatsächlich ein Tor - und bereitete dann auch noch den 2:0-Siegtreffer vor. Wenn schon der Hanke wieder trifft, vielleicht besteht bei Miroslav Klose ja doch noch Hoffnung?

Felix Magath

Quelle: dpa

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Felix Magath ist wirklich zu vielem fähig, und wer das in den vergangenen 37 Jahren seines fußballerischen Schaffens noch nicht bemerkt haben sollte, bekam an diesem Wochenende einen neuerlichen Beweis dafür. Denn der Trainer des VfL Wolfsburg brachte es bei der 1:2-Niederlage gegen Kaiserslautern tatsächlich fertig, sich über ein Gegentor zu freuen. Genauer gesagt über ein Gegentor von Srdjan Lakic, obwohl a) dieses Tor die Wolfsburger Aussichten auf den Klassenerhalt schmälerte und b) dieses Tor ausgerechnet jemand schoss, der zur kommenden Saison von Kaiserslautern nach Wolfsburg wechselt. Doch Felix Magath ärgerte sich nicht über seinen kommenden Angreifer, sondern meinte vielmehr: "Ich hatte Angst, dass Lakic frei vor dem Tor vergibt. Was hätte das für Vorwürfe gegeben! Dann hätten wir ihn bestochen oder sonst etwas."  

FC St. Pauli v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

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Der einzige in der Branche, der zu noch viel mehr fähig ist als Felix Magath, ist wahrscheinlich der FC St. Pauli. Da verliert die eigene Mannschaft 1:8 gegen den FC Bayern, da steht also fest, dass die eigene Mannschaft nach einem eigentlich ganz ordentlichen Jahr in die zweite Bundesliga absteigen muss - und was machen die Fans? Sie zürnen nicht, sie pfeifen nicht, sie rennen schon gar nicht auf den Rasen, um den Spielern hinterher zu jagen oder Fernsehkameras zu zerstören, nein sie lassen ihren Trainer Holger Stanislawski hochleben, der nach einer halben Ewigkeit als Paulianer im Sommer zur TSG Hoffenheim wechselt. Und solch ein Verhalten rührt nicht nur Stanislawski, sondern auch die letzten verbliebenen Romantiker im Fußball-Geschäft. Mit besten Grüßen nach Frankfurt.

BUNDESLIGA  BVB DORTMUND VS SCHALKE 04

Quelle: AP

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Apropos Abschied: Mit den Abschieden dieser Tage ließen sich allein zwei, drei Elfen des Spieltages füllen, von Stanislawski bis Neuer, von Mintal bis Heynckes. Doch einer der wichtigsten Abschiede der Branche vollzieht sich in einer gemütlichen Fernsehrunde, die allsonntäglich die Lage der Fußballwelt debattiert. Der vielfache Meistertrainer Udo Lattek beendet nach mehr als 15 Jahren und 700 Sendungen seine Arbeit als Experte des Sport1-Fußballtalks "Doppelpass". Mögliche Erben gibt es einige, Lattek selbst schlug via Bild am Sonntag Paul Breitner vor.

Borussia Moenchengladbach's Dante reacts during the German Bundesliga soccer match against Freiburg in Moenchengladbach

Quelle: REUTERS

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Am Ende der Saison könnte Dante noch heilfroh sein, dass der Ball nur an den Pfosten klatschte. Der Brasilianer hatte das Spielgerät nach vorne geprügelt, der Freiburger Torhüter Oliver Baumann verschätzte sich - und so wurde aus einem missglückten Pass ein höchst gefährlicher Schuss. Zunächst ärgerte er sich darüber, doch letztlich sollte er sich freuen. Denn in dieser Saison gilt mit Blick auf missglückte Befreiunggschläge, die den Torhüter überraschen, eine eindeutige Regel: Solche Tore bringen nichts. Man muss nur mal den Frankfurter Georgios Tsavellas fragen, dem bekanntlich gegen Schalke ein 73-Meter-Treffer gelang - und der das Spiel mit seiner Mannschaft trotzdem verlor und nun vor dem Abstieg steht. Nach Dantes Fehlschuss hingegn gewann die Borussia dennoch - und wer nach Gründen dafür sucht, dass Gladbach nun vor Frankfurt steht, der wird irgendwann nicht umhinkommen, sich mit der Fernschuss-These zu beschäftigen.

Bayer Leverkusen v Hamburger SV - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

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Vielleicht hat sich auch Hamburgs Jonathan Pitroipa auch zu lange mit solchen und ähnlichen Thesen beschäftigt. Und als er dann im Spiel seines Hamburger SV gegen Bayer Leverkusen vor dem leeren Tor stand, da mag ihm durch den Kopf gegangen sein, dass in den Achtzigern mal Frank Mill vor dem leeren Tor stehend danebenschoss und dass in diesem Jahr Jakob Blaszykowski mal vor dem leeren Tor stehend danebenschoss, und dann mag ihm durch den Kopf gegangen sein, dass Mill damals ja Dortmunder war und Blaszykowski auch und dass Dortmund jetzt ja Deutscher Meister ist und dass es vielleicht fürs Saisonergebnis gar nicht so schlecht ist, so einen Ball auch mal daneben zu schießen ... Vielleicht ist ihm auch gar nichts durch den Kopf gegangen. Getroffen hat er jedenfalls nicht, und Pitroipa kann froh sein, dass es für den HSV in dieser Saison um nichts mehr geht.  

© sueddeutsche.de/aum/jüsc
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