Bundesliga: Elf des Spieltags:Ritter von der tapferen Gestalt

Don Quijote in Berlin, ein edler Ehrenmann in Hannover und ein schmieriger Söldner in Stuttgart - der Spieltag brachte eine Reihe säbelschwingender Recken hervor. Die sueddeutsche.de-Elf-des-Tages.

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Wer anders als der bayerisch-französische Derrwisch Franck Ribéry käme als D'Artagnan dieses Spieltags in Frage? Allen Van Gaalschen Widerständen und Zehenwehwehchen zum Trotz, scheint der Flitzer mit dem gelben Schuhen endlich wieder wahre Musketierkräfte zu entwickeln. Gegen den HSV hielt er diese zwar eine Halbzeit lang geschickt versteckt, doch dann explodierte er wie ein heißsporniger Säbelheld und erledigte die Hanseaten mit einem wuchtigen und ebenso präzisen Stoß in die Torwartecke zum 1:0-Siegtreffer. Es war sein ganz persönliches "En Garde" auf dem Platz, mit dem er den Münchner Großangriff auf die Tafelrunde der Bundesliga einleitete. Hätte der echte D'Artagnan auch so schicke gelbe Latschen getragen, wäre er zu Hofe ganz bestimmt auch der "dernier cri" gewesen.

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Die Kölner sind derzeit nicht zu beneiden, denn sie haben zwei Probleme - und keinen Karneval mehr, der sie davon ablenken könnte. Da ist zum einen der löchrige U-Bahn-Tunnel direkt unterhalb der Altstadt, in den nun Wasser eingeleitet werden sollte, damit nach dem Stadtarchiv nicht noch weitere Gebäude im Erdboden verschwinden. "Fluten bedeutet Sicherheit", haben sie den Anwohnern eingebläut, was richtig sein mag, aber eben sehr nach dieser speziellen Logik klingt, die sie in Köln pflegen.

Das zweite Problem ist von noch existentiellerer Bedeutung, es trägt den Namen Lukas Podolski und ist seit 1393 Spielminuten ohne Torerfolg, was die Kölner auch deshalb zur Verweiflung bringt, weil der Mann stolze zehn Millionen Euro gekostet hat - wohl nur unwesentlich mehr, als beim Bau der Kölner U-Bahn veruntreut wurde. Im Rhein-Derby gegen Leverkusen verlegte sich Podolski nun ganz auf die Defensive, er gab einen passablen linken Außenverteidiger und trug somit seinen Teil dazu bei, das sein Team beim Tabellenführer ein 0:0 erreichte. Der Stürmer freute sich, kam aber dennoch nicht umhin, auf seine Durststrecke angesprochen zu werden. Podolski reagierte tapfer: "Irgendwann geht der Ball auch wieder rein." Für die Fertigstellung der U-Bahn gilt angeblich ein ähnliches Zeitfenster.

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Dem Stuttgarter Mittelfeldstrategen Aliaksandr Hleb gebührt an diesem Bundesliga-Wochenende der wenig schmeichelhafte Adelstitel des schmierigen Söldners. Seinen zweiten Aufenthalt im Schwabenland (er spielte bereits bis 2005 beim VfB) hatte sich der Leihritter vom FC Barcelona sicherlich anders vorgestellt. Seine Auswechselbilanz seit Christian Gross' Amtsantritt in Stuttgart liest sich wie das Zeugnis eines Schülers, der die Versetzung verfehlt. In jedem seiner neun Einsätze unter der Regie des Schweizer Trainers musste der Weißrusse vorzeitig das Feld räumen - für einen verwöhnten Feudalisten wie Hleb sprengt das eindeutig den Rahmen des Ertragbaren: "Keine Ahnung, was er von mir sehen will. Er ist nicht zufrieden. Die Wahrscheinlichkeit, in Stuttgart zu bleiben, ist gleich Null," sagte Hleb jetzt. Das klingt nach verletztem Stolz eines gut bezahlten Tagelöhners, der um seinen Ruf bangt.

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Den Ritter aus Leidenschaft zeichnet seine hingebungsvolle Aufopferung für die gute Sache und die ebenso gute Frau aus. An beidem ist beim streng gläubigen Christen Cacau nicht zu zweifeln, denn wer vom lieben Gott einen Ritterschlag haben möchte, der sollte sich am Stuttgarter Deutsch-Brasilianer ein Beispiel nehmen. Cacaus Schaffenskrise in der Hinrunde mit nur drei mageren Torerfolgen schien schon existentielle Formen anzunehmen, da besann sich der Nationalspieler mit zuletzt sieben Toren in einer Woche (Vier gegen Köln, eins gegen Barcelona, zwei gegen Frankfurt) wieder auf seine ritterlichen Qualitäten. "Ich bin sehr glücklich und freue mich, dass ich mit meinen Toren der Mannschaft geholfen habe", sagte Cacau nach dem 2:1-Erfolg gegen Eintracht Frankfurt kreuz(ritter)brav - dieser Satz hätte auch von Heath Ledger oder Richard Gere stammen können.

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Das Gegenteil des Ritters aus Leidenschaft dürfte zweifelsohne der leidenschaftslose Edelmann sein. Verkörpert wird diese Rolle an diesem Spieltag von Hannovers Stürmer Jan Schlaudraff. Sein Trainer Mirko Slomka hatte den ehemaligen Nationalspieler (sic!) kurzfristig vom niedersächsischen Nachbarschaftsbankett gegen Wolfsburg ausgeschlossen. Begründung: "Er hat leidenschaftslos trainiert. Das können wir im Abstiegskampf nicht gebrauchen." Und so blieb dem Trainingsschlaffi Schlaudraff im Derby nur der Part des teilnahmslosen Tribünengastes.

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Noch so ein lascher Trainingsteilnehmer: Freiburgs Stürmer Mohamadou Idrissou hatte nach Kicker-Informationen vor der Partie am vergangenen Spieltag gegen Hertha BSC (0:3) die ganze Woche über lustlos geübt und war dann zum Treffpunkt vor dem Spiel in der Kabine erschienen, um seinen tapferen Kampfesgenossen zu sagen: "Ich habe eh keine Lust mehr, mit euch zu spielen. Ich spiele nächstes Jahr Champions League." Doch statt Barcelona gab's für den Kameruner dafür erstmal die Bank. Nun ist zwar nicht zu 100% auszuschließen, dass bei Manchester United schon ein Paket Rooney+X für Idrissou geschnürt wird, doch bei nüchterner Betrachtung ist das eher unwahrscheinlich. Idrissou stürmte gegen Gladbach wieder, nachdem er sich unter der Woche entschuldigt hatte - das macht ihn zum reuigen Ritter.

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Wo tapfere Rittersmänner sind, da muss es auch einen unedlen Rächer geben. Diese Rolle übernimmt an diesem Spieltag der Mainzer Florian Heller (re.), der mit seiner roten Karte wegen eines angedeuteten Tritts gegen Bremens Aaron Hunt bereits nach 14 Minuten einen ziemlich unehrenhaften Abgang hatte. Heller erwies seiner Mannschaft damit einen gehörigen Bärendienst, was sein Mainzer Mitstreiter Miroslav Karhan (Mitte) auch deutlich zur Sprache brachte: "Die rote Karte hat das Spiel zerstört," sagte der slowakische Edelmann in Richtung seines kampfeslustigen Kollegen. Dass Heller sich keines Kavaliersdeliktes schuldig gemacht hatte, zeigten die TV-Bilder: Ein angetäuschter Hieb mit dem Fuß gegen den am Boden liegenden Hunt - so kämpft nur ein Lump.

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Arne Friedrich ist der Don Quijote Berlins. Einige halten ihn für verrückt, weil er seinem Verein Hertha BSC seit acht Jahren die Treue hält - acht Jahre, in denen Ex-Manager Dieter Hoeneß die Champions League als Ziel aufgerufen hatte, ein Paradiesvogel namens Marcelinho quietschbunte Frisuren über das Feld spazieren trug und der Schweizer Trainer Lucien Favre den gesamten Klub umkrempeln wollte. Was Friedrich jetzt erlebt, ist ein Kampf gegen Windmühlen: Was die Hertha auch macht, sie kommt nicht aus der Krise. Nach dem 0:2 gegen Hoffenheim scheint der Abstieg besiegelt. Bitter für Friedrich: Er wurde beim ersten Tor getunnelt - und musste nach dem Spiel eingestehen: "Das war genau das, was wir nicht wollten." Am Mittwoch darf sich der Ritter von der traurigen Gestalt bei der Nationalelf erholen, am Samstag geht es mit Hertha gegen Hamburg. "Der Kampf geht weiter", sagte Berlins Trainer Friedhelm Funkel. Von Windmühlen sagte er nichts.

Foto: dpa Texte: Michael König und Jonas Beckenkamp

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Die Geschichte lehrt, dass sich der Mensch in Krisenzeiten flehend nach einem Heiland umsieht, der die Dinge wieder in Einklang bringen möge. Auch der Franke ist bekanntlich ein Mensch, wenn auch ein besonderer. Sein Heiland ist Albert Bunjaku, ein Stürmer, der in den vergangenen fünf Spielen fünf Tore schoss und dem deshalb zugetraut wird, die Abstiegsgefahr des 1. FC Nürnberg zu bannen. Doch sehet, welch Heißsporn der Heiland sein kann: Beim 0:0 gegen Bochum sah er die gelb-rote Karte und fällt deshalb am kommenden Wochenende aus. Anschließend zeigte sich, welches Vertrauen die Clubführung in Bunjaku hat: "Gegen Leverkusen können wir Alberts Ausfall vielleicht noch verkraften", sagte Trainer Dieter Hecking. "In Berlin eine Woche später brauchen wir ihn dann aber unbedingt zurück", ergänzte Sportdirektor Martin Bader.

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Wer den Werdegang von Hannovers Keeper Florian Fromlowitz näher betrachtet, fühlt sich an einen Ehrenmann mit edler Gesinnung erinnert, der sich seine Sporen durch die Bewältigung vieler Prüfungen verdienen muss. Als Robert Enkes Ersatzmann geriet er nach dem Suizid von Hannovers Nummer eins urplötzlich ins Rampenlicht und musste das schwere Erbe des Nationaltorhüters antreten. Zur Prüfung wurde seine Nummer-eins-Werdung aber vor allem durch die ständigen Gerüchte um das mangelnde Vertrauen der Klubführung in seine Fähigkeiten. Erst war man sich bei 96 nicht sicher, dann ließ man Fromlowitz aufgrund fehlender Alternativen ran, doch nach zuletzt durchwachsenen Leistungen des Keepers scheint seine Position erneut in Gefahr. Dementsprechend verunsichert agierte Ritterlehrling Fromlowitz im Derby gegen Wolfsburg. Lehrjahre sind eben keine Herrenjahre.

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In jeder Hinsicht vorbildlich präsentiert sich bisher Freiburgs Wintereinkauf Papiss Demba Cissé. Der Senegalese traf beim 1:1 gegen Gladbach bereits zum zweiten Mal und demonstrierte somit seine Qualitäten als tugendhafter Torschütze bei seiner neuen Rittergilde im Breisgau. Doch irgendwie fehlt dem Stürmer noch das Glück des Tüchtigen, denn keines seiner beiden Tore (das andere erzielte er bei der 1:2-Niederlage gegen Frankfurt) hatte bislang einen Freiburger Sieg zur Folge. In Ritterkategorien wäre Cissé damit wohl der ruhelose Recke im Rüstgewand, der zwar alles richtig macht, aber irgendwie immer zu kurz kommt - eine Art Lanzelot, der statt dem heiligen Grahl einen Bundesliga-Sieg mit eigenem Torerfolg sucht.

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