Bundesliga: Elf des Spieltags:"Ich erwarte eine Explosion"

Uli Hoeneß löst mit einer Sprengstoff-Rede seine Zwangsjacke. Dazu der Nürnberger Dejan Stankovic, der Freiburger Roberto Carlos und der Frankfurter Bad Boy.

Die Elf des Spieltags

11 Bilder

VfB Stuttgart v 1. FC Kaiserslautern - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

1 / 11

Uli Hoeneß löst mit einer Sprengstoff-Rede seine Zwangsjacke. Dazu der Nürnberger Dejan Stankovic, der Freiburger Roberto Carlos und der Frankfurter Bad Boy. Die Elf des Spieltags. 

747 Minuten sind eine lange Leidenszeit. Lauterns Srdjan Lakic musste eine halbe Ewigkeit warten, ehe er gegen Stuttgart endlich wieder über ein eigenes Tor jubeln durfte. Vieles war in der Zwischenzeit aus den Fugen geraten: Nach elf Treffern in den ersten 17 Saisonspielen hatten die Fans am Betzenberg einen neuen Helden, der den Klub im Alleingang zum Klassenerhalt schießen sollte. Dann schwenkte die Stimmung rasant um, weil plötzlich ein Foto des Kroaten mit dem Trikot seines künftigen Vereins VfL Wolfsburg auftauchte - und Lakic einfach nicht mehr ins Tor traf. Die Anhänger des FCK beschimpften ihren einstigen Liebling und der verstand die Welt nicht mehr - bis ihm gegen Stuttgart zwei Treffer gelangen und er signalisierte: Ich bin immer noch da und stemme mich mit aller Muskelkraft gegen den Abstieg.

Texte: Jonas Beckenkamp

Fußball Eintracht Frankfurt - Werder Bremen

Quelle: dpa

2 / 11

Das mit dem "Bad-Boy-Image" hat sich Frankfurts Defensiv-Kneifzange Maik Franz größtenteils selbst zuzuschreiben. Mit Aktionen wie dem absichtlichen Armschwinger gegen Bremens Denni Avdic manövriert sich der wenig zimperliche Abwehrmann immer wieder selbst ins Abseits - da mag er privat ein noch so pfundiger Kerl sein. An diesem Spieltag wurde Franz mit seinem Knockout des Schweden sogar zum Anlass dafür, dass Avdic benommen das Spielfeld verlassen musste - und dafür, dass Werder-Trainer Thomas Schaaf und Eintracht-Coach Christoph Daum ein paar ernste Wörtchen auszutauschen hatten. Franz-Feinde behaupten schon länger, er wäre eigentlich ein Fall für ein Buddhisten-Camp zur Selbstbesinnung - oder für eine andere Sportart.

SC Freiburg v 1899 Hoffenheim - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

3 / 11

Große Kunst erkennt man mitunter daran, dass sie nicht allzu oft vorkommt. Freiburgs Julian Schuster gelang gegen Hoffenheim das seltene Schmankerl, einen Eckball direkt zu verwandeln. Der Spieler, der das zuletzt in der Bundesliga hinbekam, war Hannovers Arnold Bruggink vor über zwei Jahren. Und davor? Nun, wer erinnert sich nicht an Bochums Thomas Zdebel 2004 und natürlich an jene Geniestreiche von Mario Basler, der gleich dreimal von ganz weit draußen einnetzte. Wer jetzt aber dachte, das wäre alles in Sachen Eckballkunst, der sei an Linksfuß-Freigeist Roberto Carlos erinnert: Der Brasilianer verwandelte zu Beginn des Jahres eine Ecke von links - mit links.

SC Freiburg v 1899 Hoffenheim - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

4 / 11

Während Schuster gegen Hoffenheim also bereits ein sehenswertes Tor erzielt hatte, haderte Freiburgs Torjäger Demba Papiss Cissé noch mit seiner Erfolgsquote. Zweimal hatte der Schiedsrichter ihm einen Treffer wegen Abseitsstellung verwehrt, da insistierte der Senegalese beim Elfmeter vor dem 3:2 mit Nachdruck darauf, endlich auch an der Reihe zu sein. Cissé lieferte sich mit Schuster einen Disput, der in jedem Sandkasten zwischen zwei jungen Rackern ebenfalls hätte stattfinden können - und beinahe fühlte man sich an die Wolfsburger Diego und Helmes erinnert, die sich vor einigen Wochen eine ähnliche Keilerei geleistet hatten, ehe der Brasilianer dann verschoss. Nicht so Cissé - er verwandelte sicher und konnte sich über sein 20. Saisontor freuen. Er hatte hart dafür gekämpft.

102829467

Quelle: AFP

5 / 11

Arjen Robbens Arbeitstag hatte vielversprechend begonnen, doch er endete desaströs. In der vierten Minute des Bayern-Derbys gegen den "Club" dribbelte der Holländer über die rechte Seite Richtung Nürnberger Strafraum und spielte einen geradezu genialen Diagonalpass in den Lauf von Thomas Müller, der das 0:1 erzielte. In der Folge geriet der Nachmittag im Frankenland für den Flügelflitzer aber zunehmend zum Ärgernis: Erst musste er mit ansehen, wie Thomas Krafts Fehler den Nürnbergern den Ausgleich brachte, dann wurde er zum Rumpelstilzchen, weil ein Handspiel des FCN-Verteidigers Andreas Wolf im eigenen Strafraum nicht mit einem Elfmeter geahndet wurde. Beruhigt hatte sich Robben auch nach Abpfiff nicht - aus Frust beschimpfte er Schiedsrichter Knut Kirchner und sah die Rote Karte. Mit seinem Abgang leitete er somit symbolisch auch den seines Trainers Louis van Gaal ein.

Andries Jonker, Louis van Gaal, FC Bayern

Quelle: dpa

6 / 11

Louis van Gaal ist in München seit diesem Wochenende ein Ehemaliger - einer, der es wie so viele vor ihm letztlich nicht geschafft hat, die hohen Ansprüche des Vereins und seine eigenen Vorstellungen in Einklang zu bringen. Doch selten hallte einer Entlassung eines Bayern-Trainers ein solches Poltern des Präsidenten hinterher. Uli Hoeneß übte Generalkritik an dem sturen Holländer: Er habe die derzeitige Situation mit seinen Rochaden und seiner Beratungsresistenz überhaupt erst ermöglicht, wütete der Bayern-Boss. Dabei hatte die Personalie van Gaal wieder einmal den großen Zwiespalt im Führungsgebaren der Münchner offenbart: Seit langem wünscht man sich einen Coach, der dem Team eine Identität verleiht, der jedoch auch im Sinne der mächtigen Vereinsoberen handelt. Nächster Versuch mit Jupp Heynckes.

Louis Van Gaal Sacked As Coach Of Bayern Muenchen

Quelle: Bongarts/Getty Images

7 / 11

Wann ist die Entscheidung gereift, jetzt schell zu reagieren? Hoeneß: "Der Vorstand und ich sind aus Nürnberg im selben Wagen zurückgefahren. Dort hatten wir genug Zeit zu diskutieren und als wir in München waren, war unsere Entscheidung getroffen."

Es gab einige Probleme in den vergangenen Wochen, auch in der Außendarstellung... Hoeneß: "Mit der Entscheidung, Jörg Butt aus dem Tor zu nehmen, ging die Scheiße los. Der Vorstand hat Louis van Gaal auf diese Problematik hingewiesen und er hat es trotzdem gemacht. Der gestrige Tag war das Ende eine Kette, und deswegen musste der Vorstand gestern reagieren. Denn das kann man sich nicht länger anschauen. Das Thema Manuel Neuer hätte sich hier nie so hochgeschaukelt. Wir haben uns Probleme gemacht, die völlig unnötig waren und den ganzen Verein total durcheinandergebracht haben. Das sollte sich Louis van Gaal mal überlegen. Er hat unseren Rat, dieses Thema wirklich intensiv zu beachten, nicht angenommen und Samstag war das Fass übergelaufen."

Passt van Gaals Art zu einem Familienverein, wie er der FC Bayern gerne ist? Hoeneß: "Wir haben uns monatelang über diese Themen die Köpfe zerredet. Irgendwann muss man eben gemeinsam eine Entscheidung treffen. Ich möchte noch eines sagen: Erfolg ist etwas, aber Spaß machen ist das andere. Und der Spaß hat in diesem Verein seit langem gefehlt. Nicht nur bei uns, sondern auch bei den Spielern. Und dass die Spieler hinter dem Trainer standen, das ist ein Märchen."

Haben sie jetzt die Hoffnung, dass sich bei den Spielern eine Art Entkrampfung löst? Hoeneß: "Ich erwarte eine Explosion. Ich erwarte, dass die Zwangsjacke, in der die Spieler seit Monaten stecken, abgestreift wird. Und deswegen bin ich hundertprozentig davon überzeugt, dass wir schon am Sonntag eine ganz andere Mannschaft sehen werden."

Haben sie das Gefühl, dass zuletzt Angst vor Fehlern in der Mannschaft steckte? Hoeneß: "Wenn man den ein oder anderen seit Wochen beobachtet, hat man das Gefühl, dass die pure Angst die Aktionen begleitet und ich gehe davon aus, dass das ab sofort beendet ist."

1. FC Nürnberg - FC Bayern München

Quelle: dpa

8 / 11

Nürnbergs Mann für das Außergewöhnliche ist zweifelsohne Christian Eigler. Im Heimspiel gegen St. Pauli gelangen dem Angreifer vor einigen Wochen sagenhafte vier Treffer, gegen die Bayern waren es zwar drei weniger, dafür kam sein Tor aber umso kurioser zustande: Weil dem Münchner Keeper Thomas Kraft außerhalb seines Strafraums ein Lupfer zu Philipp Lahm misslang, plumpste der Ball plötzlich Eigler vor die Füße. Der tat aus Nürnberger Sicht das einzig Richtige - er schoss das Leder in bester Dejan-Stankovic-Manier direkt Richtung Bayern-Tor und es stand 1:1. Irgendwie würde es wohl kaum überraschen, wenn Eigler demnächst einen Treffer mit dem Po oder dem Ohr erzielen würde.

103052923

Quelle: AFP

9 / 11

"Rechts unten, der schießt nach rechts unten" deutet beinahe die komplette Dortmunder Bank einschließlich Trainer Jürgen Klopp ihrem Torhüter Roman Weidenfeller an, als Ruud van Nistelrooy für den HSV zum Elfmeter antrat. Wer braucht da schon ein Zettelchen im Stutzen wie Jens Lehmann im WM-Viertelfinale 2006 gegen Argentinien? Also hüpfte der Keeper der Borussia in jene untere rechte Ecke und der Holländer tat ihm sogar den Gefallen, an seiner Schusspräferenz festzuhalten - doch vergebens. Van Nistelrooys Strafstoß war zu präzise, zu kraftvoll. Da half auch das Einsagen von Weidenfellers Dortmunder Banknachbarn nichts.

Borussia Mönchengladbach - 1. FC Köln

Quelle: dpa

10 / 11

Zur Erinnerung: Marco Reus galt mal als das, was der Dortmunder "Mini-Messi" Mario Götze heute verkörpert - ein Spieler mit allen Möglichkeiten, ein Mann für die Zukunft, nicht nur im Verein, sondern auch beim DFB sollte er eine große Nummer werden. Der gravierende Unterschied zwischen den beiden Mittelfeldwuslern ist, dass Reus in Mönchengladbach seit knapp drei Jahren von mäßig talentierten Mitspielern umgeben ist, während Götze beim BVB Teil einer nationalen Jugendbewegung ist. Gegen Köln blitzte es mal wieder auf, das bemerkenswerte Können des Marco Reus: Erst vollstreckte er abgezockt einen Steilpass von Mike Hanke, dann zauberte er einen Dropkick aus 25 Metern ins Kölner Tor, der an einen Treffer des Argentiniers Maxi Rodriguez erinnerte - damals bei der WM 2006 in Deutschland.

Borussia M'gladbach v 1. FC Koeln - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

11 / 11

Zwei Gladbacher in der Elf des Tages? Nun ja, zumindest Mohamadou Idrissou wird diese Ehre nicht wegen irgendwelcher Heldentaten zuteil. Wobei, seinen Platz in sämtlichen Saisonrückblicken dürfte der Kameruner nach seiner Aktion in der 90. Minute der Partie gegen Köln sicher haben. Das war passiert: Der FC war am Boden, es stand bereits 5:1, da trudelte eine flache Hereingabe auf den Fuß des Borussen-Stürmers. Zwischen ihm und der Torlinie: ungefähr 50 Zentimeter und weit und breit kein Kölner. Idrissou brachte es trotzdem fertig, am Ball vorbeizutreten und wurde nur deswegen nicht zu Lachnummer, weil das Spiel sofort danach zu Ende war und alle im Stadion siegestrunken jubelten.

© sueddeutsche.de/jbe
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: