Bundesliga: Elf des Spieltags:H-U-M-B-A mit Butt und Dutt

Ein Münchner spielt Brustball, ein Bremer fummelt die Schalker aus, Robin Dutt kommt beim Buchstabieren durcheinander - und Feierstimmung (fast) überall. Die "Zwölf" des Spieltags

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Butt Bayern, dpa

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Jörg Butt

Der Vergleich mit 2002, gegen den sich Jörg Butt in den zurückliegenden Tagen immer gewehrt hat, ist jetzt ein für alle Mal vom Tisch. Damals hatte Butt ebenfalls das Triple vor Augen, verspielte mit Leverkusen aber alle drei Titel. "Diesmal klappt's", denn mit dem FC Bayern 2010 sei das anders, hatte Butt immer wieder gesagt. Und damit hat er recht, ohne jeden Zweifel. Denn drei Punkte und siebzehn Tore Vorsprung vor dem letzten Spieltag lassen keinen Platz für Zweifel.

Butt, der schon so viele zweite Plätze errungen hatte, aber noch nie einen Titel, ist Deutscher Meister. Endlich, mit 35. Vor Freude kletterte er zu den Fans auf den Zaun, ließ sich abklatschen, betatschen und bejubeln. Den ersten Titel zu holen, das sei für ihn "etwas ganz Besonderes". Noch besonderer, ja geradezu herausragend wäre es allerdings, wenn Butt in drei Wochen tatsächlich das Triple gewonnen haben sollte. Dann müsste er vermutlich auch keine lästigen Fragen mehr zu 2002 beantworten.

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Müller Bayern, AP

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Thomas Müller

Thomas Müller hat vielleicht recht schmale Schultern, dafür aber eine breite Brust. Das ist mittlerweile nicht nur an der Säbener Straße in München bekannt, sondern wahrscheinlich in ganz Europa. Und wenn es dafür noch eines letzten Beweises bedurft hätte, dann lieferte Müller diesen am Samstag nach 18 Minuten: Philipp Lahms flanke kam scharf, sie war zu hoch für eine Direktabnahme per Fuß und nicht hoch genug für einen Kopfball. Also entschied sich Müller für den nur wenig bekannten Brustball und erzielte das 1:0.

Jemand der Müller heißt und für den FC Bayern auf ungewöhnliche Art mit ungewöhnlichen Körperteilen ungewöhnlich viele Tore schießt? Da müsste es auch bei all jenen klingeln, die von einem Brustball noch nie etwas gehört haben. Und damit auch dem letzten im Stadion die Parallelen auffielen, bombte Thomas Müller vorsichtshalber noch zweimal. Er war der Mann des Tages, an dem Bayern Meister wurde.

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Magath Schalke, ddp

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Felix Magath

Felix Magath ließ sich nicht anmerken, wie es in ihm aussah. Darin ist er ein Meister. Er drehte eine Ehrenrunde auf dem Rasen, blieb dann vor dem Fanblock stehen und machte die Welle. Immer wieder verbeugte er sich so tief, dass er mit dem Kopf fast die Knie berührt hätte, und ließ dann die Arme schwungvoll nach oben schnellen. Der Mann, so sah es aus, hat mindestens so gute Laune wie Asamoah - ein Trugschluss.

"Zu sehr geärgert" habe er sich in diesem Moment, sagte Magath später. So sehr, dass er "diese sensationelle Stimmung nicht genießen konnte". Aber nicht über die Niederlage oder den verpassten Meister-Coup an sich, sondern über die Umstände: "Ich muss erst mal verdauen, dass die Meisterschaft durch eine Schiedsrichterentscheidung entschieden wurde." Der Schalke-Trainer schimpfte über einen ausbleibenden Elfmeterpfiff beim Stande von 0:0. "Da fiel die Entscheidung - ein klares Foulspiel im Strafraum."

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Asamoah Schalke, Reuters

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Gerald Asamoah

Gute Laune trotz der vergebenen Chance auf die Meisterschaft. Gute Laune trotz seiner Rolle als Dauerreservist. Gerald Asamoah tat mal wieder alles dafür, sein Image als Frohnatur zu bestätigen. Er nahm nach dem Spiel seine dreijährigen Zwillinge auf den Arm und trug sie lachend über den Rasen.

Jaden (r.) gab sich gelassen, Jada allerdings weinte. Vielleicht weil der Papa mal wieder nicht gespielt hatte, vielleicht weil der Papa die silbern funkelnde Schale wieder nur angucken und nicht anfassen darf, vielleicht weil sie einfach überwältigt war von der Atmosphäre in der Gelsenkirchener Arena.

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Özil Bremen, dpa

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Mesut Özil

Den ersten hat er getunnelt, den zweiten ausgetanzt, den dritten ins Leere grätschen lassen - und als Mesut Özil vorbei war an all den Schalkern, die wohl gerade von der Meisterschaft träumten statt anzugreifen, da ließ er auch dem vierten keine Chance und schob den Ball ins Eck. "Ich hab sie ausgefummelt und das Ding dann reingemacht", erklärte der Bremer Spielmacher in banalstem Fußballdeutsch. Sein Sololauf zum 1:0 war unwiderstehlich, seine Vorlage zum 2:0 war so präzise, dass Hugo Almeida nur noch den Fuß hinhalten musste.

Wenn man Özil spielen sieht, ihn also dribbeln, zaubern, Tore schießen und Tore vorbereiten sieht, dann fragt man sich zwangsläufig: Warum wollte Schalke ihn 2008 nicht mehr haben? Warum ließ man ihn ausgerechnet zu einem Ligakonkurrenten ziehen? Und warum für nur gut vier Millionen Euro? Man kann nur Mitleid haben mit Schalke - und das hatte auch Özil: "Mir tut es leid für Schalke, aber für uns war dieser Sieg natürlich eine große Erleichterung", sagte er.

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Lehmann Stuttgart, dpa

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Jens Lehmann

Jens Lehmann und seinen jahrelang größten Rivalen Oliver Kahn verbindet mehr, als man im ersten Moment denkt. Beide sind von unheimlichem Ehrgeiz getrieben, perfektionistisch veranlagt und hassen es, zu verlieren. Beide lieben es zu provozieren, zu polarisieren und ihre Meinung der Öffentlichkeit mit scharfer Zunge zu präsentieren. Vielleicht sind es diese ähnlichen Wesenszüge, die Lehmann und Kahn einst im Kampf um den Platz im deutschen Tor so angestachelt haben.

Nun gibt es eine weitere Verbindung: die Laufbahn des Stuttgarter Stadions. Dort wurde Kahn bei der WM 2006 nach dem Spiel um Platz drei aus der Nationalelf veraschiedet. Dort wurde am Samstag Lehmann vom VfB Stuttgart verabschiedet. Er stand im Regen unter einem roten Schirm, gemeinsam mit dem Familienrat, der vor einiger Zeit sein Karriereende beschlossen hatte: Frau Conny und die beiden Söhne Mats und Lasse (r.). Zuvor hatte er dem VfB mit einer Parade kurz vor Schluss einen Punkt gerettet.

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Dutt Freiburg, Getty

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Robin Dutt

Freiburgs Trainer hat bestimmt mitgefeiert. Robin Dutt gilt zwar als angenehm ruhige Erscheinung - aber nicht an diesem 33. Spieltag. Nach dem Schlusspfiff sprang er Arm in Arm mit Spielern und Betreuern über den Platz, dann schnappte er sich vor dem Freiburger Fanblock ein Megafon. "Die fünf Buchstaben zusammenzukriegen, um 'Humba' zu rufen, schaffe sogar ich", erzählte er hinterher stolz.

Doch in all der Aufregung hatte er beim Buchstabieren einen Fehler gemacht: Nach dem 'H' baute er anstelle des eigentlich vorhergesehenen 'U' spontan ein: "Gebt mir ein Klassenerhalt!" Dieses schöne Wort spukte ihm ununterbrochen im Kopf herum. Apropos Aufregung: "Die macht dem besonnenen Dutt gehörig Angst: Wenn das jedes Mal so viele Nerven kostet, dann weiß ich nicht, wie mein Vorgänger das überhaupt geschafft hat. Ich werde dann sicher zehn Jahre früher zusammenklappen."

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Idrissou Freiburg, ddp

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Mohamadou Idrissou

Wer aus zwanzig Metern ein Tor aus dem Stand schießt, der muss sich auch beim Jubeln nicht sonderlich schnell bewegen. Das dachte sich womöglich der Freiburger Stürmer Mohamadou Idrissou, als er in der 57. Minute einen Abpraller volley nahm und ihn per Vollspann direkt neben den Pfosten beförderte. Im Fachjargon bezeichnet man diese Art des Torabschlusses als trocken oder humorlos. Idrissous anschließender Jubel war betont cool: Arme nach oben, Blick nach unten, bedächtig langsame Schritte über den Rasen.

"Ich habe meine Aufgabe erledigt", sagte der Kameruner nach seinen beiden Toren, die dem SC den Klassenerhalt gesichert haben, in die Fernsehkameras. Immer noch betont cool. Doch dann ließ er durchblicken, dass er im Laufe des Abends aus sich herausgehen wird: "Ich werde mich heute bei meinem Bett entschuldigen müssen. Ich muss heute feiern."

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Hanke Hannover, dpa

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Mike Hanke

Im April 2009 war Hertha BSC Berlin ein ernsthafter Kandidat für die Champions League, ja sogar für die Meisterschaft. Das muss lange her sein, denkt man, wenn man heute auf die Tabelle schaut und feststellt, dass Hertha künftig in der zweiten Liga spielen wird. Im April 2009 erzielte Mike Hanke von Hannover 96 im Spiel gegen Berlin ein Tor - sein letztes, bis er am Samstag endlich wieder traf. Mehr als ein Jahr ohne Tor, das ist eine lange Zeit für jemanden, der früher mal für die Nationalmannschaft gestürmt hat, denkt man sich.

Und wenn man Hanke nach seinem Treffer anschaute, dann stellte man fest, dass er das genauso empfand. Er sprintete los, mindestens so schnell wie zu seinen besten Zeiten in der Nationalmannschaft. Er sprang über die Bande, mindestens so hoch wie zu seinen besten Zeiten in der Nationalmannschaft. Und dann verschwand er in einem Knäuel von Fans, die ihn drückten und anschrien und einfach gern hatten - mindestens so gern wie zu seinen besten Zeiten in der Nationalmannschaft.

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Tagoe Hoffenheim, Getty

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Prince Tagoe

Diagnose: Herzfehler. Die Karriere von Prince Tagoe, damals 22 Jahre alt, schien beendet, Hoffenheim kündigte seinen Vertrag. Es folgten medizinische Gutachten von verschiedenen Spezialisten und ein Hickhack zwischen Tagoes Berater und der TSG. Der Fall zog sich über Monate hin, bis Tagoe nach einer abschließenden Untersuchung wieder als gesund und in der Bundesliga einsatzfähig eingestuft wurde.

Am Samstag ist der Nationalspieler aus Ghana endgültig angekommen in Deutschlands erster Liga. Er wurde wie bei den meisten seiner elf Einsätze erst kurz vor Schluss eingewechselt, Eintracht Frankfurt führte da noch mit 1:0. Zehn Minuten später stand es 2:1 für Hoffenheim, Tagoe hatte sofort zweimal getroffen. "Ein Traum" und "sehr wichtig" seien diese Tore für ihn gewesen, sagte Tagoe hinterher. Er wolle sofort seine Eltern in den USA anrufen. Zu erzählen hatte er die Geschichte vom traumhaften Ende eines turbulenten ersten Jahres in Deutschland.

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Stiepermann Dortmund, dpa

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Marco Stiepermann

Marco Stiepermann (links) ist 19 Jahre alt und spielt eigentlich für die A-Jugend von Borussia Dortmund. Am Samstag wurde er zum zweiten Mal bei den Profis eingewechselt und erzielte zehn Minuten vor Schluss das Ausgleichstor. Im ersten Moment war der Jubel freilich groß, es ist ja etwas Besonderes, wenn man zum ersten Mal von 80.000 Leuten bejubelt wird.

Doch nach dem Schlusspfiff musste Stiepermann vor allem Trauerarbeit leisten. Sein Kollege Nuri Sahin saß bedröppelt auf dem Rasen und grämte sich wegen des Elfmeters, den er in der ersten Hälfte verschossen hatte. "Ich bin einfach nur enttäuscht und frustriert", sagte Sahin. Stiepermann beugte sich zum ihm herunter und tätschelte seinen Hinterkopf. Sehr fürsorglich für einen 19-Jährigen.

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Fans Schalke, ddp

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Der zwölfte Mann

Die Bilder von Schalke-Fans kurz nach geplatzten Meisterschafts-Träumen haben sich in die Köpfe der deutschen Fußballfans eingebrannt. Tränen und Verzweiflung 2001, Frust und Leere 2007. Doch diesmal war es anders. Beim Spielsstand von 0:2 startete das Publikum zwanzig Minuten vor Schluss die La Ola, eine halbe Stunde nach Schlusspfiff feierten immer noch 40.000 Zuschauer die Mannschaft und ihren Macher Magath. Die Freude über die Champions League war größer als die Trauer.

Und gegenüber feierten auch noch die Bremer Fans ihr Team für den Sieg, der im Kampf um Platz drei ein wichtiger war. Die Stimmung auf Schalke war also ählich ausgelassen wie in München, bei Jörg Butt auf dem Zaun.

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