Bundesliga: Elf des Spieltags:Blindgänger Jabulani

Der neue Ball verantwortet den vielleicht langweiligsten Spieltag der Geschichte. Und einige Spieler bewerben sich für den Frank-Mill-Gedächtnispreis. Die sueddeutsche.de-Ballelf-des-Tages

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Selten, dass ein Akteur im Fußball in allen Stadien des Wochenendes ein Thema ist. Man muss wohl ein Ball sein, um eine derartige Aufmerksamkeit zu bekommen. An diesem 15. Spieltag flog zum ersten Mal der WM-Ball 2010 durch die deutschen Stadien, es soll "der rundeste Ball aller Zeiten sein". Der Name des Balls stammt aus der Sprache isiZulu - einer der südafrikanischen Amtssprachen - und bedeutet "feiern" oder "zelebrieren". Sein Versprechen hat er zum Auftakt keineswegs eingehalten, Jabulani hat einen der langweiligsten Spieltage der Bundesliga-Geschichte zu verantworten.

HSV-Profi Marcell Jansen kritisierte: "Die Bälle werden immer verrückter, flattern immer mehr." Der runde, flatterhafte Jabulani ist für Hoffenheims Torwart Timo Hildebrand eine "Katastrophe. Der geht bei Abschlägen ganz woanders hin und wenn man ihn voll aufs Tor kriegt, kann man nur noch beten." Scheint geholfen zu haben, das Spiel Hamburg - Hoffenheim endete 0:0.

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Aus Protest gegen den vielleicht langweiligsten Spieltag der Bundesliga-Geschichte erhält diesmal Hennes VIII., das Maskottchen des 1. FC Köln einen Platz in der Elf des Spieltags. Es hätte auch den FC-Bayern-Bernie, den Schalke-Ährwin oder den VfB-Fritzle treffen können. Aber Stofftierchen in einer Fußballmannschaft? Vermutlich hätten auch sie ein wenig Schwung bringen können in das fürchterliche Ballgeschiebe in den meisten Stadien. Hennes VIII. hätte sich aber als Einziger versuchen können, wie Jabulani auf einen Kopfball-Rammstoß reagiert. Und das hätte die wertvolle Erkenntnis gebracht, wie weit die Engländer im nächsten Jahr kommen.

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Wenig verwunderlich hat sich Bayern-Torhüter Hans-Jörg Butt mit Jabulani bereits angefreundet. "Der Ball ist schon in Ordnung. Er fliegt relativ gerade, dafür fliegt er etwas schneller", sagte er. Zwei Schüsse des Gladbachers Arango kamen mit Schallgeschwindigkeit auf sein linkes Eck geflogen, doch Butt bekam Freund Jabulani jeweils noch zu fassen und lenkte ihn am Pfosten vorbei. Als dann Mario Gomez ein Tor erzielte, grüßten Butts Feldspieler von der anderen Spielfeldseite aus. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass Butt seinen Freund Jabulani bald selbst ins gegnerische Tor schießt. Wenn es sein muss, mit einem geraden, schnellen Schuss vom Elf-Meter-Punkt.

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"Der Ball ist anders als andere, er ist auf jeden Fall gut. Man muss ihn aber genau treffen, sonst kann man ihn nicht berechnen. So sind die Bälle schwer für den Torhüter." Holger Badstuber wusste das offenbar schon vor dem Spiel gegen Mönchengladbach. Nach 75 Minuten traf er Jabulani jedenfalls genau, er berechnete ihn exakt, und es war schwer, zu schwer für Borussen-Torwart Logan Bailly. Jabulani schlug im langen Eck ein, und Bayern darf nun aufgrund der guten Ballkenntnisse des Linksverteidigers wieder von der Tabellenspitze reden.

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Es gab Spieler, die sich mit Jabulani wahrlich nicht angefreundet haben bei diesem ersten Treffen. Edin Dzeko zum Beispiel kann nicht berichten, dass der neue Ball dorthin geflogen sei, wo er es gerne hätte. Der Bosnier soll nach einigen Zählungen 14 Torchancen gehabt haben, einige Mal schoss er daneben, einige Male parierte Simon Pouplin (siehe Pouplin). Einmal allerdings bekam der Freiburger Torwart Jabulani noch zu fassen, obwohl die Wolfsburger eigentlich schon feiern wollten. Aus drei Metern schickte Dzeko den Ball nicht ins Netz, sondern traf Pouplin, eine Bewerbung für den Frank-Mill-Gedächtnispreis (im folgenden: FMG) für eine vergebene Großchance. Dennoch: Manchester United hat am Sonntag sein Interesse an der Verpflichtung von Dzeko bestätigt. "Er ist ein großgewachsener geschickter Junge, eigentlich ideal für die Premier League", sagte Manchesters Ko-Trainer Mike Phelan der Londoner Sonntagszeitung News of the World. Ob sie auch in England mit Jabulani spielen?

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Doch Dzeko hat am Samstag harte Konkurrenz erhalten um den FMG. Da brachte es zum Beispiel Chadli Amri fertig, statt ins leere Tor den Ball Richtung Eckfahne zu schießen. Nun gut, er hatte einen Sprint über das ganze Spielfeld hinter sich, Frankfurts Torwart Nikolov sprang in Pouplin-Manier noch heran. Und vielleicht wollte Jabulani im Rhein-Main-Duell Frankfurt gegen Mainz den heimischen Frankfurtern auch einfach die Feier nicht verderben und flog von selbst am Tor vorbei.

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Und wenn Jabulani sich es eventuell doch überlegt hatte, ins Frankfurter Tor zu fliegen, hatte Niko Bungert (Mitte) etwas dagegen. Tim Hoogland stand am zweiten Pfosten, kein Gegenspieler in Sicht und auch kein Nikolov flog mehr heran. Dafür streckte Mitspieler Bungert plötzlich seinen Hals, sprang im Rückwärtslaufen hoch, runzelte die Stirn und köpfte den Ball vor dem verdutzten Hoogland am leeren Tor vorbei. Der FMG könnte auch das Duo Bungert/Hoogland gehen.

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Jabulani? Flatter-Flugbahn? Fußball-Kanonenkugel? Maik Franz ist das egal. Selbst wenn in Frankfurt ein Fritz-Walter-Lederball als Spielgerät dienen würde, Mike Franz würde es nicht kümmern. Für ihn ist nicht der Ball, sondern der Gegenspieler bevorzugter Angriffspunkt. Am Samstag legte er sich mit Bancé an, mit Pekovic, mit Amri, irgendwie mit ganz Mainz. Und dann schoss er noch das 1:0, nicht mit einem schnellen, flatternden Weitschuss, sondern selbstredend per Grätsche. Auch einen Fritz-Walter-Lederball hätte er versenkt. "Die Trainer sagen immer, ich soll nicht grätschen. Dabei mache ich das doch sehr erfolgreich", sagte Franz danach. Am Sonntag ging das Duell Bancé gegen Franz dann weiter: Der Mainzer warf Franz vor, ihn rassistisch beleidigt zu haben. Franz wies die Vorwürfe von sich.

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Dass Jabulani an diesem torarmen Spieltag durchaus dorthin fliegt, wo es der Schütze gerne hätte, verdeutlichte Christian Fuchs (re.). Eine Minute vor Schluss zirkelte der Bochumer den neuen Ball aus 20 Metern genau unter die Torlatte zum 1:1. Allerdings könnte dieser Flug auch folgenden Grund gehabt haben: Das Schicksal, respektive der Fußballgott wollten einfach, dass Markus Babbel erlöst wird und seinen Teamchef-Job in Stuttgart verliert. Dazu musste Fuchs' Freistoß ins Netz fliegen. Hatte also gar nichts mit Jabulani zu tun.

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Noch einen anerkennenden Nachruf an den aufrichtigen, immer ehrlichen Markus Babbel. Es grenzte fast an ein Wunder, dass der 37-Jährige den ersten Jabulani-Spieltag noch als Chefbetreuer des VfB Stuttgart erleben durfte. Sein VfB stand auf Platz 17, die Partien wurden immer hässlicher. Doch weil der Fußballgott (oder Christian Fuchs) diesen einen Jabulani mit Wucht unter die Latte beförderte, war endlich Schluss: Der Leidensweg von Babbel und dem VfB Stuttgart ist vorbei.

Während Sportdirektor Horst Heldt bei der Pressekonferenz den Tränen nahe schien, stellte der Ex-Teamchef mit fester Stimme fest: "Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem es nicht um einzelne Personen geht, sondern um den VfB Stuttgart. Und da gibt's dann eben nur die Maßnahme, uns freizustellen." Zu den Fanprotesten am Samstag fand er harte Worte: "So etwas habe ich in meiner Karriere noch nie erlebt. Vier Wochen nach der Tragödie um Robert Enke" verrate das, "dass die Fans und die gesamte Fußballszene daraus nichts gelernt haben". Nach dem Suizid des Nationaltorwarts hätten sich "viele zu Wort gemeldet. Doch die Ereignisse vom Samstag zeigen mir: Das ist alles Heuchelei. Jeder versucht nur seine Plattform zu nutzen, um sich darzustellen". Eine Diagnose, die in ihrer Ehrlichkeit nicht zu überbieten ist.

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"Ach was, Jabulani hin oder her, mit dem Kopf hab ichs gemacht", scheint Ex-Nationalstürmer Kevin Kuranyi (re.) seinen Kollegen Marcelo Bordon und Schalke-Ährwin in dieser Szene sagen zu wollen. Das 1:0 gegen Hertha BSC war Kuranyis 100. Bundesligator - und bis er es endlich erzielt hatte, wirkte er im Torabschluss beinahe so nervös wie ein Zehntklässler vor der ersten Tanzstunde. Doch dann setzte eben dieser Bordon zum "Doppelkopf" an: Der Brasilianer stieß den wehrlosen Jabulani in hohem Bogen quer durch den Hertha-Strafraum direkt auf das Haupt von Kuranyi. Und der drückte das Neuleder aus derart abseitsverdächtiger Position über die Linie, dass Berlins Coach Friedhelm Funkel dem armen Jabulani am liebsten einen Chip eingepflanzt hätte.

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