Borussia Dortmund:Superflinke Hähnchen-Monster

Schneller als Franz Beckenbauer, besser als Oliver Kahn und fast so gut wie Lionel Messi: Borussia Dortmund hat die Bundesliga in der vergangenen Saison nachhaltig beeindruckt - und ist die Mannschaft des Jahres 2011. Der Meisterkader in der Einzelkritik. In Bildern.

Freddie Röckenhaus

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Schneller als Franz Beckenbauer, besser als Oliver Kahn und fast so gut wie Lionel Messi: Borussia Dortmund hat die Bundesliga in der vergangenen Saison nachhaltig beeindruckt - und ist die Mannschaft des Jahres 2011. Der Meisterkader in der Einzelkritik. In Bildern.In Bildern.

TOR

Roman Weidenfeller, 31: Kam mit 20 Jahren wenige Wochen nach Dortmunds letzter Meisterschaft 2002 zum BVB. Ein paar Monate später fühlte er sich schon ebenbürtig mit Dortmunds damaligem Torwart Jens Lehmann. Isst jeden Donnerstagabend Hähnchen, "weil das Flügel verleiht", was, so Weidenfeller, für einen Torhüter schließlich wichtig sei. Bei Bundestrainern wird er traditionell unterschätzt. Deshalb wollte Weidenfeller in der Notentabelle unbedingt noch den um Haaresbreite besser liegenden Manuel Neuer überholen - und außerdem den Gegentor-Rekord von Oliver Kahn brechen, der in einer Saison nur 21 Gegentore bekam. Das klappte nicht ganz - der BVB schloss die Saison mit 22 kassierten Treffern.

Mitch Langerak, 23: Der Australier musste Weidenfeller einmal - ausgerechnet beim FC Bayern - vertreten. Dortmund gewann souverän 3:1. Jürgen Klopp sagte über ihn: "Von Australiern ist ja bekannt, dass sie hoch springen können."

Borussia Moenchengladbach  - Borussia Dortmund

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ABWEHR

Neven Subotic, 23: Schwarzwäldischer Serben-Bosnier mit amerikanischem Zweitpass. Enger Kumpel von Mats Hummels. Kam mit sechs Jahren während des Balkan-Krieges als Flüchtlingskind nach Pforzheim, lernte dort lesen, schreiben und Fußballspielen. Zog mit seinen Eltern, denen von der örtlichen Einwanderungsbehörde die Ausweisung drohte, sieben Jahre später in die USA weiter. In Florida wurde er beim Park-Kick entdeckt und binnen Wochen zum Junioren-Nationalspieler. Kehrte auf diesem Ticket mit 18 wieder nach Deutschland zurück, debütierte unter Jürgen Klopp bei Mainz 05. Der nahm ihn bei seinem Wechsel zu Dortmund mit. Für den damals 19-Jährigen zahlte der BVB atemberaubende 4,5 Millionen Ablösesumme. Nennt sich immer noch amerikanisch Sssssubaditsch und verbringt seine Ferien gerne mit Kumpels auf Reisen im Wohnmobil. Im Winter zuletzt bei Schneehöhen bis 50 Zentimeter in Holland.

Mats Hummels, 23: Kam ein halbes Jahr vor Jürgen Klopp nach Dortmund. Galt bei seinem Stammverein Bayern München als leicht entbehrlich, wurde deshalb zuerst nach Dortmund ausgeliehen, dann für 4,2 Millionen Ablöse an den BVB abgegeben. Vor Wochen gab Hummels seinem Stammverein die Quittung: Verlängerte trotz eines weit besseren Angebots aus München beim BVB. Ein Fußball-Romantiker, dessen Spielweise bisweilen mit Franz Beckenbauer (in doppelter Geschwindigkeit) verglichen wird. Freundin Cathy ist aus München mitgekommen und studiert in Dortmund.

Borussia Dortmund - 1. FC Nuernberg

Quelle: dapd

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Marcel Schmelzer, 23: Der gebürtige Magdeburger kam vor sechs Jahren ins Jugend-Internat des BVB. Als Klopp 2008 nach Dortmund, galt Schmelzer als früh Gescheiterter, nicht einmal gut genug für die zweite Mannschaft. Klopp beförderte ihn sofort als Stammspieler ins Profiteam, wo er den verletzten Dede ablöste. "Seit er bei uns spielt, ist Schmelle um einen Meter gewachsen", sagt Klopp über ihn, "und zwar in jeder Hinsicht." Das wirft die Frage auf: Ist er jetzt 2,81 Meter groß? Verbot seinem Berater Roger Wittmann vor den letzten Vertragsverhandlungen "alle ernsthaften Gespräche mit anderen Vereinen als Dortmund". Spielt den radikalsten Außenverteidiger-Stil seit langem: Er verbringt mehr Zeit in der Hälfte des Gegners als in der eigenen.

Lukasz Pisczcek, 26: Kam vor der Saison vom Absteiger Hertha BSC und galt als Ersatzmann für Owomoyela. Aber der verletzte sich früh, und seitdem dreht der Pole immer mehr auf. Ballgefühl mäßig, die Ideen berechenbar, aber mit wahnsinniger Dynamik in der Bewegung.

Patrick Owomoyela, 32: Bei der Meisterfeier im Mai an Krücken unterwegs. Konnte wegen einer Achillessehnen-Operation und eines Sehnenrisses an der Hüfte nur sechs Spiele bestreiten.

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Leonardo Dede, 33: Kam vor 13 Jahren von Atletico Mineiro nach Dortmund. Nach einem Kreuzbandriss 2008 von Schmelzer verdrängt, spielte nur dreimal in dieser Saison. War bereits 2002 Meister mit dem BVB. Ist das erklärte Idol seiner jungen Mitspieler. Am Samstag wärmten sich alle geschlossen in Trikots mit Dedes Namen und seiner Rückennummer "17" auf. Ist immer für Lacher gut, wenn er Anekdoten aus seiner Anfangszeit in Dortmund erzählt, als er seinen Hausmüll nach brasilianischer Gewohnheit im Garten verbrannte und regelmäßig die Feuerwehr alarmiert wurde.

Felipe Santana, 25: Wird nur "Tele" gerufen, nach dem ehemaligen brasilianischen Nationaltrainer Tele Santana. Bekam nach seiner Ankunft in Dortmund als erster Brasilianer in der Weltgeschichte Technik-Nachhilfetraining. Gilt aber inzwischen als Innenverteidiger, der bei fast allen anderen Bundesligisten Stammspieler wäre. Kam auf zwölf - meist eher kurze - Einsätze als Vertreter der etablierten Hummels oder Subotic.

Borussia Dortmund - 1. FC Nuernberg

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MITTELFELD

Nuri Sahin, 23: Gebürtiger Sauerländer, spielt aber für die Türkei. Kam mit elf Jahren zur Borussia, debütierte mit 16 als jüngster Spieler der Geschichte in der ersten Bundesliga. Ist heute der unumschränkte Regisseur der Mannschaft und einer von zwei heimlichen Kapitänen (der andere ist Hummels). Hat seinen vor fünf Jahren intern bespöttelten Watschelgang gegen eine kolossale Eleganz vertauscht. Sahin basaß beim BVB einen Vertrag bis 2013, mit zwei Ausstiegsklauseln: eine fürs Inland, eine andere fürs Ausland, mit der sein Berater Reza Fazeli das Klubmanagement regelmäßig nervte - und letztlich einen Transfer zu Real Madrid einfädelte. Dabei hatte Sahin schon mit 18 Jahren behauptet: "Ich möchte meine ganze Karriere beim BVB verbringen." Die ganze wurde es dann aber nicht. 

Borussia Moenchengladbach  - Borussia Dortmund

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Sven Bender, 22: Kam vor zwei Jahren von 1860 München und wird in Anlehnung an einen ehemaligen Bayern-Spielers gleichen Nachnamens nur "Manni" gerufen. Gilt als Balleroberungs-Monster im Mittelfeld, wo er streng genommen Kapitän Sebastian Kehl vertritt. Zwilling des Leverkuseners Lars Bender. Erledigt die Defensivarbeit, für die der Künstler Nuri Sahin keinen Fuß frei hat.

Shinji Kagawa, 22: War bis zur Winterpause torgefährlichster Mttelfeldspieler der Bundesliga. Kam für 350.000 Euro Ausbildungsvergütung aus Japan, soll jetzt acht Millionen Euro wert sein. Wegen eines Mittelfußbruchs kein einziger Einsatz in der Rückrunde. Der Hakenschläger soll aber zum Saisonschluss ein kurzes Comeback feiern dürfen.

Borussia Dortmund's Grosskreutz and Goetze celebrate a goal against Freiburg during the German Bundesliga soccer match in Dortmund

Quelle: REUTERS

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Mario Götze, 19: Seit zehn Jahren beim BVB, wird intern abwechselnd "Götzinho" oder "Messi" gerufen. Wurde von DFB-Nachwuchschef Matthias Sammer zum "vielleicht größten Talent, das wir bisher hatten" erklärt. Marios Vater ist Professor für Elektrotechnik an der TU Dortmund. Götzinho wohnt noch zu Hause bei den Eltern und engagiert sich in einer Aktionsgemeinschaft gegen Rassismus, die sein Gymnasium ins Leben gerufen hat. Verehrt sein Idol Dede und verlängerte im Frühling trotz Anfragengewitters bis 2014: "Dortmund ist der ideale Verein für mich. Was sollte ich woanders?"

Kevin Großkreutz, 23: Gebürtiger Dortmunder, kam zunächst mit neun Jahren zum BVB. War selbst als Zweitligaspieler im benachbarten Ahlen Stammgast auf der Südtribüne in Dortmund und fuhr sogar zu den meisten Auswärtsspielen als Fan mit. Radikaler Dauerläufer, legt in einem Spiel bis zu 14 Kilometern zurück und gehört auch zu den dribbelstärksten und torgefährlichsten BVB-Profis. Trainierte bis vor kurzem eine Jugendmannschaft seines Stadtteilklubs Phoenix Eving. Sah nach einem Totalhaarschnitt bei der Meisterfeier nach Ansicht seines Trainers "wie ein Außerirdischer" aus. Klopp hatte Großkreutz früher seinen extravaganten Irokesen-Schnitt veboten.

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Quelle: AFP

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Jakub Blaszczykowski, 26: Hat vor den zahlreichen Konsonanten in seinem polnischen Nachnamen inzwischen selbst kapituliert und sich deshalb in brasilianischer Manier den Künstlernamen "Kuba" verliehen. Schnellster Borusse, gilt aber als großer Chancenverschwender und ist deshalb oft nur erster Einwechselspieler. Hat mit drei Toren und vier Torvorlagen aber einen persönlichen Saisonrekord aufgestellt. Immerhin.

Sebastian Kehl, 31: Kapitän, aber erneut nur auf sechs Saisoneinsätze gekommen. Laboriert abwechselnd an Adduktoren und Schleimbeuteln. Gehörte schon 2002 zur BVB-Meistermannschaft.

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Quelle: AFP

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Antonio da Silva, 33: Kam vor der Saison als Profi ohne Vertrag, um sich beim BVB fit zu halten - was Trainer Klopp aus alter Mainzer Verbundenheit genehmigte. Brachte es auf erstaunliche 20 Einsätze, mit allerdings nur 584 Minuten Spielzeit. Filigrantechniker, der allerdings im Hochgeschwindigkeitszug seiner jungen Mitspieler gelegentlich ins Trudeln gerät. Eindeutig ein Freund des ruhenden oder zumindest ruhigen Balles.

Mohamed Zidan, 30: Auch einer aus der Mainz-Connection von Jürgen Klopp. Kam nach einem Kreuzbandriss nicht mehr richtig in die Mannschaft, deren Stilwandel für den Ägypter nicht ideal verlief. Wird aber als Backup für zentrales Mittelfeld und Mittelstürmerposten gehätschelt. Ist kürzlich Vater geworden und soll seither seine Geschwindigkeit im Auto erstmals den Straßenverkehrsregeln anpassen.

Markus Feulner, 29: Ehemaliger Mainzer und ehemaliger Münchner. Kam nur auf fünf kurze Einsätze und wartet weiterhin auf seinen Durchbruch. Verzeichnete aber - wie Zidan, Piszczek, Kuba und da Silva - in dieser Meistersaison den persönlichen Erfolg der Vaterschaft.

Borussia Dortmund - 1. FC Nürnberg

Quelle: dpa

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Robert Lewandowski, 23: Zusammen mit Kagawa und Großkreutz zweitbester Torschütze (8) hinter Lucas Barrios. Klagt regelmäßig darüber, dass er meist nur auf der zentralen Mitteldfeldposition hinter dem argentinischen Torjäger spielen darf, obwohl er sich als Mittelstürmer sieht. Gilt aber mannschaftsintern als fußballerisch besonders begabt.

Lucas Barrios, 27: Wurde anfangs wegen seines voluminösen Titels als "Welttorjäger" bundesligaweit belächelt, weil der Argentinier seine 39 Tore für Colo Colo in der chilenischen Liga erzielt hatte. La Pantera aber beißt inzwischen auch in Deutschland zu. 19 Tore in der ersten Saison, in dieser sind es bisher 14. Wollte früher nach Selbsteinschätzung "so viele Tore wie möglich" machen, während er jetzt "so oft gewinnen wie möglich" wolle. Auch ein Erfolg von Klopps Pädagogik. Mitspieler Großkreutz hält ihn für "den besten Stürmer der Liga", der Mitspieler gerne mit Hackentricks in Szene setzt.

Marco Stiepermann, 20: Gebürtiger Dortmunder, kam zu einigen Kurzeinsätzen als Ersatz für Barrios oder Lewandowski.

© SZ vom 2. Mai 2011/ebc
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