Bundesliga:Dortmund bekommt seine „Auswärts-Thematik“ nicht gelöst

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War nach dem Unentschieden in Gladbach „sehr, sehr enttäuscht“: BVB-Trainer Nuri Sahin. (Foto: Federico Gambarini/dpa)

Weiter kein Sieg in der Fremde: Der BVB kommt auch in Gladbach nicht über ein 1:1 hinaus. Vor dem Champions-League-Spiel gegen Barça gibt es weitere Sorgen.

Ulrich Hartmann

Den stolzen Fußballklub Borussia Dortmund findet man aktuell in der Bundesliga-Heimtabelle auf Platz eins sowie im ellenlangen elitären Champions-League-Tableau auf einem respektablen vierten Platz. Auf derart privilegierten Rängen fühlt sich der westfälische Traditionsklub angemessen gewürdigt. Was den Dortmundern zurzeit hingegen gar nicht gefällt, ist der Blick auf die Bundesliga-Auswärtstabelle. In dieser Spezialwertung (allenfalls mittelbar entscheidend für TV-Gelder, Europapokalzulassungen und Abstiegsentscheidungen) steht der BVB auf dem drittletzten Platz. Er hat von seinen bislang sechs Auswärtsspielen kein einziges gewonnen. Ein 0:0 in Bremen am zweiten Spieltag und nun am Samstagabend ein 1:1 in Mönchengladbach waren bisher das höchste der Gefühle. Dazwischen setzte es vier Auswärtsniederlagen nacheinander.

In Mönchengladbach hatten die Dortmunder zunächst noch Glück, weil Schiedsrichter Tobias Stieler ein mögliches elfmeterreifes Foul von Ramy Bensebaini (13.) und ein mögliches elfmeterreifes Handspiel von Serhou Guirassy (15.) als jeweils zu geringfügig ausgelegt hatte. Anschließend waren die Gäste nach einem 1:0-Führungstreffer durch Jamie Gittens (65.) ihrem ersten Auswärtssieg der Ligasaison durchaus nahe gekommen, dann allerdings erzürnte sie der per Foulelfmeter erzielte 1:1-Ausgleich durch Gladbachs Kevin Stöger (71.). Sie zogen diesen erst per Videobeweis erzwungenen Elfmeter in Zweifel, da sie den ausgebliebenen Pfiff von Referee Stieler für keine klare Fehlentscheidung erachteten, das Eingreifen des VAR mithin als unangebracht. „Den Elfmeter kann ich nicht nachvollziehen“, sagte Sportdirektor Sebastian Kehl streng und beklagte den deshalb verpassten Erfolg. „Wie gern hätten wir mit einem Sieg die Auswärts-Thematik gelöst!“

Obwohl noch früh in der Saison: Die Champions-League-Qualifikation gerät sukzessive außer Reichweite

Hierbei handelt es sich um einen Euphemismus. Wenn Borussia Dortmund in sechs Auswärtsspielen gerade mal zwei Unentschieden schafft, dann spricht vielleicht der Volksmund von einer Auswärtsschwäche, nicht aber der BVB-Sportdirektor. Die Dortmunder haben statt eines Defizits eine „Thematik“, allerdings verwehrt es ihnen diese genauso, den Kontakt zu den Bundesliga-Spitzenteams zu verringern – schlimmer noch: Sie müssen aushalten, dass der Rückstand größer wird. Eine neuerliche Champions-League-Qualifikation gerät sukzessive außer Reichweite (wenn man so etwas nach 13 von 34 Spieltagen überhaupt schon behaupten darf), und dies bedeutet eine Gefahr für den neuen, jungen Trainer Nuri Sahin.

Der 36-Jährige war am Samstagabend merklich niedergeschlagen, nannte sich „sehr, sehr enttäuscht“ und das Verpassen des Sieges „sehr, sehr ärgerlich“. Warum der BVB im heimischen Stadion nahezu alles gewinnt und auswärts nahezu alles verliert, kann niemand so richtig erklären. „Durch diesen Schmerz müssen wir jetzt gehen“, sagte Sahin nach dem Spiel im ZDF.

Strittige Szene: Schiedsrichter Tobias Stieler gibt nach Videostudium Elfmeter für Gladbach – sehr zum Unmut des BVB. (Foto: Federico Gambarini/dpa)

So eine schlechte Auswärtsbilanz nach sechs Auswärtsspielen hatte der Klub zuletzt vor 33 Jahren. Auch damals, im Herbst 1991, unter dem gerade frisch angetretenen Trainer Ottmar Hitzfeld, mit dem der BVB sechs Jahre später die Champions League gewann, gab es aus den ersten sechs Auswärtsspielen nur zwei Unentschieden. Ihr siebtes Auswärtsspiel damals gewannen die Dortmunder dann allerdings 3:0 beim FC Bayern. Eine Befreiung per Paukenschlag! Die aktuelle Mannschaft von Nuri Sahin bestreitet ihr siebtes Auswärtsspiel zwei Tage vor Weihnachten in Wolfsburg. Dann wird sich zeigen, ob der BVB seine Auswärts-„Thematik“ rechtzeitig zum Fest der Liebe gelöst bekommt.

Zuvor stehen jedoch erst einmal noch zwei Heimspiele im größten deutschen Stadion (81 365 Zuschauer) an, und mehr noch als das Bundesliga-Spiel am kommenden Sonntag gegen die TSG Hoffenheim elektrisiert den BVB die Champions-League-Partie an diesem Mittwoch gegen den FC Barcelona und seinen deutschen Trainer Hansi Flick. Es ist im 36er-Tableau das Duell des Vierten mit dem Dritten und damit das Topspiel des sechsten Spieltags, eine kontinentale Knallerpartie.

„In jedem Spiel eine neue Verletzung“ – gegen Gladbach trifft es gleich zwei Dortmunder

Aus der Bundesliga in die Champions League hinein zieht sich allerdings noch eine ganz andere Thematik, die die Dortmunder derzeit durchaus quält, denn in Mönchengladbach mussten schon wieder zwei Spieler verletzt ausgewechselt werden, diesmal Maximilian Beier und Niklas Süle. Auch das zermürbt den Trainer Sahin. „Das ist die Geschichte dieses Jahr“, sagte er, „ich habe das Gefühl, dass es in jedem Spiel eine neue Verletzung gibt.“ Gänzlich gefehlt hatte in Mönchengladbach zudem der angeschlagene Julian Brandt. Nun bangt Dortmund, ob Brandt, Süle und Beier am Mittwoch gegen Barça wieder mitspielen können.

Süles Ausfall in der Innenverteidigung wöge schwer, da dort zuletzt auch Waldemar Anton verletzt fehlte. Brandt und Beier wären wichtig für die Offensive, wo derzeit der 20 Jahre junge Flügelstürmer Gittens alles überstrahlt. Sein Tor in Gladbach bedeutete für den Engländer den vierten Treffer im vierten Pflichtspiel nacheinander. Auch Gittens hatte in den vergangenen Jahren wegen Knöchel- und Schulterverletzungen oft gefehlt – zurzeit aber ist er topfit und kerngesund. Was für eine schöne Thematik!

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