Bundesliga: Die Sonntagsspiele:Jedes Tor zählt

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Nach dem 5:1 gegen Köln schöpft Gladbach neue Hoffnung im Abstiegskampf. Neben dem emotionalen Erlebnis beschert der Sieg der Borussia auch statistisch bessere Karten gegenüber der Konkurrenz. Leverkusen schlägt St. Pauli knapp und bleibt am BVB dran.

Überall lauerte die Polizei und über dem Stadion knatterte gar ein Hubschrauber. Das rheinische Derby zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln stand am Sonntag für Hochsicherheitsfußball, allerdings nur vor dem Stadion und nicht auch drinnen, denn im Prestigeduell, das die Gladbacher schon in der Hinserie 4:0 in Köln gewonnen hatten, ging es numerisch wieder höchst freizügig zu.

Gladbacher Freude: Gegen den 1. FC Köln konnte die Borussia gleich fünfmal jubeln - das hatte es lange nicht gegeben. (Foto: dpa)

Der Tabellenletzte Gladbach musste zur Wahrung seiner Erstliga-Chancen unbedingt gewinnen und bewies einen Elan, dem die tabellarisch unbesorgten Kölner nicht gewachsen waren. Am Ende gewannen die Gladbacher 5:1 (3:0) und verkürzten den Rückstand auf den viertletzten Platz auf vier Punkte.

Das 1:0 durch Juan Arango in der 29. Minute war nur der Auftakt zu einem fußballerischen Erlebnis, das den Gladbachern statistisch ebenso weiterhilft wie emotional. Der flinke Rechtsaußen Marco Reus brachte nicht nur die Ecke vor dem 1:0 in den Strafraum, sondern erhöhte die Führung fünf Minuten später nach einem Solo, das die berühmte kölsche Lebensfreude perfekt nachahmte.

Um das Gladbacher Glück vor der Pause perfekt zu machen, drosch der unbändige Reus in der 39. Minute auch noch einen Fernschuss unter die Latte des Kölner Tors. Mit einer 3:0-Pausenführung tänzelten die in dieser Saison oft betrübten Gladbacher geradezu in die Kabine.

Diesmal gab es kein Alkoholverbot rund um das oft hitzige Derby, und so durfte sich sowohl das frustrierte Kölner als auch das fröhliche Gladbacher Publikum an einem großen Fußballspiel doppelt berauschen. Der U19-Nationaltorwart Marc-André ter Stegen im Gladbacher Tor genoss eine ruhige erste Halbzeit und eine etwas feurigere zweite, denn die Kölner kamen geradezu wütend aus der Pause.

Sie brachten die Gladbacher damit aber auch nur kurz in die Bredouille. Milivoje Novakovic schien mit dem baldigen 1:3 (50. Minute) eine Aufholjagd zu eröffnen, die aber 15 Minuten später schon wieder zu Ende war, nachdem Kölns Christian Eichner den Ball mit der Hand gespielt und Gladbachs Filip Daems den fälligen Elfmeter zum 4:1 (65.) verwandelt hatte. Zwei Minuten später demütigte Gladbachs Havard Nordtveit die Kölner mit dem 5:1. Da sang das Publikum Schunkellieder.

Mindestens vier Siege hatten die Gladbacher vor der Partie als Voraussetzung für eine mögliche Rettung genannt. Drei fehlen nun noch, immerhin fünf Spiele bleiben. Es wird eine besondere Herausforderung, dass die verbleibenden fünf Kontrahenten Mainz, Dortmund, Hannover, Freiburg und Hamburg allesamt in der oberen Tabellenhälfte noch um wichtige Punkte für das internationale Geschäft spielen und keine Gnadenpunkte zu vergeben haben - also nicht so, wie die Kölner am Sonntag.

Text: UIrich Hartmann

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Ja, ein klitzekleines bisschen spannender ist das Titelrennen schon geworden, nachdem Bayer Leverkusen am Sonntag gegen den gebeutelten Abstiegskandidaten FC St. Pauli nach einem 0:1-Rückstand noch 2:1 (0:0) gewann und den Rückstand auf Tabellenführer Dortmund auf fünf Punkte verkürzte. Aber auch nicht mehr. Immerhin führt der BVB damit weiterhin relativ komfortabel die Tabelle an - und das bei nur fünf verbleibenden Spielen.

Lars Bender (re.) stand plötzlich frei vor dem Tor des FC St. Pauli - und überwand den Keeper der Hamburger mit einem Kullerball durch die Beine. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Nach der siebten Pleite nacheinander und vor dem drohenden Geisterspiel gegen Bremen rückt für die Gäste aus Hamburg der Abstieg dagegen immer näher. Charles Takyi hatte St. Pauli überraschend in Führung gebracht (58. Minute), doch vor 30.210 Zuschauern in der ausverkauften BayArena drehten Stefan Kießling (66.) und Lars Bender (77.) die Partie.

Mit 61 Punkten distanzierte der Tabellenzweite aus Leverkusen die Verfolger Hannover (53) und Bayern München (52) und hat die direkte Qualifikation für die Champions League so gut wie sicher. Einen Tag nach dem 1:1 des BVB beim Hamburger SV und eine Woche vor dem Schlagerspiel zwischen Heynckes' künftigem Club Bayern München und seinem aktuellen Arbeitgeber nutzten die Leverkusener den halben Dortmunder Patzer und vergrößerten die Sorgen beim Gegner.

Zu der sonntäglichen Entlassung des Niederländers Louis van Gaal beim deutschen Rekordmeister wollte sich Heynckes nicht äußern. "Alles, was geredet wird und zum Teil gequatscht wird, ist Kaffeesatz. Ich bin hier bei Bayer Leverkusen. Alles andere kriege ich mit und registriere ich, will es aber nicht kommentieren." Die volle Konzentration des 65-Jährigen gilt bis zum letzten Spieltag dieser Saison den Champions-League-Ambitionen seiner Leverkusener - die diese gegen den verunsicherten Aufsteiger aus Hamburg auch von Beginn an demonstrierten.

Der starke Michael Ballack hatte nach 12 Minuten die erste große Chance, scheiterte aber aus kurzer Distanz an St. Pauli-Schlussmann Benedikt Pliquett. Bayer zeigte erfrischend-leichtfüßigen Kombinationsfußball, war überlegen - vergaß aber das Toreschießen. Arturo Vidal (38.) und Tranquillo Barnetta (41.) hoben das Spielgerät übers Tor, Ballacks Kopfball verfehlte das Ziel (27.) und Sidney Sam tänzelte zu lange ohne Abschluss durch den Strafraum (42.).

Der Gast aus Hamburg rettete sich in die Pause, nachdem er nur einmal das von Fabian Giefer behütete Bayer-Tor aus der Nähe gesehen hatte. Nach fünf Minuten schoss Matthias Lehmann drüber, der Stellvertreter des erkrankten René Adler musste nicht eingreifen. Giefer hatte Adler bereits im letzten Bundesliga-Hinrundenspiel gegen den SC Freiburg sowie in den beiden Europa-League-Duellen bei Rosenborg Trondheim und gegen Atlético Madrid vertreten. Nach dem Seitenwechsel wäre der 20-Jährige bei einer Volley-Abnahme von Deniz Naki vermutlich chancenlos gewesen, doch Simon Rolfes rettete zur Ecke (53.).

Fünf Minuten später stellte Takyi den Spielverlauf völlig auf den Kopf. Nach feinem Zuspiel von Florian Bruns schob die Nummer 10 der Gäste den Ball zu seinem vierten Saisontreffer ins Netz. Die Antwort ließ aber nicht lange auf sich warten. Kießling verwertete das Zuspiel des eingewechselten Eren Derdiyok zum Ausgleich und Bender setzte den späten, aber hochverdienten Schlusspunkt der überlegenen Gastgeber.

© SZ vom 11.04.2011/sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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