Bundesliga:Die Leichtigkeit des Bremer Fußball-Lebens

Lesezeit: 3 Min.

Maximilian Eggestein feiert sein Tor gegen Schalke. (Foto: Dean Mouhtaropoulos/Getty)
  • Werder Bremen gewinnt auf Schalke und rückt in der Tabelle vorläufig auf Platz zwei vor.
  • Maximilian Eggestein schießt beide Tore und befeuert den Bremer Lauf.
  • Schalkes Naldo spricht dagegen von einem "großen Rückschlag" für das Team.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Am Ende haben sich die Bremer womöglich sogar gewundert, wie leicht ihnen dieser 2:0-Sieg auf Schalke gefallen ist. Während sie vor ihren Fans ein Freuden-Tänzchen aufführten, näherten sich die Spieler in Blau vorsichtig ihren Sympathisanten. Nach einem Auftritt, der ausgesehen hatte wie ein Rückfall in die Krisen-Phase während des Saisonstarts, hatten sie Beschimpfungen zu befürchten. Doch die Fans blieben gnädig und feierten aus Mangel an anderen guten Nachrichten den kurzfristig eingesprungenen Ersatztorwart Alexander Nübel.

Hier die Leichtigkeit des Bremer Fußball-Lebens, dort Schalker Sorgen um die Zukunft, der Abend brachte sehr unterschiedliche Perspektiven hervor. Werders Team bestätigte mit einer reifen spielerischen Leistung den Eindruck einer aufstrebenden Mannschaft mit gehobenen Qualitäten, Schalke dagegen sucht weiterhin nach Methoden, um die großen Ambitionen zu verwirklichen. Mit einer Spitzenelf haben die Gelsenkirchener zurzeit wenig gemein. "Wir haben einmal geschlafen und der Gegner hat das Tor geschossen. Der Gegner war clever, und wir waren nicht präsent", klagte Schalkes Abwehrchef Naldo, "das ist ein sehr großer Rückschlag."

Es begann schon damit, dass der ständige Schalke-Torwart Ralf Fährmann zum Aufwärmen noch erschien, aber nach ein paar Übungen zeigte er Beschwerden an, eine Leistenverletzung machte sich wieder bemerkbar. Humpelnd zog er sich in die Kabine zurück, und damit war klar: Fährmanns stolze Serie war in diesem Moment Geschichte - 117 Spiele hintereinander hatte er für seinen Herzensverein bestritten. Nübel nahm seinen Platz ein. Spielpraxis war dem 22-Jährigen auf Schalke bisher nicht zuteil geworden, so kamen ihm nun seine Einsätze in der U 21-Nationalmannschaft zugute.

Kruses Geistesblitz und Eggesteins Abschlussstärke reichen aus

Das Spiel machte ihm die Eingewöhnung leicht. Beide Parteien scheuten das Risiko, Torszenen blieben während der ersten Halbzeit Raritäten. Ein Alleingang von Guido Burgstaller nach fünf Minuten weckte Hoffnungen beim heimischen Publikum, die sich aber bald als unbegründet erweisen sollten. Zwar ließen die Bremer über ihre ballsichere Mittelfeldachse den Ball ansehnlich kreiseln, den Weg in den Strafraum versperrten ihnen aber die Schalker mit den vereinten Kräften der Defensivspezialisten Naldo, Salif Sané und Omar Mascarell.

Bei Königsblau ging nach vorn auch nicht viel. Amine Harit initiierte eine Reihe von ansatzweise verheißungsvollen Vorstößen, die er meistens selbst zunichtemachte, weil er sich nicht vom Ball trennen konnte. Burgstaller bemühte sich derweil um eine Reihe von hohen Anspielen, die aber allesamt zur leichten Beute der Bremer Innenverteidigung wurden. Wieder erwies sich das Schalker Offensivspiel als stark ausbaufähig, es bestand meistens aus einer Aneinanderreihung von Einzelaktionen.

Aber als sich die Zuschauer schon auf ein gepflegtes 0:0 eingerichtet hatten, fiel das Bremer 1:0. Ein Geistesblitz von Max Kruse war mal wieder der Ausgangspunkt, seinen schlauen Pass in den Rückraum nutzte Maximilian Eggestein zum überraschenden Volltreffer. Nübel traf keine Schuld. "Mit dem ersten Schuss bekommen wir den ersten Treffer, man hat gemerkt, dass uns das verunsichert hat", sagte Burgstaller später.

Die Schalker wechselten zur Pause ihren neuen Nationalspieler Mark Uth ein und hatten gleich eine echte Torchance, doch Harit verfehlte das Ziel mit seinem Volleyschuss um etliche Meter. Bremen richtete sich jetzt auf eine geballte Offensive der Hausherren ein und zog sich einige Meter zurück, aus Respekt vor den absehbaren Kontern des gut organisierten Gegners ließen es die Schalker zunächst jedoch ruhig angehen. Die große Chance zum Ausgleich resultierte aus einem weiteren langen Ball in Richtung Burgstaller.

Ausnahmsweise konnte der lange Österreicher seinem Bewacher Milos Veljkovic davonlaufen, doch Jiri Pavlenka wehrte seinen Schuss ab (58.). Die nächste gute Gelegenheit ließen sogar gleich zwei Schalker aus: McKennie und Di Santo verpassten Uths scharfe Flanke am zweiten Pfosten. Bremen wusste jedoch die richtige Antwort auf die nun zunehmend bedrohliche Situation: Am Schalker Strafraum veranstaltete Kruse ein Tänzchen mit Naldo und schuf damit Platz für die mitgelaufenen Kollegen Gebre Selassie und Eggestein, und zum zweiten Mal vollendete der 21 Jahre alte Mittelfeldspieler mit einem präzisen Schuss ins Eck (66.). "Ich habe mit 21 noch nicht so viele Bundesligaspiele gemacht, deshalb ist er da schon weiter", sagte Kollege Kruse bei Sky. "Er ist zum Stammspieler gereift und in diesem Jahr macht er auch die Tore. Seine Weitschüsse sind eine Waffe für uns."

Das Spiel war damit weitgehend entschieden. Schalkes Bemühungen um das Anschlusstor waren von Hektik und Aktionismus geprägt, sie blieben planlos und durchschaubar, Bremen richtete sich komfortabel ein und startete immer wieder über Mastermind Kruse gefährliche Gegenstöße. Nübel bekam mehr Gelegenheit, sein beachtliches Können zu zeigen als Pavlenka, für die Schalker blieb lediglich ein später Lattentreffer von Uth (88.), die meisten Getreuen hatten da bereits vor lauter Enttäuschung über den verdorbenen Abend das Haus verlassen. "Das wird jetzt nicht leichter für uns", orakelte Burgstaller düster.

© Sz.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

FC Bayern
:"Da sag ich nix zu"

Nach dem 3:1 in Wolfsburg beschließen die Bayern-Spieler, zum Rundumschlag ihrer Bosse lieber zu schweigen. Nur einer hält sich nicht daran.

Von Carsten Scheele

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: