Bundesliga:Der HSV ist ein Luftschloss ohne Baumeister

HSV Hamburg v Borussia Dortmund - German Bundesliga

Betretene Stimmung beim HSV

(Foto: REUTERS)

Die Phänomene Elbphilharmonie und Hamburger Sportverein sind unterschiedlich, haben aber miteinander zu tun. Das eine ist ein Erlebnis, das andere ein Desaster.

Kommentar von Peter Burghardt, Hamburg

Zu den interessantesten Hamburger Selbstversuchen gehört das Experiment, erst die Elbphilharmonie und dann das Volksparkstadion zu besuchen. Das eine ist ein Erlebnis, das andere ein Desaster. Dabei wird in der einen noch gar nicht gespielt, in dem anderen schon lange. Mit seinem Konzerthaus am großen Fluss schickt sich die Hansestadt gerade an, die Weltliga zu stürmen (Sydney, Wien, Boston). Der HSV ist derweil auf dem besten Wege, erstmals seit deren Gründung 1963 tatsächlich aus der Bundesliga abzusteigen. Und wenn es so weitergeht, dann entkäme der ehemalige Europapokalsieger in Liga zwei sogar dem ehemaligen Weltpokalsiegerbesieger FC St. Pauli, der sich vorläufig der dritten Liga nähert. Beide Lokalrivalen sind Letzter.

Die Phänomene Elbphilharmonie und Hamburger Sportverein sind derzeit also recht unterschiedlich, haben aber miteinander zu tun. Beide Geschichten erzählen von einer stolzen Hafenstadt, deren Kaufleute traditionell groß denken und bei deren Träumen gelegentlich die Kalkulation aus dem Ruder läuft. Für den Musiktempel waren 77 Millionen Euro veranschlagt worden - abzüglich Spenden sind es 789 Millionen Euro geworden, zehnmal so viel.

Dafür ist die "Elphi" doch noch fertig geworden und schon vor ihrer Eröffnung ein Wahrzeichen. Der HSV dagegen türmt Schulden auf und kauft dank Mäzen Klaus-Michael Kühne trotzdem für viel Geld ein, doch eine Struktur ist bei diesem Luftschloss nicht zu erkennen. Spitzensportlich läuft es allgemein mäßig in Hamburg: Eishockey und Handball wurden mangels Sponsoren in die Drittklassigkeit zurückgestuft, die teure Olympiabewerbung haben die Wähler gekippt.

Es fehlt: der Architekt

Besonders dem HSV fehlt ein zeitgemäßer Architekt, der Klub lebt von der Vergangenheit. In der Gegenwart sind vor allem die Abwehr, aber auch Teile von Mittelfeld und Angriff kaum erstligatauglich. Dennoch gilt der HSV nach wie vor als gute Adresse, weil man da immer noch ordentlich verdient und Hamburg ein schöner Wohnort ist. Die Planer holen neue Spieler aus Barcelona oder vom FC Arsenal, ihrem gewünschten Niveau, doch der junge Alen Halilović ist vorerst nicht mal Ersatz, und der ältere Johan Djourou macht unerklärliche Fehler.

Markus Gisdol ist der 17. HSV-Trainer seit Baubeginn der Elbphilharmonie 2007. Schon fragt man sich vorsichtig, ob Vorgänger Bruno Labbadia im Abstiegskampf eventuell der geeignetere Baumeister gewesen wäre. Ab 2017 gibt's im Großen Saal über dem alten Kaispeicher jedenfalls die ersten Konzerte.

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