Bundesliga: Debatte um Demba Ba:Kündigung? Ja, bitte!

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Der Fall des streikenden Hoffenheimers Demba Ba bestärkt die Branche in ihrem Ziel, die Macht von Fußballprofis einzudämmen. Besonders Schalke-Trainer Felix Magath prangert die Freiheiten wechselwilliger Spieler an.

Moritz Kielbassa

Die Stadt Stoke-on-Trent in den englischen Midlands hat viele berühmte Söhne: Der Rockstar Robbie Williams kommt dort her, der Titanic-Kapitän Edward John Smith und einer der ehrwürdigsten britischen Fußballer: Sir Stanley Matthews. Doch selbst diese VIP-Galerie erklärt nicht wirklich, warum Demba Ba, bisher Mittelstürmer der TSG Hoffenheim, zu Stoke City wechseln wollte oder will, so genau weiß das gerade niemand. Sportlich liegen keine triftigen Gründe vor.

"Streik-Stürmer", "Meuterer", "Söldner" - all diese Bezeichnungen hat sich Demba Ba durch sein Verhalten wohl selbst eingebrockt. (Foto: dpa)

Die Citizens spielen zwar in der Premier League eine für ihre Maßstäbe sehr solide Saison, ein Anwärter auf den Weltpokal sind sie aber nicht - und auch kein Verein, hinter dem sich der Neunte der deutschen Bundesliga verstecken muss: "Von Hoffenheim nach Schtook", spöttelte DFB-Sportdirektor Matthias Sammer über den Sportskameraden Ba, "das ist ja mal 'ne Wahnsinnsverbesserung".

Wenn Fußballer glauben, es sei irgendwo schöner als am alten Arbeitsplatz, kann das viele Ursachen haben, auch schwer ersichtliche. Wie militant manche versuchen, entgegen gültiger Verträge Transfers durchzusetzen, überschreitet aber mittlerweile die Toleranzgrenze. Ba gilt als besonderer Sündenfall: Während sein Team im Trainingslager in Spanien schwitzte, flog der 25-Jährige nach London, um mit Klubs zu reden; seit Wochen erscheint der Senegalese in Hoffenheim nicht mehr zum Dienst.

Trotz emotionaler Rechtfertigungen des Spielers wird Bas Verhalten als unverschämt erachtet: Bei einem TV-Ted empfahlen 60 Prozent, den bis 2013 Gebundenen auf die Tribüne zu setzen. Viele Kritiker sind in der Wortwahl weniger subtil als Sammer, Ba heißt jetzt: Streik-Profi, Meuterer, Söldner, Querulant, Provokateur.

Hoffenheim zeigte sich entrüstet, bekannte sich jedoch zu relativer Machtlosigkeit: "Wir können ihn ja nicht fesseln, knebeln und auf den Trainingsplatz tragen", seufzte Manager Ernst Tanner. Das später vereinbarte Kaufgeschäft mit Stoke platzte zwar vorerst, weil die Engländer ein schlechtes medizinisches Gutachten von Ba auf den Tisch bekamen. Nach Lage der Dinge steigt der Dienstverweigerer aber trotzdem durchs bis 31.1. offene Wechselfenster: zu Stoke, West Ham, West Bromwich oder West Sonstwo.

In der Bundesliga regt sich innere Solidarität gegen das düstere Sittengemälde, viele haben Sorge, dass das Beispiel Schule macht. Schalke-Trainer Felix Magath, dessen Stürmer Farfan zuletzt aus ähnlichen Motiven unentschuldigt fehlte, jedoch zurückkehrte, sprach in einer Kolumne ( Hamburger Abendblatt) von "Erpressung" und "Nötigung" der Spieler, in Tateinheit mit ihren Beratern, deren Geldbeutel jeder Transfer füllt.

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Magath fordert Sanktionen gegen "diese Auswüchse, die unsere Branche in Verruf zu bringen drohen", er schlägt Sperren für internationale Wettbewerbe und Nationalteams sowie befristete Wechselverbote vor. Klaus Allofs, Manager von Werder Bremen, gelobt, er würde Ba "selbst bei garantierten 30 Toren" ablehnen: "Die Liga muss zusammenhalten, solche Spieler darf sie nicht verpflichten."

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Ein rechtlicher Knackpunkt war das Bosman-Urteil, das Fußballern seit 1995 bei Vertragsende unentgeltliche Wechsel zusichert. "Seitdem läuft alles pro Spieler", klagt Tanner. Die Klubs geben zur Sicherung der Transfererlöse den Profis oft lange Verträge, eine Abhängigkeit ohne sichere Gegenleistung. Sportjurist Christoph Schickhardt sagt, Vereine hätten gegen dreiste "Raubritter"-Methoden wie bei Ba "nichts in der Hand".

Was normale Arbeitnehmer bei Dienstvergehen fürchten, danach "lechzen diese Spieler ja: Bei fristloser Kündigung wechseln sie ablösefrei und kassieren Handgeld". Selbst das Einfrieren des Gehalts bei Trainingsboykott könnte jene Folge haben. Tanner fordert wegen der "zu geringen Handhabe der Vereine" eine Diskussion in der Liga und neue Regularien des Weltverbands. Setzt er Ba auf die Tribüne, könnte die TSG laut Fifa-Statuten gegen Berufsverbot ebenfalls die Transferrechte verlieren, unter Umständen hätte Ba dann bald das Recht zu kündigen. Magath regt an, die schiefe "Machtbalance zwischen Klub und Spieler" mittels neuer Vertragsgestaltung zu begradigen: Profikicker seien Unternehmer, keine Angestellten, die auch Schadensersatz-Pflicht haben müssten.

Doch ein bisschen steht Kritik gegen die Macht der Spieler immer unter Populismus- und Scheinheiligkeits-Verdacht - zumal es Klubs gibt, die nicht mehr benötigte Profis ihrerseits unanständig behandeln. Fifa-Strafen für Spieler bei Vertragsbruch gibt es im Übrigen schon: vier bis sechs Monate Sperre für die Folge-Saison und Geldbußen.

Letztlich verzichten die meisten Klubs aber auf Klage. Ein Verkauf des Aufsässigen bringt eben doch Geld, und es kehrt Ruhe ein. Auch Hoffenheim legt sich fest: Ba soll gehen! Bei Kollegen und Fans ist er unten durch, Mäzen Dietmar Hopp ärgert der Undank eines Angestellten, dessen Salär fürstlich erhöht wurde. Tanner hat "keine Lust auf ein Resozialisierungsprogramm", zumal es Bas zweiter Versuch ist, sich aus dem Klub zu schmollen: 2009 lehnte ihn Stuttgart nur ab, weil es Probleme nach einer Knie-OP gab; während der Reha hatte der Krankgeschriebene Urlaub in Las Vegas gemacht.

Damals verzieh Hoffenheim Ba, weil er sich von Berater Karim Aklil trennte. Auch jetzt sagen sie bei der TSG, "der Demba" sei kein schlechter Junge, aber zuweilen ein von Einflüsterern gelenkter Naivling. Vor Wochen meldete sich bei Tanner plötzlich nicht mehr der Anwalt Ran Ronen, der Ba zuvor vertrat. Am Telefon war nun der Agent Saif Rubie, dem in England mal die Lizenz entzogen wurde und den Tanner für ähnlich seriös hält wie Horoskope in der Frauenzeitschrift. Er legte den Hörer auf

© SZ vom 20.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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