Süddeutsche Zeitung

Bundesliga: Bayern in Dortmund:Erstes Endspiel verloren

Lesezeit: 2 min

Nach dem 0:2 in Dortmund hat der FC Bayern 13 Punkte Rückstand auf Mainz. Trainer van Gaals ungewohnte Systemrochade mit Schweinsteiger als Spielmacher geht gegen eine gut organisierte Borussen-Elf nicht auf.

Mainz 05 gilt allgemein nicht als Maßstab für den großen FC Bayern, aber in dieser bislang so kurios verlaufenen Saison gelten Mainzer Samstagsspiele plötzlich als echte Bedrohung. Wer hätte vor der Saison gedacht, dass ein Mainzer Sieg gegen Hoffenheim am siebten Spieltag den FC Bayern fast schon existenziell unter Druck setzen würde? Als die Bayern am Sonntag ins wie immer vollbesetzte Dortmunder Westfalenstadion einliefen, da war ihnen das Schreckensszenario in allen Einzelheiten bewusst: Eine Niederlage im schwarz-gelben Tempel, und der Rückstand auf die Mainzer betrüge 13 Punkte. Dreizehn!

Und nebenbei: Auch die Dortmunder, die inzwischen insgeheim als titeltauglich gelten, wären dann zehn Punkte enteilt. Aus dieser Konstellation bezog dieses Spiel noch mehr Spannung als ohnehin schon, und nach etwa einer Stunde deutete sich an, dass das Schreckensszenario eintreten könnte. Nach ausgeglichener erster Halbzeit drehten die Dortmunder, unterstützt von ein paar individuellen bayerischen Patzern, mächtig auf und siegten verdient mit 2:0. Es wurde also wahr, hier nochmal zum Mitschreiben: Bayern liegt zehn Punkte hinter Dortmund. Und 13 hinter Mainz.

13 Punkte hinter Mainz

Dass die Bayern die Bedeutung der Partie erfasst hatten, zeigte der Blick auf den Aufstellungsbogen. Die Partie, von den Münchnern selbst als eine Art erstes Saison-Endspiel apostrophiert, war offenbar so wichtig, dass sogar der prinzipienfesteste Mensch der Welt ein bisschen an seinen Prinzipien herumschraubte. Louis van Gaal, ein erklärter Gegner der Rotation, mischte seine Elf mächtig durch. Die Aufstellung präsentierte Mario Gomez als Spitze und Danijel Pranjic als zweiten Sechser neben Mark van Bommel. Bastian Schweinsteiger rückte nach vorne, er gab eine Art Spielmacher. Und hinten links begann ein Spieler, den womöglich selbst die Bayern-Fans vorübergehend vergessen hatten: Edson Braafheid, von Beruf Außenverteidiger.

Wenn van Gaal sich selbst untreu wird, müssen markante Gründe vorliegen, im aktuellen Fall reicht ein Blick auf die Tabelle, in der der FC Bayern mit nur fünf Ligatoren geführt wird. Der offensiven Harmlosigkeit wollte der holländische Coach mit veränderter Statik begegnen, und um ein Haar wäre der kühne Plan bereits nach sieben Minuten aufgegangen. Nach einem Freistoß von van Bommel kam Schweinsteiger völlig freistehend zum Schuss - und schoss vorbei.

Schweinsteigers neue Rolle war zunächst ein Problem für die Dortmunder, weil Bayerns Nationalspieler den Initiator eines frühen Münchner Pressings gab. Weit vorgerückt versuchten die Bayern die Dortmunder zu stören. Es entwickelte sich ein intensives Spiel zweier passsicherer Teams, deren Effizienz zunächst allerdings darin bestand, die gegnerische Effizienz zu unterbinden. In Bayerns Passnetz verfing sich anfangs Dortmunds Spiel, umgekehrt gingen auch die Münchner nicht das letzte Risiko gegen einen präsenten Gegner, dessen defensive Mittelfeldzentrale von den jugendlichen Autoritäten Sahin und Bender beeindruckend geleitet wurde.

Jeder Trainer träumt davon, mit einer geglückten Einwechslung ein taktisches Spiel wieder zu öffnen, aber jenen Wechsel, der das Spiel entscheiden half, den hatte van Gaal gewiss nicht geplant. Van Buyten blieb mit Schädelprellung in der Kabine, für ihn kam der mitunter vom Fehlerteufel besessene Demichelis, der mit einer unglücklichen Kopfballabwehr gleich eine Kettenreaktion rund um den Strafraum auslöste, an deren Ende der Ball zu BVB-Torjäger Barrios gelangte, dessen Schuss Badstuber zum 1:0 ins Tor abfälschte (52.).

Keine Antwort der Bayern

Bayerns Antwort? Bestand in einem Handspiel von Demichelis, den Freistoß zirkelte Sahin zum 2:0 ins Tor (60.). Bayerns Antwort? Bestand in einem Sololauf nebst Pfostenschuss von Dortmunds Barrios.

Die Bayern bemühten sich, aber auch die veränderte Statik half nicht dabei, das Spiel zwingender zu gestalten. Der neue Stürmer Gomez, anfangs sehr vital, litt unter blockierten Nachschubwegen, der neue Regisseur Schweinsteiger fand die offenen Räume nicht, der neue Sechser Pranjic spielte längst links hinten. Für Braafheid war Olic gekommen, der in der 88. Minute aus drei Metern am Tor vorbeischoss. Auch diese Zahl nochmal zum Mitschreiben: Der FC Bayern hat nach sieben Spieltagen fünf Tore erzielt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1007748
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 04.10.2010
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.