Bundesliga:BVB erholt sich vom "kurzen Schock"

Dortmund Adrian Ramos Borussia Dortmund 20 beim Torjubel nach dem Treffer zum 3 2 beim Fussball Bu; Ramos

Erst kurz zuvor eingewechselt, trifft Dortmunds Adrian Ramos zum Sieg gegen Bremen.

(Foto: Eibner/imago)

Von Felix Meininghaus, Dortmund

Torsten Frings erinnert sich noch gern an die Jahre zurück, als er mit einem feisten Hummer, diesem ursprünglich für die amerikanische Armee entwickelten riesigen Geländewagen, durch die Dortmunder Innenstadt prominierte. Das waren die Zeiten, als Geld in der Reviermetropole keine Rolle spielte, was schließlich in der Beinahe-Insolvenz mündete. Mittlerweile präsentiert sich die Borussia gesünder denn je, und der frühere Asphalt-Cowboy Frings ist wieder bei seinem Lieblingsklub Werder Bremen gelandet, mit dem er sich als Co-Trainer mitten im Abstiegskampf befindet.

Das 2:3 (0:0) gegen den BVB am Samstagabend half Werder in der Tabelle nicht weiter. Die Art und Weise, wie auch die Bremer dieses vor allem in der zweiten Halbzeit mitreißende Kampfspiel gestalteten, war durchaus imponierend. Werder drehte einen 0:1-Rückstand und verspielte in der Schlussphase dann noch den so wertvollen 2:1-Vorsprung. "Wir haben Dortmund alles abverlangt", sagte Kapitän Clemens Fritz, "aber wenn du hier in Führung gehst, musst du das Tor einfach besser verteidigen."

Liverpool für 90 Minuten verdrängt

In und um Dortmund sprach in den letzten Tagen natürlich jeder vor allem über den nahenden Europa-League-Auftritt gegen den FC Liverpool. Jürgen Klopps Rückkehr an die Stätte seiner großen Erfolge elektrisiert die Massen, sein Nachfolger Thomas Tuchel musste mit Nachdruck darauf hinweisen, dass nebenbei auch noch der Alltag zu bewältigen war. Mit Erfolg, den Spielern gelang es, den Höhepunkt am Donnerstag für 90 Minuten zu verdrängen. "Wäre Liverpool schon bei uns in den Köpfen gewesen, hätten wir das Spiel nicht drehen können", sagte Außenverteidiger Marcel Schmelzer. Über das Spiel gegen Bremen sagte er: "Es war schon sehr komisch. Bremen hat es uns nicht einfach gemacht, aber wir haben uns auch nicht so gut angestellt. Wir sind schwer ins Spiel gekommen, aber am Ende haben wir das Spiel verdient gewonnen."

Werder musste bei der Dienstfahrt ins Ruhrgebiet schweren Herzens auf Stürmer Claudio Pizarro verzichten, er hatte sich beim Länderspiel Perus gegen Uruguay eine schmerzhafte Beckenprellung zugezogen. Beim BVB erhielt Kapitän Mats Hummels eine Pause, während mit Sokratis der zweite etatmäßige Innenverteidiger mit einer Bronchitis passen musste. An den Kräfteverhältnissen änderte das wenig. Die Borussia übernahm vom Anpfiff weg das Kommando, kontrollierte das Spiel, ohne zu brillieren.

Dortmund ist die Champions-League-Teilnahme sicher

Das Spiel blieb auch Anfang der zweiten Hälfte eine zähe Angelegenheit, bis Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang in der 53. Minute auf und davon zog und mit einem geschickten Heber sein 23. Saisontor erzielte. Das Tor war der Startschuss für turbulente 30 Minuten, in denen es drunter und drüber ging. Vier Tore in der Schlussphase machten aus einem zuvor nicht gerade aufregenden Bundesligakick ein echtes Spektakel. Werder drehte durch die Treffer von Galvez und Junuzovic völlig überraschend das Spiel, der BVB schüttelte sich und schlug durch die eingewechselten Kagawa und Ramos zurück. Es war wie eine irre Achterbahnfahrt, die auch Ex-Trainer Klopp richtig gefallen hätte. "Der Rückstand war für uns ein kurzer Schock", analysierte Mittelfeldspieler Julian Weigl, "aber wir haben die perfekte Antwort gegeben."

Bereits sechs Spieltage vor Schluss hat sich der BVB die Rückkehr in die Champions League gesichert. Man kann trefflich darüber diskutieren, ob diese allzu frühe Entscheidung in erster Linie der Dortmunder Klasse zuzuschreiben ist oder der mangelnden Qualität der 16 Klubs, die den FC Bayern und die Borussia nur noch mit dem Fernglas wahrnehmen können.

67 Punkte, eine solch formidable Ausbeute hat in früheren Spielzeiten schon zum Gewinn der Meisterschaft gereicht - wohlgemerkt nach 34 Spieltagen. Wenn alles normal läuft, müssen sie sich in Dortmund diese Saison damit trösten, der beste Zweite der Bundesligahistorie zu sein, weil die Bayern eben noch einen Tick erfolgreicher agieren. Trainer Thomas Tuchel kann damit leben und freute sich vor allem, dass es gegen Werder noch zum Sieg gereicht hatte, "obwohl ich so viel Spannung nicht gebraucht hätte. Aber über die Reaktion meiner Mannschaft bin ich sehr froh. Wir haben eine gute Mentalität und große Qualität gezeigt", sagte er.

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