Süddeutsche Zeitung

Bundesliga:Frankfurt eilt dem BVB davon

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Kurz vor Schluss bringt Eintracht Frankfurt gegen den BVB einen Konter ins Ziel und gewinnt 2:1. Schalke trifft immerhin, Wolfsburg kann für die Königsklasse planen. Das Wichtigste zum Spieltag.

Von Tim Brack und Martin Schneider

Borussia Dortmund - Eintracht Frankfurt 1:2 (1:1), Tore: 0:1 Nico Schulz (11., Eigentor), 1:1 Mats Hummels (45.), 1:2 Andre Silva (87.)

Wie wichtig das Duell mit Eintracht Frankfurt für Borussia Dortmund war, zeichnete sich schon in den Interviews vor Anpfiff ab. BVB-Trainer Edin Terzic wollte sich nicht in seinen Matchplan spähen lassen, übte sich in favresker Verschleierung bezüglich seiner Ausrichtung. Die Geheimhaltungsstufe rechtfertigte sich durch die brisante Tabellenkonstellation: Mit einem Sieg hatten die Dortmunder die Chance, bis auf einen Punkt an die Eintracht heranzurücken, den ersehnten Champions-League-Platz in Griffweite. Doch das Vorhaben misslang - gewaltig. 1:2 (1:1) verloren die Dortmunder. Die Aufholjagd ist per Notbremse gestoppt. Sieben Punkte beträgt nun der Rückstand auf Frankfurt. "Wir haben locker ein Dutzend gefährliche Situationen nicht gut ausgespielt. Wenn man realistisch ist, dürfte es sehr, sehr schwer werden mit Platz vier. Das wäre eine Katastrophe", sagte Mats Hummels nach dem Spiel.

Ein Teil von Terzics Geheimplan entfaltete sich so: Emre Can verteidigte in einer Viererkette rechts. Das war bedeutsam, weil auf dieser Seite der vielleicht formstärkste Frankfurter, Filip Kostic, wuselt. Can nahm ihn in der 11. Minute aber so ernst wie die Politik Ratschläge der Wissenschaft während der Pandemie. Kostic malte eines seiner Flankengemälde in die Luft. Um die Hereingabe stritten sich Frankfurts André Silva und der Dortmunder Nico Schulz. Der BVB-Profi setzte sich durch - beförderte den Ball mit einer Bogenlampe aber ins eigene Tor.

Bis zum Gegentor waren die Dortmunder gut im Spiel gewesen, hatten den Ball flott durch die eigenen Reihen laufen lassen und so verhindert, dass sich das gefürchtete "wilde Spiel" (Terzic) der Frankfurter entwickelte. Den Spielfaden nahmen der BVB der Eintracht erst wieder aus der Hand, als Erling Haaland zweimal vor dem Frankfurter Tor auftauchte (21./25.). Beide Male scheiterte der Stürmer aber. Silva vergab für Frankfurt ähnlich Hochkarätiges (15.). Mats Hummels traf dann nach einer Ecke von Marco Reus (45.), der nach seiner Verletzungspause wieder in der Startelf stand ebenso wie Raphael Guerreiro. Can hatte für die Reus-Ecke das falsche Timing, improvisierte aber geschickt und legte mit der Brust für Hummels vor, statt selbst zu köpfen.

Die gefährlichste Aktion nach dem Seitenwechsel gehörte dann wieder einem Verteidiger. Frankfurts Stefan Ilsanker köpfelte einen Freistoß ins Dortmunder Tor, stand aber im Abseits (66.). Zuvor hatten die Angreifer auf beiden Seiten zu wenig Konsequenz in ihre Abschlüsse gelegt. Auch Silvas Direktabnahme in der 73. Minute mangelte es an Genauigkeit ebenso wie der von Djibril Sow (79.). Für den Siegtreffer brauchte es wieder eine dieser Zauberflanken von Kostic. Diesmal köpfelte Silva nach einem Konter genauer und traf zum 2:1 (87.) Und Dortmund? Wille und Einsatz waren spürbar, doch die spielerischen Lösungen blieben verborgen. Zu viel war Zufällen geschuldet. Eine schmerzhafte Niederlage für Dortmund.

Bayer Leverkusen - FC Schalke 04 2:1 (1:0), Tore: 1:0 Lucas Alario (26.), 2:0 Patrik Schick (72.), 2:1 Klaas-Jan Huntelaar (81.)

Zwei Mannschaften, die vor der Länderspielpause kräftig durchgeschüttelt wurden. Leverkusen verlor 0:3 in Berlin, trennte sich von Trainer Peter Bosz, holte Hannes Wolf als Nachfolger und Rudi Völler kündigte auch noch seinen Abschied an. Und Schalke wird in dieser Saison eigentlich dauerhaft durchgeschüttelt, diesmal lag es am Hin und Her um Ralf Rangnick. Immerhin spielte Klaas-Jan Huntelaar zum ersten Mal von Beginn an.

Leverkusen, auf sechs Positionen verändert - unter anderem kehrte Lukas Hradecky ins Tor zurück -, erwischte den besseren Start. Lucas Alario traf nach guter Vorarbeit von Kerem Demirbay zum ersten Mal seit dem 21. Spieltag. In der 58. Minute erzielte dann Huntelaar einen Treffer - aus Abseitsposition. Patrik Schicks 2:0 schien in einer ereignisarmen Partie dann der sogenannte Deckel auf dem Topf zu sein, doch Huntelaar traf im Stile eines Klasse-Stürmers zum ersten Treffer unter Dimitrios Grammozis. Hoffnung? Nur kurz. Schalke kann weiter unter dem neuen Sportvorstand Peter Knäbel für die zweite Liga planen.

FSV Mainz 05 - Arminia Bielefeld 1:1 (0:0), Tore: Daniel Brosinski (56., Foulelfmeter), 1:1 Andreas Voglsammer (76.)

Ein sogenanntes Abstiegsendspiel, wobei es für Mainz ein bisschen endspieliger war als für Bielefeld. Die Tabelle sagt erst einmal etwas anderes, aber Mainz muss an den Spieltagen 31 bis 34 gegen Bayern, Frankfurt, Dortmund und Wolfsburg antreten - da kann man nicht mehr mit einer Punkteflut rechnen. Und Mainz startete stark in die Partie: Guten bis sehr guten Chancen von Jean-Paul Boetius, Leandro Barreiro, Robert Glatzel und wieder Barreiro stand nur ein Kopfball von Andreas Voglsammer gegenüber.

Deswegen war es vom Spielverlauf her schon in Ordnung, dass Daniel Brosinski einen Elfmeter zur Führung verwandelte - gegen den gut reagierenden Stefan Ortega musste er aber auch höchst platziert ins Eck treffen. Voglsammer schaffte es dann, einen Freistoß aus sehr guter Position zentral in die Mauer zu schaufeln - was aber nichts machte, weil er den anschließenden Volleynachschuss im Toreck unterbrachte. Ein Kunststück, das man selten sieht. Am Ende steht eine Punkteteilung, bei der man klassischerweise erst am Ende der Saison wissen wird, wem sie mehr nützt.

VfL Wolfsburg - 1. FC Köln 1:0 (0:0), Tor: 1:0 Josip Brekalo (69.)

Ein Spiel mit klaren Vorzeichen: Gute Abwehr auf der einen, schlechter Angriff auf der anderen Seite - aber wie das im Fußball manchmal so ist, kommt es genau umgekehrt. Wolfsburg hatte schlicht Glück, nicht schon nach 15 Minuten hinten zu liegen - Jonas Hector grätschte den Ball an die Latte, es war nur die beste von vielen Kölner Chancen. VfL-Trainer Oliver Glasner war sauer wie selten. Immerhin schaffte es sein Team, das Spiel irgendwann zu beruhigen, Schlager hatte noch vorm Halbzeitpfiff eine gute Gelegenheit.

Aber wie das so ist, wenn man vorne die Chancen nicht macht... in der 69. Minute wühlte sich Wout Weghorst vor dem Kölner Strafraum durch, der Ball kam zu Josip Brekalo, sein Schuss ging abgefälscht ins Tor. Angesichts des Spielverlaufs bitter für den 1. FC Köln, der weiter tief im Abstiegskampf steckt. Wolfsburg hört mit nun elf Punkten Vorsprung auf den BVB schon die ersten Akkorde der Champions-League-Hymne.

FC Augsburg - TSG Hoffenheim 2:1 (2:0), Tore: 1:0 Ruben Vargas (8.), 2:0 André Hahn (23.), 2:1 Robert Skov (86.)

Das Spiel begann und wurde letztlich durch zwei klassische Augsburg-Tore entschieden. Nummer eins: Ballgewinn tief in der eigenen Hälfte, mächtiger Sprint von Daniel Caligiuri, konsequenter Abschluss von Ruben Vargas, 1:0. Nummer zwei: Ballgewinn noch tiefer in der eigenen Hälfte (am eigenen Sechzehner), langer Schlag von Vargas, mächtiger Sprint von André Hahn, 2:0.

So komisch es sich anhört: Augsburg hat auf gewisse Art und Weise den Status einer Spitzenmannschaft erreicht: Jeder weiß, wie sie zu Hause spielen, aber fast jeder tappt in ihre Fallen. Die wieder von vielen Ausfällen (u. a. Andrej Kramaric) geplagten Hoffenheimer kamen nur noch durch einen sehenswerten Dropkick von Robert Skov zum Anschlusstreffer - 32 Punkte und der fast sichere Klassenverbleib sind der Lohn für das Team von Heiko Herrlich.

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