Bundesliga: Bremen - Wolfsburg:Die breite Brust

In der Nachspielzeit erzielt Werder Bremen den Ausgleich gegen den VfL Wolfsburg und bleibt auch im 21. Pflichtspiel in Folge ohne Niederlage.

Jürgen Schmieder

Die aktuelle Brustbreite von Torsten Frings ist nicht bekannt. Sie ist schwer zu bestimmen, weil Frings ohnehin einer ist, der beträchtliche Teile seines Körpergewichts in Brusthöhe trägt. Ohnehin scheint die Brust aller Bremer Spieler derzeit stetem Wachstum ausgesetzt zu sein - hatte die Mannschaft vor der Partie gegen den VfL Wolfsburg keines der 20 Pflichtspiele seit dem 8. August verloren.

Bundesliga: Bremen - Wolfsburg

Hugo Almeida nach seinem Treffer zum 1:1.

(Foto: Foto: Getty)

Es ist derzeit also nicht besonders einfach, durch zwei mit extrem breiter Brust ausgestattete Bremer Spieler hindurchzudribbeln. Edin Dzeko versuchte es in der 40. Minute dennoch, als er den Ball am rechten Strafraumeck bekam. Er umspielte gleichzeitig Sebastian Boenisch und Naldo, dann schoss er das Spielgerät an Per Mertesacker und Tim Wiese vorbei ins Tor. "Da haben wir uns einfach dumm angestellt, Dzeko ist nun einmal ein cleverer Spieler", urteilte Bremens Manager Klaus Allofs. Es war das 0:1 in diesem Spiel, das nach einer turbulenten Schlussphase 2:2 (0:1) endete.

Frings kehrte nach seiner Verletzung zurück in die Bremer Startelf, ansonsten vertraute Thomas Schaaf jenen Spielern, die in der Vorwoche beim SC Freiburg mit 6:0 gewannen. Wolfsburgs Trainer Armin Veh dagegen nahm vor allem in der Defensive zahlreiche Veränderungen vor. Fabian Johnson und Abdrea Barzagli sollten der zuletzt wackligen Abwehr Stabilität verleihen, davor agierten Makoto Hasebe und Christian Gentner gegen das spielstarke Bremer Mittelfeld.

In der ersten Halbzeit agierten die Bremer weitgehend so, wie es FC-Bayern-Trainer Louis van Gaal gerne von seiner Mannschaft sehen würde: Die Mannschaft dominierte die Partie, kombinierte sicher durchs Mittelfeld und kreierte in sicherem Abstand Torchancen. Hugo Almeida (5., 29.) scheiterte jedoch ebenso wie Naldo (34.) und Boenisch (37.). Einige Angriffe trugen die Bremer jedoch so vor, wie es van Gaal derzeit oft von seiner Mannschaft sehen muss: viele Querpässe, viele Rückpässe - und viele Fehlpässe. "Wir sind zwar dominant, müssen aber noch zwingender und genauer spielen", sagte Allofs in der Halbzeit.

Wolfsburg dagegen versuchte, in der Defensive die Räume eng zu machen - was sehr oft gelang - und bei Ballgewinn schnell nach vorne zu spielen - was nicht allzu oft gelang. In den ersten 40 Minuten gab es lediglich zwei Schüsse auf das Tor von Tim Wiese: Grafite (25.) scheiterte am Bremer Torhüter, Dzeko konnte ihn später nach seinem Durch-die-Brust-Dribbling überwinden. Es brauchte diese formidable Einzelleistung samt Tor von Dzeko, um die Partie wirklich zu eröffnen, weil die Bremer Angriffe danach schneller und durchdachter wurden - und den Wolfsburgern mehr Platz zum Kontern boten. Allein in den fünf Minuten bis zur Halbzeit gab es jeweils zwei Gelegenheiten.

Die zweite Halbzeit begann wie eine Kopie der ersten: Bremen inszenierte schöne Angriffe, ohne wirklich gefährliche Situationen zu kreieren. Vielmehr gab es einige Freistoßchancen. Die Mannschaft verfügt über eine schöne Bandbreite an Varianten, doch enden 98 Prozent der Freistöße damit, dass Naldo den Ball auf das gegnerische Tor wuchtet - und mit Diego Benaglio stand einer in diesem Tor, der mit darauf gewuchteten Bällen sehr gut zurecht kam.

In der 62. Minute jedoch war selbst Benaglio machtlos, was vor allem daran lag, dass der Ball nicht aus 25, sondern aus sieben Metern auf sein Tor gewuchtet wurde. Nachdem ein Kopfball von Naldo auf der Linie geklärt wurde, trudelte der Ball auf Almeida zu, der das Spielgerät mit einer Geschwindigkeit von 107 Stundenkilometern ins Tor schoss.

Nach dem Ausgleichstreffer bot sich den 35.000 Zuschauern eine Partie, die eher nach Handball aussah als nach Fußball. Die Wolfsburger Spieler versammelten sich um den eigenen Strafraum, bei Ballgewinn schwärmten fünf Spieler zum Tempogegenstoß aus. Einen dieser schnell vorgetragenen Konter verwertete Dzeko zum 2:1.

Die wütenden und Angriffe der Bremer - Naldo, Mertesacker und Wiese agierten als Mittelstürmer-Triumvirat - schienen zunächst ohne Erfolg zu bleiben. Dann jedoch trat das ein, was einer Mannschaft eben widerfährt, die mit der breitesten Brust der Bundesliga über das Spielfeld läuft. In der Nachspielzeit nickte Mertesacker einen Eckball zum 2:2-Endstand ein.

"Es waren zwei Fehler, die uns jeweils in Rückstand gebracht haben", sagte Frings nach dem Spiel, dessen Brustbreite immer noch nicht zu messen war. "Deshalb müssen wir am Ende mit dem Punkt zufrieden sein." Die Wolfsburger Spieler dagegen beschwerten sich, weil ihrer Meinung nach dem Ausgleichstreffer ein handspiel von Özil verausgegangen war. "So etwas macht das ganze Spiel kaputt, natürlich sind das zwei verlorene Punkte", sagte Dzeko.

Bei Werder Bremen gibt es keinen Spruch wie das bayerische "Mia san mia", auch wenn Manager Allofs in beinahe bajuwarischer Manier sagte: "Wir treten jedes Jahr an, um deutscher Meister zu werden. Nachdem wir das 2004 geschafft haben und bis auf vergangene Saison jedes Jahr in der Spitzengruppe mitgespielt haben, kann es für uns auch kein anderes Ziel geben." In Bremen gibt es ein Lied, das folgende Textzeile enthält: "In Bremen, in Bremen, da lässt sich's gut leben." Besonders mit einer Serie von 21 Spielen ohne Niederlage.

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