Mario Götze beim BVB:Gewissheit vor dem Spitzenspiel

Borussia Dortmund - Mario Götze

Wird Dortmund am Saisonende verlassen: Mario Götze.

(Foto: dpa)

Vor dem Duell gegen den FC Bayern verkünden die Dortmunder den Abschied von Mario Götze - und zeigen, dass sie zurecht ein Titelkandidat sind.

Von Milan Pavlovic

Nicht jedes Saisonspiel einer Spitzenmannschaft kann spektakulär sein, nicht einmal Borussia Dortmund schafft das. Einen Titelkandidaten erkennt man auch daran, dass er genau an solchen Tagen Effektivität über Schönheit stellt - und punktet. Genau deshalb war der eher farblos anmutende 2:0 (1:0)-Erfolg von Dortmund in Wolfsburg so wichtig: weil er eine Woche nach der Gala-Vorstellung gegen Schalke 04 (4:0) und drei Tage vor dem richtungsweisenden Duell gegen Bayern München dafür sorgte, dass der Rückstand auf den Rekordmeister nicht anwuchs. In der Rückrunde holten die Westfalen 27 von 30 möglichen Punkten, nur der FC Bayern ist in dieser Statistik noch erfolgreicher (28).

Und da Erfolg Recht gibt, konnten die Dortmunder entspannt vermelden, dass Mario Götze, 27, in der kommenden Saison nicht mehr zum Kader des Klubs gehören wird. "Wir sind übereingekommen, dass wir die Zusammenarbeit nach der Saison nicht fortsetzen werden", sagte BVB-Sportdirektor Michael Zorc dem TV-Sender Sky und bestätigte das, was schon lange erwartet wurde. Die Entscheidung habe man "gemeinsam getroffen", sagte Zorc in die Mikrofon-Stange des Senders: "Wir sind in einer Situation, die für beide Seiten nicht zufriedenstellend ist."

Überraschend kam das alles nicht, Götze spielt in den Überlegungen von Lucien Favre schon lange keine Rolle mehr - das war auch in Wolfsburg nicht anders. Auf dem Papier war die Ausgangssituation an diesem Samstag gespenstisch eindeutig. Wolfsburg mag derzeit zwar Tabellensechster sein, aber der VfL ist einer der Lieblingsgegner des BVB: Acht der vergangenen neun Duelle waren an die Schwarz-Gelben gegangen, mit 24:3 Toren.

Haalands Ausrutscher ermöglicht Guerreiro das Führungstor

Die soliden Niedersachsen wollten sich gegen die Bilanz stemmen, indem sie den Gästen die Lust am Zaubern raubten. Wout Weghorst ging sehr rustikal gegen Delaney vor (9.), Steffen stieg Dahoud auf den Schlappen (11.). Julian Brandt, Raphael Guerreiro, Thorgan Hazard und Erling Haaland, die Helden des Derbys, agierten freundlich formuliert unauffällig.

Doch just als man Wolfsburg dafür loben wollte, wie sie den Dortmunder Flow verhinderten - indem sie den Gästen den Ball überließen, aber die wichtigen Passwege abschnitten -, kam die Szene, die das Spiel veränderte. Julian Brandt, scheinbar abgemeldet an der Seitenlinie, öffnete die Situation mit einem feinen Außenristschnackler, Hakimi leitete den Ball an der Strafraumkante ebenfalls per Außenrist weiter nach rechts auf Hazard, dessen flache Hereingabe Guerreiro fand, der aus Mittelstürmerposition mühelos sein achtes Saisontor erzielte.

Es handelt sich hier nicht um einen Tippfehler, Erling Haaland war nicht an dem Tor beteiligt. Oder doch? Der Torjäger verfehlte die Chance, Hazards Hereingabe zu verwerten und stürzte. Erst das verhalf Guerreiro zu seinem Freiraum.

Ohne Hummels verändert sich das Spiel komplett

Allerspätestens nach dem Gegentor fiel auf, dass die Wolfsburger noch viel weniger Gefahr evozierten als die Gäste. Das lag zu einem großen Teil an Mats Hummels, der im Dortmunder Abwehrzentrum eine Aura der Unüberwindlichkeit verströmte. Just jener Hummels fehlte allerdings wegen Problemen mit der Achillessehne nach der Pause, woraufhin die Partie eine ganz neue Schlagrichtung erhielt. Wolfsburg presste, wirkte deutlich zielgerichteter und kam sogleich zu Chancen. Die beste bot sich Renato Steffen (48.), der nach einem Brandt-artigen Zuspiel allein vor Bürki auftauchte, doch der Linksschuss streifte nur die Oberkante der Latte

Dortmund büßte an Autorität ein. Sinnbildlich war der Ausrutscher, den sich Akanji im Fünfmeterraum leistete (61.). Eine Minute später scheiterte Steffen mit einer mutigen Volleyabnahme, Bürki faustete den Ball weg. Der BVB war nun häufiger mit allen elf Spielern in der eigenen Hälfte, manchmal sogar am eigenen Strafraum. Wer die Welt durch eine schwarz-gelbe Brille sieht, könnte behaupten, dies sei eine Übung gewesen für den Fall, dass der BVB am Dienstag gegen den FC Bayern eine Führung zu verteidigen hat. Neutrale Beobachter dürften allerdings unwidersprochen behaupten, dass Dortmund in dieser Phase die Kontrolle über die Partie entglitt. "Die erste Halbzeit haben wir sehr gut kontrolliert, aber das kann man nicht über 90 Minuten machen", gab Lucien Favre zu.

Ein traumhafter BVB-Konter bringt die Entscheidung

Aber noch einmal: Nicht jedes Spiel ist für die Ewigkeit gedacht - und der Dortmunder Angriff in der 78. Minute könnte sehr wohl in Saisonrückblicken auftauchen. Ein brillanter Konter, den Delaney, Haaland und Dahoud in der eigenen Hälfte initiiert hatten, erreichte an der Mittellinie den eingewechselten (inzwischen vollbärtigen) Youngster Jadon Sancho, der zunächst Steffen austanzte, den Ball anschließend mit hohem Tempo nach vorne trieb, dann die Übersicht (oder Frechheit) besaß, nicht auf Haaland abzuspielen, sondern nach rechts auf Hakimi, der seinerseits stramm flach ins entfernte Eck abschloss.

Für die Wolfsburger war das 0:2 ein harter Schlag - und der nächste folgte sogleich. Nach einem unauffällig wirkenden Zweikampf zwischen Manuel Akanji und dem eingewechselten Wolfsburger Felix Klaus wurde Schiedsrichter Daniel Siebert vom Videoassistenten an den Spielfeldrand gebeten. Dort sah der Referee in diversen Einstellungen, wie Klaus seinem Gegner aufs Bein stieg - nicht absichtlich, aber ruppig genug für einen Feldverweis.

Der Rest war besseres Auslaufen. Die Hoffnung auf eine baldige Genesung von Mats Hummels, dessen Einsatz gegen den FC Bayern aber nicht gefährdet sein soll. Und die Erkenntnis, dass Lucien Favre den bald scheidenden Mario Götze nicht einmal dann einwechselte, als die Partie in Wolfsburg entschieden war. Trotzdem behauptete Michael Zorc: "Mario ist ein richtig guter Junge. Und ich glaube, dass er in dieser Saison für uns noch wichtig wird." Vielleicht schon am Dienstag?

Zur SZ-Startseite
FC Bayern München - Eintracht Frankfurt

FC Bayern
:Fünf Tore und feinstes Wienerisch

In einem Stadion, in dem man nun auch jedes Kommando von David Alaba hört, schlägt der FC Bayern Frankfurt bis auf einen Hoppla-Moment überlegen mit 5:2 - und beginnt eine "ganz, ganz entscheidende Woche".

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: