Süddeutsche Zeitung

Bundesliga:Dortmund erfüllt die Wiedergutmachungs-Pflicht

Der BVB gewinnt das schwierige Auswärtsspiel bei Union Berlin überraschend souverän mit 3:0. Der Rückstand auf die Bayern reduziert sich auf sechs Punkte.

Von Javier Cáceres, Berlin

Borussia Dortmund hat die Hilfestellung des Ruhrpott-Nachbarn VfL Bochum genutzt und den Rückstand auf Tabellenführer Bayern München an der Spitze der Bundesliga verkürzt. 24 Stunden nach dem Coup der Bochumer gegen den Rekordmeister - und vor allem: genau eine Woche nach dem eigenen 2:5-Fiasko gegen Bayer Leverkusen - nahm der BVB die als beinahe uneinnehmbar geltende Heimstatt von Union Berlin ein. Durch einen weitgehend ungefährdeten 3:0 (2:0)-Sieg an der Alten Försterei festigten die Dortmunder ihren Status als sicherer Champions-League-Aspirant, die Distanz zu den Bayern reduzierte sich von neun auf sechs Punkte. Die Köpenicker hingegen rutschten vom vierten auf den sechsten Tabellenplatz ab - nach einem Duell von zwei auf unterschiedliche Weise verwitweten Mannschaften.

Der 1. FC Union hat in der Winterpause seinen Regisseur Max Kruse überraschend an den VfL Wolfsburg verloren (und dafür gutes Geld eingesteckt); Borussia Dortmund trat ohne Torjäger Erling Haaland an, der allerdings "nur" wegen muskulärer Probleme fehlte. Und: Beiden Mannschaften war gemein, dass sie in der Vorwoche Niederlagen hatten einstecken müssen. Die Dortmunder jedoch waren nach ihrem 2:5 in wesentlich dringlicherer Form unter Wiedergutmachungspflicht. Und sie kamen dieser Pflicht ohne Hast nach.

Torwart Luthe krabbelt Reus hinterher - ohne Aussicht auf Erfolg

"Jetzt ist es wichtig, dass wir den Sieg auch mal genießen. Dass wir den ganzen Frust, den wir uns beim letzten Spiel und unter der Woche aufgebaut haben, hier rauslassen konnten", sagte Dortmunds Kapitän Marco Reus. Die Bayern und die Meisterschaft wollte er aber nicht ins Visier nehmen. Im TV-Interview bei Dazn flehte er die Moderatorin fast schon an, das Titelthema auszulassen. "Jetzt nicht mehr die Frage stellen", sagte er und fügte später an: "Sofern wir nicht konstanter werden, ist das eh kein Thema."

Dem tief stehenden Defensivblock der Unioner begegneten die Dortmunder mit Urvertrauen in die Reißfestigkeit jenes Netzes, das sie in der Anfangsviertelstunde mit ihren Pässen knüpften. Das gab dem BVB eine Kontrolle über die Partie, aus der bei den erstbesten Gelegenheiten auch Wucht erwuchs.

In der 18. Minute trippelten sich die Dortmunder durch schicke Kurzpässe bis in den Strafraum der Berliner vor. Am Ende steckte Mo Dahoud den Ball auf Reus durch, der aus kurzer Distanz Unions Torwart Andreas Luthe überwand - 1:0. Der Modus Operandi beim Treffer zum 2:0, nur sieben Minuten später, hätte dann unterschiedlicher kaum sein können. Die Dortmunder lockten die Unioner aus der Deckung heraus, bis Verteidiger Dan-Axel Zagadou zu einem langen Pass auf den schnellen Angreifer Donyell Malen ansetzte. Der Niederländer ließ Verteidiger Robin Knoche hinter sich und ging im Duell mit Bastian Oczipka zu Boden. Der Ball aber landete vor den mitunter genialen Füßen von Reus. Diesmal zwang er Luthe per Körpertäuschung zu Boden. Der Keeper der Unioner krabbelte dem Nationalspieler noch hinterher, doch ohne jede Aussicht auf Erfolg. Reus schob ein (25.).

Auch danach ließ es Dortmund nicht an Seriosität mangeln. Nachdem Dahoud gegen Leverkusen als alleiniger defensiver Sechser im Mittelfeld noch viele kritische Blicke auf sich gezogen hatte, hielt er das Zentrum diesmal im Verbund mit Axel Witsel zusammen. Union mangelte es an Kreativität und damit an Gefahr. Erst nach gut einer halben Stunde tauchte ein Spieler der Heimelf vor Dortmunds Torwart Gregor Kobel auf. Nachdem Kruse-Ersatz Sven Michel den Ball am Strafraum mit der Brust auf den linken Außenbahnspieler Oczipka weitergeleitet hatte, scheiterte jener an dem sich geistesgegenwärtig in den Weg werfenden Kobel.

Nach der Pause schien Dortmund erstmals die Hoheit über das Stadion An der Alten Försterei zu entgleiten. Die Unioner drängten mit einiger Verve, jedoch ohne klare Ideen zu entwickeln. Wieder führte dann die erste gefährliche Szene vor dem Tor der Berliner zu einem Treffer. Jude Bellingham spielte sich bis an die Grundlinie durch und legte den Ball im Fünfmeterraum auf Malen, der es aber nur noch schaffte, Luthe anzuschießen. Den Abpraller brachte Raphaël Guerreiro jedoch im Tor unter (3:0/71.).

Danach gab es noch Aufregung wegen eines Tores für die Gastgeber, das vom Videoschiedsrichter kassiert wurde. Vor einem Kopfball, den der eingewechselte Kevin Möhwald im Tor versenkte, hatte Anthony Ujah seinen Gegenspieler Akanji mit dem Arm im Gesicht getroffen. Es war eine überharte und bürokratische Entscheidung, die ausschloss, dass noch ein verrücktes Finish möglich war.

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