VfL Bochum:Schon ziemlich hintendran

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Es hat wieder nicht geklappt: Bochums Patrick Osterhage (links) und Philipp Hofmann ärgern sich. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Der VfL Bochum kann zwar den Bundesliga-Minusrekord verhindern - ist in der Tabelle aber bereits abgeschlagen. Der Aushilfstrainer weiß selbst nicht, wie lange er bleiben darf.

Von Philipp Selldorf, Bochum

Steffen Baumgart benutzte ein Wort aus sehr alten "Sportschau"-Zeiten, um das Geschehen während des 1:1 zwischen dem VfL Bochum und dem 1. FC Köln zu beschreiben. "Rassig" sei das Spiel gewesen, sagte er, und wo immer das Wort herkommt, was immer es bedeutet: Der Kölner Trainer hatte es passend ausgedrückt. Es war ein Fußballabend mit nostalgischem Touch, was nicht bloß daran lag, dass das Bochumer Stadion an sich schon ein denkmalwürdiges Relikt aus dem vorigen Jahrhundert ist.

Beide Seiten bekämpften sich im Dauerregen mit ursprünglichen Mitteln, während die Fankurven Parolen von gestern sangen wie "Olé Blau-Weiß olé" oder "C'mon FC". Es war also ein Abend nach Baumgarts puristischem Geschmack, was er jedem Bochumer Spieler auch persönlich mitteilte. Alle erhielten einen Klaps oder eine Umarmung oder beides, aber richtig getröstet hat er sie damit nicht.

Der VfL war nah dran gewesen, nicht nur den ersten Punkt der Saison zu gewinnen, sondern gleich drei auf einmal. Zugleich war er sehr weit weg davon, eine Siegermannschaft darzustellen. Der Kölner Ausgleich fiel erst in der 88. Minute, doch er war das logische Ergebnis der konstanten Kölner Überlegenheit, derer sich die Bochumer auch ehrlich bewusst waren. "Köln hatte eine unfassbare Physis, für die wir keine Lösung hatten", bekannte VfL-Angreifer Gerrit Holtmann.

"Was immer der Verein entscheidet - wir werden es umsetzen", sagt Simon Zoller

"Extrem spielstark" fand sein Sturmpartner Simon Zoller den Gegner und buchte deshalb trotz des späten Schocks das Remis als "ordentlichen Punkt". Die FC-Elf habe "unheimlich viel Qualität - wir mussten sehr viel hinterherlaufen und verteidigen und am Ende fast noch froh sein, dass wir nicht noch verloren haben", stimmte auch der Bochumer Interimstrainer Heiko Butscher in den Tenor ein.

Trainer Heiko Butscher (Mitte) hätte fast den ersten Bochumer Sieg der Saison bejubeln dürfen. So wurde es nur der erste Punkt. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Aus Sicht der VfL-Fans müssen diese hymnischen Komplimente an die Gastmannschaft beunruhigend klingen, denn die Kölner haben in dieser Saison schon wesentlich besser gespielt. Konditionell waren sie den Bochumern nach vier englischen Wochen hintereinander in der Tat erstaunlich weit voraus. Aber mit der Herstellung von Torchancen taten sie sich schwer, Fehler machten sie serienweise. Der folgenschwerste geschah schon in der neunten Minute, als Timo Hübers und Benno Schmitz im Duett ein Eigentor, man darf fast sagen, "erzielten". Eigentore sind eine Kölner Spezialität in dieser Saison, eine Erklärung hat Baumgart dafür nicht: "Ich werde sie nicht finden und daher auch nicht suchen."

Auch Butscher wurde vom Kölner Coach zum Abschied herzlich umarmt. Wie oft er noch als Aushilfstrainer in den Genuss solcher kollegialen Gesten kommt, ist offen. "Ich sag's klipp und klar", sprach er - und verkündete dann, nicht zu wissen, wann er wieder abgelöst werde. Das Bochumer Management hat mit der Entlassung von Thomas Reis offenbar erst mal Tatsachen schaffen wollen. In der Mannschaft hat es dazu anscheinend unterschiedliche Ansichten gegeben. Zoller, einer der älteren VfLer, fand "die Woche mit Entlassung, Interimstrainer, Sinne schärfen nicht einfach". Einen kritischen Kommentar dazu versagte er sich demonstrativ: "Wir sind, waren und werden immer loyal sein gegenüber dem Verein. Was immer der Verein entscheidet - wir werden es umsetzen."

Das Unentschieden bewahrte die Bochumer davor, einen Bundesligarekord aufzustellen, den sie nicht haben wollten. Doch ein einzelner Punkt nach sieben Spielen zeigt die Not an. Die aktuelle Mannschaft hat im Offensivspiel und in der Deckungsarbeit deutliche Defizite gegenüber dem Aufsteigerteam, das sich aus dem Abstiegskampf weitgehend rauszuhalten verstand. Nun steckt man mittendrin und ist dabei schon ziemlich hintendran. Möglich, dass demnächst nicht nur altmodische, sondern auch wehmütige Lieder an der Castroper Straße angestimmt werden.

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