Bundesliga:Boateng ist der Meister der tausend Pässe

Jérôme Boateng beherrscht das Spiel gegen Hoffenheim, für Sandro Wagner wurde das Wort "ausgerechnet" erfunden, und Kingsley Coman ist ein Schwindelig-Spieler. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Martin Schneider

1 / 12

Sven Ulreich

FC Bayern Muenchen v TSG 1899 Hoffenheim - Bundesliga

Quelle: Matthias Hangst/Getty Images

Startete seinen Nachmittag, indem er einen Elfmeter hielt. Das ist für einen Torwart nicht so schlecht, aber weil seine Abwehr langsamer in den Sechzehner sprintete als Mark Uth, hatte er nach 180 Sekunden ein Gegentor kassiert. Hatte nach zwölf Minuten dann das zweite Gegentor im Kasten - aber auch da sollte man wohl die Schuld eher bei seinen Vorderleuten suchen, die Serge Gnabry aus zentraler Position einfach schießen ließen. Mal von der Tatsache, dass man als Bayern-Torwart eher selten zwei Gegentore fängt (zumal in einem Bundesliga-Heimspiel) erlebte er nach den beiden Gegentoren einen normalen Nachmittag. Bejubelte also fünf weitere Bayern-Tore.

2 / 12

Joshua Kimmich

-

Quelle: Günter Schiffmann/AFP

Startete seinen Nachmittag, indem er einen Elfmeter verursachte. Das ist für einen Abwehrspieler immer schlecht. Aber sein Rempler gegen Serge Gnabry konnte Schiedsrichter Manuel Gräfe wirklich nicht mehr als normalen Körperkontakt werten. Glich diesen Fehlstart aus, indem er fast den Anschlusstreffer erzielte. Das scheiterte nur an Robert Lewandowski, der noch seinen großen Zeh in Kimmichs Schuss hielt. Tat ansonsten auch alles, um seinen Rempler auszugleichen. Sammelte die meisten Ballkontakte und war vor allem im direkten Vergleich mit Arjen Robben der Dynamo auf der rechten Bayern-Seite.

3 / 12

Jérôme Boateng

Bayern München - 1899 Hoffenheim

Quelle: Sven Hoppe/dpa

Der Plan von Julian Nagelsmann war es, das Mittelfeld dichtzumachen und die Bayern in der Abwehr spielen zu lassen. Also: Jérôme Boateng machen zu lassen. Das war ein Fehler. Zog das Spiel aus der Abwehr auf. Wog ab, ob er den aufgedrehten Joshua Kimmich schickt, ob er die Verlagerung auf Coman spielt oder ob er die ganze nagelsmannsche Defensivstaffelung mit einem langen Pass überwinden soll. War für alle erkennbar der Chef auf dem Platz, der Herr der langen Pässe und der Stratege des Bayern-Spiels. Dass er dann auch noch ein Tor nach einer Robben-Ecke erzielte, in dem er sich durch die blaue Abwehr tankte - das passte zu seiner Leistung. Wenn das irgendwas damit zu tun hatte, dass er sich unter der Woche ein neues Tattoo in den Nacken stechen ließ, dann sollte der FC Bayern hoffen, dass er noch ein bisschen freie Körperfläche hat.

4 / 12

Niklas Süle

Bayern München - 1899 Hoffenheim

Quelle: Matthias Balk/dpa

Einer von vier Ex-Hoffenheimern im Kader der Münchner (er, Rudy, Wagner, Starke) und der, mit dem Pech, neben Boateng spielen zu müssen. Den direkten Vergleich musste er an diesem Tag verlieren. Aber nur, weil man nicht so gut spielt, wie Boateng, heißt das noch nicht, dass man schlecht spielt. Rettete zu Beginn der zweiten Halbzeit mit einer Last-Minute-Grätsche gegen Florian Grillitsch, sammelte noch einige andere gute Defensiv-Aktionen und bewies, warum er nun in München und nicht mehr Hoffenheim spielt. Blieb kurz vor Schluss nach einem Zweikampf mit Steven Zuber in der Coaching-Zone direkt vor Julian Nagelsmann liegen - der seinem Ex-Spieler liebevoll die breite Schulter tätschelte.

5 / 12

David Alaba

Bayern München - 1899 Hoffenheim

Quelle: Matthias Balk/dpa

Hatte seinen Weitschusstag. Schoss nach 54 Sekunden einfach mal aufs Tor, Oliver Baumann reagierte. Musste dann in der 37. Minute Schiedsrichter Gräfe umkurven, um dann mit dem rechten Fuß (!) zu schießen - das war eine Herausforderung zu viel. Kurz vor der Pause versuchte er es dann mit einem Halb-Drop-Kick - der ging weit vorbei. War beim Schießen glücklos, sonst aber im Zusammenspiel mit Kingsley Coman stark. Setzte den jungen Franzosen so in Szene, dass der in seine Eins-gegen-Eins-Situationen kam.

6 / 12

Sebastian Rudy

FC Bayern Muenchen v TSG 1899 Hoffenheim - Bundesliga

Quelle: Matthias Hangst/Getty Images

Es war vielleicht ein gemeiner Zug von Julian Nagelsmann, dass er ausgerechnet Sebastian Rudy als Schwachstelle des Bayern-Spiels identifiziert hatte. Aber gut, er wusste ja, dass die Bayern im Mittelfeld stets mit einem defensiven Spieler (in dem Fall Rudy) und zwei offensiveren Spielern (an diesem Samstag Vidal und Tolisso) spielen. Hoffenheim spielte in der Anfangsphase jedenfalls oft so, dass es hieß: Zwei gegen Rudy. So fiel auch das zwischenzeitliche 2:0 als Tolisso und Rudy die Mitte nicht zubekamen und Gnabry einfach abzog. Spielte trotz des erhöhten Schwierigkeitsgrades gut, ist aber noch kein Javi Martínez, der das ganze defensive Mittelfeld stets alleine verteidigt.

7 / 12

Corentin Tolisso

Bundesliga - Bayern Munich vs TSG 1899 Hoffenheim

Quelle: Michaela Rehle/Reuters

Zuerst der positive Aspekt an seinem Spiel: Er lief viel. Zwischenzeitlich zeigte sein Kilometerzähler einen höheren Wert an als der von Dauerläufer Joshua Kimmich. Das zeigt: Tolisso war bemüht. Zwar sammelte er Meter, hatte aber kaum den Ball. Zur Halbzeit hatten nur Lewandowski, Arjen Robben und Sven Ulreich das Spielgerät seltener gesehen - das ist für einen Mittelfeldspieler kein gutes Zeichen. Spielte in den vergangenen Bundesliga-Spielen eine Minute lang (gegen Leverkusen) und null Minuten lang (gegen Bremen). Ist mit 41,5 Millionen Euro immer noch der teuerste Einkauf der Bundesliga-Geschichte und kämpft nach mittlerweile einem halben Jahr um seinen Stammplatz im zugegebenermaßen recht vollen Mittelfeld des FC Bayern. Zehrt von seinen zwei Toren im Champions-League-Spiel gegen Paris Saint-Germain. Sammelte an diesem Samstag keine Argumente für sich.

8 / 12

Arturo Vidal

Bundesliga - Bayern Munich vs TSG 1899 Hoffenheim

Quelle: Michaela Rehle/Reuters

Eine der unterschätzteren Eigenschaften von Arturo Vidal ist der zweite Ball. "Zweiten Ball" nennen Fußballer Bälle, die von der gegnerischen Abwehr abgewehrt wurden und um die man dann kämpfen muss. Arturo Vidal ist der König des zweiten Balles, er warf sich jedenfalls gegen Hoffenheim wahlweise mit dem Kopf zuerst oder mit dem gestreckten Bein zuerst in die Zweikämpfe. "Ich halte ihn für einen überragenden Spieler", sagte Jupp Heynckes unter der Woche, weil ja nicht klar ist, ob Vidal nach der Verpflichtung von Leon Goretzka noch beim FC Bayern bleibt. Tat gegen Hoffenheim eigentlich das, was er fast immer tut: Kompensierte Stellungsfehler und ungenaue Pässe durch spektakuläre Aktionen - unter anderem durch ein Kopfball - pardon - durch ein Irokesenball-Tor. Ist definitiv fitter als noch zu Beginn der Saison.

9 / 12

Arjen Robben

Bundesliga - Bayern Munich vs TSG 1899 Hoffenheim

Quelle: Michaela Rehle/Reuters

In der 55. Minute versuchte er das, was er schon sein ganzes Fußballer-Leben versucht. In die Mitte ziehen und abschließen. Klappte nicht. Ist nach seiner Verletzung noch nicht wieder in der Form, die er für sein explosives Spiel braucht. Er sucht das Tempo, aber im Moment hat er es noch nicht gefunden. Das fällt vor allem im direkten Vergleich mit Kingsley Coman (siehe dort) auf. Agierte unauffällig, hatte am Ende aber zwei Torvorlagen (die Ecken auf Boateng und Vidal) auf dem Arbeitszeugnis stehen. Ging in der 77. Minute für Rafinha.

10 / 12

Kingsley Coman

Bundesliga - Bayern Munich vs TSG 1899 Hoffenheim

Quelle: Michaela Rehle/Reuters

Würde man es technisch ausdrücken, dann könnte man sagen: Kingsley Coman kann seinen Schwerpunkt zügig verlagern. Flapsiger könnte man sagen: Coman ist ein Schwindelig-Spieler. In der 20. Minute schaffte es der FC Bayern, ihn in ein Duell mit Pavel Kaderabek zu schicken und Coman nahm Tempo auf, wackelte mit dem Oberkörper und weil Kaderabek versuchte, mitzuwackeln und da nicht mitkam, passte Coman in die Mitte und am Ende schoss dann Kimmich Lewandowski an und es stand 1:2. Wenn Coman Tempo aufnimmt, dann braucht der Gegner zwei Verteidiger, um ihn zu stoppen. Mindestens. Ermin Bicakcic senste ihn mal gelbwürdig um, aber auch das hielt ihn nicht auf. Manchmal baut er noch Anfänger-Fehler in sein Spiel ein - aber das ist bei seiner aktuellen Form verkraftbar. Franck Ribéry wird diesen Highspeed-Auftritt mit Unbehagen verfolgt haben.

11 / 12

Robert Lewandowski

-

Quelle: Günter Schiffmann/AFP

Das Schicksal von Robert Lewandowski ist es, allein gegen viele zu kämpfen. Da, wo er rumläuft, stand früher eine Viererkette an Verteidigern, heute steht da eine Fünferkette. Weil Lewandowski das aber weiß, hat er sich über die Jahre eine gewisse Wehrhaftigkeit angeeignet. In der Hinrunde sah man ihn häufiger, wie er mit der Zeit müde wurde, sich auch noch in den sechsten oder siebten Zweikampf gegen zwei Innenverteidiger-Kanten zu werfen. Jetzt, mit der Verpflichtung von Sandro Wagner und dem Ausbleiben von englischen Wochen scheint er die Kraft dafür wieder gefunden zu haben. Lief gegen Hoffenheim Wege, die er vor ein paar Wochen noch nicht gemacht hat und teilte Bodychecks gegen Ermin Bicakcic und Kevin Vogt aus, die er sich vor Kurzem noch gespart hätte und legte das 3:2 für Kingsley Coman mit einem Pass der Marke "Braucht man Spielübersicht für" vor. Stark verbesserte Leistung - und ein Tor, das schoss er natürlich auch noch.

12 / 12

Thomas Müller, Rafinha und Sandro Wagner

FC Bayern Muenchen v TSG 1899 Hoffenheim - Bundesliga

Quelle: Matthias Hangst/Getty Images

Ausgerechnet Sandro Wagner schoss dann natürlich noch ein Tor. Für solche Szenen wurde das Wort "ausgerechnet" erfunden und natürlich muss man es dann auch verwenden. In der 84. Minute kam Wagner für Joshua Kimmich - und klar, während Nils Petersen gegen Dortmund glänzte und irgendjemand auf die Idee kommen könnte, dass der ja auch einen deutschen Pass hat, schoss Sandro Wagner halt auch noch ein Tor. Müller und Rafinha waren auch ganz gut.

© SZ.de/chge
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: