Bundesliga:Bitte nur den FC Bayern, danke

FC Bayern Muenchen Trikot Presentation

Etwa 60 Millionen zahlt Adidas dem FC Bayern, damit die Spieler in den Trikots des Ausrüsters auflaufen.

(Foto: Nadine Rupp/Getty)
  • Adidas, Nike und Puma rüsten mittlerweile lieber medienpräsente Einzelathleten aus, anstatt mehrerer Bundesliga-Teams.
  • Ihr Fokus liegt auf international erfolgreichen Klubs und Sportlern mit vielen Social-Media-Fans.
  • Die Bundesliga wird dadurch bunter - doch gerade bei den Fans der einst gesponsorten Traditionsclubs kommt das Verhalten der Ausrüster nicht gut an.

Von Uwe Ritzer

Shane Kluivert ist ein aufgewecktes Kerlchen und ein großer Selbstdarsteller. Wenn der kleine Niederländer beim Fußball ein Tor geschossen hat, jubelt er mit theatralischen Gesten, und wenn der Junge vor der Kamera kocht, tut er dies mit selbstbewusster Lässigkeit. Seinen Videoclips auf Youtube und seinen Posts in sozialen Netzwerken folgt eine sechsstellige Zahl von Fans. Gründe genug für Nike, Shane, den Sohn des niederländischen Ex-Fußballprofis Patrick Kluivert, unter Vertrag zu nehmen - einen Neunjährigen.

Der größte Sportartikelhersteller der Welt wird Sponsor und Ausrüster eines Kindes - das ist noch bizarrer, als wenn sich die Fußballfirma eines Scheichs für 222 Millionen Euro den brasilianischen Kicker Neymar kauft. Den Superstar und das kleine Talent Shane eint nun, dass sie im selben Klub kicken, bei Paris Saint-Germain, und bei Nike unter Vertrag stehen.

Es ist ein ziemlich verrückter Sommer im Fußballgeschäft, bei dem manche Akteure mit Geld um sich werfen, als gäbe es kein Morgen. Naturgemäß mischen auch die großen Sportartikelhersteller kräftig mit, die allerdings stets betonen, ihre Ausgaben seien gezielte und damit sinnvolle Investments. Sie tragen allerdings auch immer mehr dazu bei, dass das wirtschaftliche Gefälle zwischen den Profivereinen immer größer wird. Das gilt mehr denn je für die Bundesliga, die am nächsten Wochenende in ihre neue Saison startet.

Etwa 60 Millionen Euro, mehr als doppelt so viel wie noch vor zwei Jahren, kassiert Bayern München pro Spielzeit von Adidas dafür, dass Neuer, Müller, Robben und Co. in Trikots und Hosen mit den für die Marke charakteristischen Drei Streifen auflaufen. Und sollten die Bayern Titel gewinnen, womöglich sogar die Champions League, legt der Konzern aus Herzogenaurach einiges drauf. Zum Vergleich: Dauerrivale Borussia Dortmund erhält von seinem Ausrüster Puma etwa 7,5 Millionen Euro. Die restlichen Erstligisten bewegen sich im mittleren bis unteren einstelligen Millionenbereich. In Liga zwei und drei sind viele Klubs schon froh, wenn ihr Ausrüster zu kostenlosen Spiel- und Trainingsklamotten noch ein fünf- oder sechsstelliges Euro-Sümmchen drauflegt.

Als globaler Konzern fördere man "globale Symbole", heißt es bei Adidas

Das Gefälle wird allein deshalb immer extremer, weil vor allem die beiden mit Abstand größten Sportartikelhersteller Nike und Adidas ihr Geld gezielt in Top-Vereine pumpen, die weltweit Fans haben. Klubs wie Real Madrid, Manchester United, Juventus Turin, Bayern München (alle Adidas), FC Barcelona, Chelsea, Manchester City oder Paris Saint-Germain (alle Nike) können sich über zuletzt extrem gestiegene Zuwendungen ihrer Ausrüster im hohen zweistelligen bis niedrigen dreistelligen Millionenbereich pro Jahr freuen.

"Wir sind ein globaler Konzern und dementsprechend konzentrieren wir uns auch auf große globale Symbole", sagt Adidas-Chef Kasper Rorsted. Das gilt auch für einzelne Spieler. Sie werben vor allem mit ihren Schuhen, etwa Cristiano Ronaldo mit jenen von Nike, Lionel Messi mit denen von Adidas. Dafür zahlen ihnen die Firmen Millionen, während manch solider Bundesliga-Durchschnittsprofi schon froh ist, wenn er seine Fußballschuhe umsonst und ein paar Tausend Euro obendrauf bekommt. Wertvoll macht einen Kicker für die Sportartikelfirmen nicht nur die Leistung auf dem Platz, sondern auch die Zahl seiner Fans in sozialen Netzwerken. Je mehr er in möglichst vielen Ländern hat, desto attraktiver wird er für Ausrüster.

Schalke und Leverkusen sind für Adidas uninteressant geworden

Refinanziert werden die Ausgaben zum Teil über Schuh- und vor allem Trikotverkäufe. Beim Blick auf die Bundesliga ist die Konzentration von Adidas etwa auf Bayern München rein wirtschaftlich betrachtet verständlich, werden von den Leibchen des Rekordmeisters doch mehr Exemplare verkauft als von denen aller Erst- und Zweitligisten zusammen. Die Hälfte davon übrigens ins Ausland. Am Rest der Bundesliga verliert Adidas jedoch erkennbar das Interesse, Heimatmarkt hin oder her.

Um die immer teureren Deals mit den Großen bezahlen zu können, wird bei den kleinen Klubs gespart. Längst vorbei sind die Zeiten, in denen Adidas 14 und der Herzogenauracher Lokalrivale Puma die restlichen vier Bundesligisten ausstattete. Der Rückzug von Adidas aus der Liga begann vor einem Jahr, als nach 40 Jahren die Zusammenarbeit mit Bayer Leverkusen auslief. Auch an Schalke 04 hat man in Herzogenaurach das Interesse verloren; ab der Saison 2018/19 werden die Königsblauen in Trikots und Hosen der britischen Marke Umbro auflaufen. Für kolportierte sechs Millionen Euro im Jahr; Adidas wäre Schalke nur noch 3,5 Millionen Euro wert gewesen. Und hätte nicht der dahinsiechende Hamburger SV einen langfristigen Vertrag - gut möglich, dass Adidas auch diese alte Bindung kappen würde. Dann bliebe nur noch der FC Bayern.

5 Millionen

Euro pro Saison lässt es sich Adidas bislang kosten, dass in der Bundesliga ausschließlich mit Bällen des fränkischen Unternehmens gekickt wird. Ab der Spielzeit 2018/19 wird jedoch gegen solche des Herstellers Derbystar getreten. Adidas wollte den Ausrüstervertrag nicht mehr verlängern und gab bei der Ausschreibung ebenso wenig ein Angebot ab wie Konkurrent Nike. Beim Ballspezialisten Derbystar freut man sich. In der Liga dürften die Gefühle gemischter sein. Denn der neue Partner zahlt dem Vernehmen nach nur mehr gut die Hälfte.

Die Bundesliga wird dadurch bunter. Noch nie tummelten sich hier mehr kleine Ausrüster wie Jako, Lotto oder Hummel, die normalerweise im Wettbieten mit Nike oder Adidas chancenlos sind. So aber stoßen sie in Lücken, die ihnen die Branchenführer überlassen. Bestes Beispiel ist der Spielball, den bisher Adidas stellt. Ab 2018/19 kommt er vom kleinen, aber feinen Ballspezialisten Derbystar; Adidas und Nike hatten kein Interesse. Das spricht nicht unbedingt für die Attraktivität der Liga.

Doch ob sich speziell Adidas als deutsche Firma einen Gefallen tut, bezweifeln Ligaexperten. Wer Traditionsklubs wie Schalke oder den Zweitligisten 1. FC Nürnberg, letzter ist immerhin in direkter Nachbarschaft zum Firmensitz in Herzogenaurach angesiedelt, nach Jahrzehnten links liegen lasse und sich nur noch global bewegen wolle, verliere an Bodenhaftung, sagen Kritiker. Das komme bei Fans und Amateurkickern nicht gut an.

Doch für Nike und Adidas ist Fußball nicht mehr nur ein Spiel auf Rasen, sondern verstärkt in sozialen Netzwerken. So postete Nike ein Foto, auf dem Shane Kluivert seinen Vertrag unterzeichnete. Alles Show. Denn mit seinen neun Jahren ist der Dreikäsehoch noch nicht geschäftsfähig.

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