Bundesliga:Bayerns ausgesprochen nützlicher Sieg

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Thiago feiert seinen Treffer zum 2:1. (Foto: Alex Grimm/Bongarts/Getty Images)
  • Der FC Bayern erkämpft sich ein 2:1 bei Mainz 05 und liegt in der Bundesliga nur noch zwei Punkte hinter Spitzenreiter Borussia Dortmund zurück.
  • Goretzka und Thiago treffen für die Münchner, Boëtius für Mainz.
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Von Christopher Gerards

Es kam der Moment, da wurde Thomas Müller ausgewechselt. In der 84. Minute war das. Rafinha durfte nun spielen, und Müller schlich Richtung Ersatzbank. Das ist ja oft ein kritischer Moment, ein Moment der vollen Ausleuchtung: Wie reagiert der ausgewechselte Spieler, wenn er seinem Trainer begegnet? Wie reagiert der Trainer, der seinen Spieler hinausnimmt? Zumal dieser Spieler ja Thomas Müller war, jener verdiente Allesgewinner, der zuletzt kein Allesspieler mehr war.

Die 84. Minute also. Müller fuhr den linken Arm raus, keine größeren Reaktionen. Sein Trainer Niko Kovac holte weiter aus als üblich, er schlug ein, energischer als üblich, er lächelte. Alles an ihm sagte: Super! Thomas Müller hatte kein Tor gemacht, er hatte okay gespielt. Aber er hatte ja dabei geholfen, dass der FC Bayern dieses Spiel gewinnen konnte.

2:1 (1:0) siegten die Münchner, es war der dritte Sieg in Folge. Es war der Sieg einer Mannschaft, die wirklich kämpfen musste um diese drei Punkte. Und es war ein ausgesprochen nützlicher Sieg.

Druck aufbauen auf den BVB: Dieses Ziel hatte Kovac vor dem Spiel ausgerufen. "Wir müssen sehen, dass wir unsere Spiele gewinnen, um bis zum Spiel in Dortmund dranzubleiben und dann vielleicht die Chance zu nutzen, vorbeizuziehen", sagte er. Aber wie viel Druck würde dieser Tabellenvierte FC Bayern aufbauen können auf den Tabellenführer? Die Antwort: mehr als zuletzt. Der BVB spielte ja nur 2:2 gegen Hertha BSC, und plötzlich ist der FC Bayern nur noch zwei Punkte hinter den Dortmundern.

Thiagos erster Treffer zählt nicht

Müller beginnt, Boateng sitzt auf der Bank: Das waren die größten Aufstellungs-Nachrichten vor diesem Spiel, aber sie wurden dann bald ersetzt durch eine neue Nachricht. Mats Hummels verletzte sich bei einem Sprint beim Warmlaufen. Also spielte Boateng doch. Hinter Leon Goretzka übrigens, der James in der Startelf ersetzte. Noch ein Stückchen weiter hinter Serge Gnabry, der schon zum dritten Mal in Folge in der Startelf stand. Und neben David Alaba, der beim Champions-League-Kick in Athen am Dienstag (2:0) noch ausgefallen war.

Es war dann Alaba, dem die erste auffällige Szene gehörte, allerdings war es keine, auf die er besonders stolz gewesen sein wird. Aus 20, 25 Metern bolzte er einen Freistoß derart weit auf die Tribüne, dass von derselben "Hey"-Rufe zurückkamen. Kurz darauf versuchte sich Jérôme Boateng mit einem Distanzschuss, und spätestens da zeigte sich: Die Bayern dominierten, natürlich. Aber wie schon in Athen mangelte es in diesen ersten Minuten an entscheidenden Pässen in die Lücke, wahlweise stand auch schlichtweg ein Mainzer im Weg.

Es waren unterschiedliche Signale, die der FC Bayern sendete über das eigene Vermögen in dieser Saisonphase. Da waren die Diagonalpässe, ein beliebtes Mittel der Vorjahre. Boateng versuchte sie, Niklas Süle versuchte sie. Aber dann kam es oft wie in der 18. Minute: Der Ball, diesmal von Boateng gespielt, flog in Richtung von Joshua Kimmich, hinaus auf den rechten Flügel. Kimmich sprang hoch, aber nicht hoch genug, um den Ball zu kontrollieren. Er rettete ihn gerade noch vor dem Seitenaus. Aber im Ballbesitz war nun: Mainz 05.

Einiges klappte nicht beim FC Bayern. Flanken, die zum Torwart flogen. Konter, die unsauber zu Ende gespielt wurden. Ballannahmen, die missglückten. Aber anderes klappte dann schon.

Nach 20 Minuten kam der FC Bayern dem 1:0 erstmals relativ nahe. David Alaba hatte von links geflankt, und der Mainzer Torwart Florian Müller konnte den Ball nicht richtig fangen. Hinter ihm rauschte der Ball dem herangelaufenen Thomas Müller noch durch die Beine. Die 27. Minute, Lewandowski dribbelte im Strafraum, er sah Joshua Kimmich, er passte, Kimmich schoss - an die Latte. Die 31. Minute, Gestocher im Strafraum, der Ball flog raus zu Serge Gnabry, kurze Flanke in die Mitte. Dort stand Thiago und traf mit links. Zumindest traf er solange, bis Schiedsrichter Harm Osmers sich die Szene nochmal ansah und schließlich auf Freistoß für Mainz entschied: Lewandowski hatte den Mainzer Malong Kunde am Fuß getroffen, bevor der Ball zu Gnabry gekommen war. Also: kein Tor. Weiter Nullnull.

Es war übrigens Kunde, der kurz darauf die beste Mainzer Chance hatte: Allein lief er aufs Bayern-Tor zu, sein Schuss flog dann knapp links vorbei (37.). Und dann: setzte der FC Bayern wieder einem Diagonalpass an. Diesmal sollte er gelingen. Auf der linken Seite lief David Alaba mit dem Ball, nahe der Mittellinie, und er tat das, was sich oft eignet, um einen gut stehenden Gegner, der Mainz in diesem Bundesligaspiel definitiv war, zu überspielen. Er flankte von der linken Seite, weit nach vorne, weit nach rechts, wo Joshua Kimmich den Ball annahm, in die Mitte flankte - und wo Leon Goretzka sich in den Ball warf. 1:0 durch einen Seitfallzieher. Jubel beim FC Bayern. Erhöhter Druck auf den BVB.

13:1 lautete die Torschussbilanz zur Pause, der FC Bayern war sehr überlegen, aber schon Minuten nach der Halbzeit nutzte das nicht mehr allzu viel. Eine andere Statistik war wichtiger geworden, sie maß die Zahl der Tore. Und sie sagte in der 48. Minute plötzlich: 1:1. Gerade hatte der Mainzer Brosinski einen Einwurf ausgeführt, er hatte den Ball zurückbekommen und dann in den Strafraum des FC Bayern geflankt. Dort war der Ball zu Jean-Paul Boëtius gekommen, Joshua Kimmich konnte es nicht mehr verhindern. Boëtius hielt den Fuß hin, der Ausgleich. Manuel Neuer schrie, er donnerte den Ball auf den Boden. Es war ein Tor, das hätte verhindert werden können. Es war dennoch ein Tor, das das Spiel nicht entschied.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Müller setzt Zeichen

Der Offensivspieler kickt von Anfang an - und ist engagiert. In der Innenverteidigung deutet sich eine neue Rollenverteilung an. Und ohne Thiago geht nix. Der FC Bayern beim 2:1 in Mainz in der Einzelkritik.

Von Martin Schneider, Mainz

Süle rennt ganz alleine auf den Torhüter zu - und scheitert

Der FC Bayern ist in diesen Tagen keine Mannschaft mehr, die, wenn's nicht läuft, einfach mal den Ball raus spielt auf Arjen Robben und Franck Ribéry, und die machen dann schon was. Am Samstag lag das unter anderem daran, dass keiner der beiden von Anfang spielte. Robben war gesperrt, Ribéry kam erst nach 57 Minuten für Gnabry. Dass es die Bayern dann aber bald jubeln durften, lag nicht an Ribéry, sondern in erster Instanz am eingewechselten Renato Sanches, er hatte den Ball erobert. Passte ihn auf Robert Lewandowski, der aus der Position eines Außenangreifers von rechts flach in die Mitte passte, wo Thiago in den Ball rutschte und traf (62.).

Nur vereinzelt wurde der FC Bayern danach noch richtig gefährlich, etwa als Javi Martínez nach 77 Minuten an den Pfosten schoss. Oder als Niklas Süle fast über den ganzen Platz gelaufen war und erst scheiterte, als er den Ball an Torwart Müller vorbeispielen wollte (79.). Es blieb beim 2:1. Und Kovac hatte am Ende dieses Tages noch mehr Gelegenheiten zum Abklatschen.

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