Bundesliga:Bayern zwingt Wolfsburg in die Opferrolle

VfL Wolfsburg v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

Douglas Costa wurde diesmal ausgewechselt. Trotzdem gewannen die Münchner 2:0 in Wolfsburg.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Von Jonas Beckenkamp

Über die Ausgehkultur der Stadt Wolfsburg haben Nachtleben-Chroniker bisher nur wenig in Erfahrung gebracht und wenn man so will, ist das für den FC Bayern eine gute Sache. Heimlich aus dem Hotel ausgebüchst ist diesmal niemand - in einer Stadt, die Gerüchten zufolge nicht einmal über einen Rathausbalkon verfügt, waren die Optionen wohl zu spärlich. Aus disziplinarischer Sicht haben die Münchner sich anders als in Turin (Arturo Vidal! Franck Ribéry! David Alaba!) also am Riemen gerissen bei ihrem Besuch in Ost-Niedersachsen.

Und es ist ihnen sogar gelungen, ein besseres Eregbnis mit nach Hause zu nehmen. Beim 2:0 (0:0) gegen den VfL nutzten Kingsley Coman und Robert Lewandowski zwei Momente Wolfsburger Verwirrung (66. und 74. Minute) - und bescherten ihrem Team vor 30.000 Zuschauern einen Erfolg aus der Kategorie "Hauptsache gewonnen". Dass sich der Vortrag der Münchner phasenweise nicht immer souverän gestaltete und der VfL zwischendrin durchaus widerspenstig wirkte, dürfte bald vergessen sein.

Guardiola setzt auf Alonso und Coman. Götze bleibt draußen

An seiner Anfangsformation schraubte Trainer Pep Guardiola natürlich auch diesmal wieder herum - allein die Genesung von Mario Götze ignorierte er zunächst und ließ den Weltmeister das ganze Spiel auf der Bank. Dorthin gesellten sich auch Thiago und Vidal, an deren Stelle Xabi Alonso (zentral) sowie Coman (außen) auf den Rasen durften. Den Notverbund in der Defensive bildeten nach Guardiolas beinahe abwehrlosen Tüftelspielchen bei Juventus zumindest auf dem Papier vier Menschen mit Bayern-Emblem auf der Brust: Juan Bernat, Alaba, Joshua Kimmich und Philipp Lahm.

Auf dem Feld zeigte sich aber schnell: Die "wichtigsten Wochen der Saison" (Guardiola) bestreiten die Bayern weiter im Experimentiermodus. Wie schon in Turin war von einer echten Verteidigung wenig zu sehen - zwischen "Abwehr" und Mittelfeld blieben meist nur wenige Meter Platz, so hoch standen die Spieler des Meisters. Bei frühen Schuss-Chancen von Douglas Costa und Alonso war der Wolfsburger Strafraum entsprechend von bis zu sieben Münchnern bevölkert. Die Frage, ob Guardiola auch dem VfL mit maximaler Offensive die Luft abschnüren wollte, war also mit einem krachenden "Ja" beantwortet.

Anstatt mit den durchaus fähigen Tempotypen Max Kruse oder Julian Draxler zu kontern, ergab sich der VfL in einer ähnlichen Opferrolle wie zuletzt Juventus in der ersten Halbzeit des Champions-League-Achtelfinales: Abwarten und bloß weg mit der Kugel! Das Problem: Die Bayern drängten unentwegt nach vorne, sie frönten ihrer Sucht nach Ballbesitz, so dass Wolfsburg in der eigenen Hälfte ein arges Verkehrschaos erlebte. Entlastung erkämpften sich Dieter Heckings Männer erst, als sie mehr Mut entwickelten und es doch mal mit Fußballspielen versuchten. Kruse und Naldo schossen Manuel Neuer aus der Ferne genau in die Arme, kurz vor der Pause verzog Marcel Schäfer mit Links nur knapp - diesmal aus sechs Metern.

Guardiola muss sich ärgern

Guardiola gefiel der schleichende Kontrollverlust seiner Elf gar nicht, es gab dafür eigentlich auch keinen Grund - außer immer bissigere Wolfsburger. Der Bayern-Coach beorderte den Spiellenker Thiago für Costa auf den Rasen, doch mit zunehmender Spielzeit verflachte das Münchner Anrennen. Ein Überfallangriff über Lahm, Müller und Lewandowski sorgte schließlich wieder für Wallungen, aber der Pole zielte in Richtung Autobahnkreuz Königslutter. Als Ribéry für Arjen Robben herein kam, erhöhte sich der Bayern-Druck noch einmal - die etwas fahrige Partie gewann dadurch an Unterhaltungswert.

SZ Sport am Wochenende Bild

Und dann wurde es richtig interessant: Erst musste Neuer bei einem Volleyschuss von Draxler einen auf Handballkeeper machen (65.), ehe sich beinahe im Gegenzug die entscheidende Szene des Nachmittags ereignete. Ribérys Fummelei brachte Lewandowski am Wolfsburger Sechzehner in Position, der Schuss des Stürmers prallte von Naldos Bein ab und trudelte in die Höhe - weil sich keiner für die Kerze verantwortlich fühlte, preschte Coman heran und verwandelte mit dem Innenrist direkt zum 0:1 (66.). Die Bayern hatten nach starkem Beginn ungewöhnlich viel zugelassen - und lagen trotzdem vorne.

Zwei Franzosen retten das Münchner Spiel am Ende

Beschwingt von der Führung lösten die Bayern nun auch andere Schwierigkeiten. Sie verlagerten ihre Bemühen in die Breite, spielten über außen und kamen verdient zum 2:0, als Coman von rechts in die Mitte flankte, Ribéry erneut erfolgreich fummelte (diesmal legte er mit der Brust ab) und Lewandowski mit einem Kullerball per Außenrist vollendete (Saisontor Nummer 23, 74.). Die Einwechslung des einen Franzosen hatte sich also doppelt gelohnt und auch der andere Franzose, Coman, verdiente sich mit seiner elften Torbeteiligung in dieser Saison ein paar Fleißpunkte bei Guardiola.

So endete der Betriebsausflug in die VW-Stadt ohne weitere Zwischenfälle - das war ja auch schon mal anders: Vor über einem Jahr hatten die Bayern hier noch 1:4 gegen den VfL De Bruyne verloren.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: