Bundesliga:Bayern findet Alonsos Nachfolger dahoam

Bayern Muenchen v Werder Bremen - Bundesliga

Nachfolger gesucht: Xabi Alonso, 35, beendet im Sommer seine Karriere.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Die Münchner wollen die drohende Lücke im Mittelfeld mit internen Rochaden schließen. Davon könnten vor allem Javi Martínez und Thomas Müller profitieren.

Von Christof Kneer

Eine Partneranzeige werden sie beim FC Bayern nicht aufgeben, auch nicht beim vermutlich zuständigen Fachportal Elitemittelfeldspieler.com. Die Bayern wissen zwar jetzt schon, dass sie im Sommer schmerzhaft verlassen werden, aber sie wissen auch, dass sie sowieso keinen neuen Partner finden würden, der dem alten gleicht. Warum also Geld und Zeit in eine Anzeige investieren, in der Interesse an einer ernsthaften Beziehung mit einem lässigen und gleichzeitig grundanständigen Typen geheuchelt wird, dessen Hobbys Charisma und Diagonalpässe sind? Nein, Xabi Alonso ist nicht zu ersetzen. Wer von ihm verlassen wird, muss sich anders trösten, und er darf vielleicht sogar ein bisschen stolz sein dabei.

Es war schön, ihn gehabt zu haben.

Xabi Alonso, 35, hat in dieser Woche angekündigt, dass er seine große Fußballkarriere im Sommer beenden wird. Diese Karriere ist so groß, dass sie sich über die branchenüblichen Kriterien längst erhoben hat, die ritualisierte Logik dieser Sportart funktioniert bei Alonso nicht mehr. Normalerweise geht die Logik so: Okay, wir haben einen Spieler zu ersetzen, dessen Qualitäten diese und jene waren, und jetzt suchen wir uns einen Jüngeren, der ebenfalls dieses und jenes beherrscht und im Idealfall etwas weniger kostspielig im Unterhalt ist.

Es gibt aber eben keinen jungen Alonso, genauso wenig, wie es einen jungen Philipp Lahm gibt. Deshalb favorisieren die Bayern eine ungewöhnliche Methode, mit den Verlusten umzugehen. Sie suchen keine Nachfolger, sondern haben sie - wenigstens im Fall Alonso - schon gefunden. Dahoam. In den eigenen vier Kaderwänden.

Weil Niklas Süle kommt, wird Martínez fürs Mittelfeld frei

Kaderplanung ist zu einer dem Architekturstudium ähnlichen wissenschaftlichen Disziplin geworden, und eine Erkenntnis setzt sich dabei zunehmend durch: Es geht nicht immer nur banal darum, einen Spieler durch einen anderen Spieler zu ersetzen; es geht um die Gesamtarchitektur eines Kaders, es geht um Statik und Balance - und eine Analyse des Bayern-Kaders ergibt, dass für Statik und Balance nicht zwingend ein in Würde langsamer gewordener Mittelfeldspieler nötig ist, dessen Hobby Diagonalpässe sind.

Xabi Alonso ist die Kür im aktuellen Aufgebot des FC Bayern, er ist immer noch wichtig, aber er ist wichtig, weil er Xabi Alonso ist. Die Ausstrahlung und die Erfahrung eines Mannes, der sämtliche Weltmeere bereist hat, tun dem Bayern-Kader gut, aber sie sind keine conditio sine qua non, wie der Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge das ausdrücken würde.

Fürs zentrale defensive Mittelfeld, Alonsos Position seit anderthalb Jahrzehnten, wird der FC Bayern im Sommer wohl keinen Spieler mehr holen. Der Hoffenheimer Sebastian Rudy, 27, steht als ablösefreier Zugang seit Wochen fest, und gemäß der aktuellen Planungen könnte er sich mit Joshua Kimmich, 22, und dem immer noch sehr jungen Portugiesen Renato Sanches, 19, um die Rolle des edelsten Ersatzmannes für diese Position streiten.

Martínez könnte kommende Saison eine Art Zwitterexistenz führen

Denn für die zwei Stammplätze auf der sogenannten Doppelsechs werden die Bayern auch kommende Saison zweieinhalb Lizenzspieler beschäftigen: den Chilenen Arturo Vidal sowie die beiden Spanier Thiago und Javi Martínez - der eine (Thiago) könnte künftig häufiger eine Position nach hinten rücken; und der andere (Martínez) häufiger eine Position nach vorne.

Gerade in den großen Spielen gegen die großen Gegner könnte Martínez wieder in jener Rolle landen, für die ihn die Münchner einst unter Zuhilfenahme einer Rekordablöse von 40 Millionen Euro angeworben haben. Martínez könnte kommende Saison eine Art Zwitterexistenz führen: als Spezialkraft für Innenverteidigung und defensives Mittelfeld - mit Tendenz zum Mittelfeld, zumal Bayerns Kaderplaner ihren Stammverteidigern Jérôme Boateng und Mats Hummels einen weiteren teuren Back-up ins Kreuz gestellt haben. Gemeinsam mit Rudy kommt ja auch Niklas Süle, 21, aus Hoffenheim.

Auch Lahms Abschied könnten die Bayern mit internen Rochaden auffangen

Dank der komplexen Kaderstruktur in einem modernen Spitzenteam könnten zwei Spieler von Alonsos Abschied profitieren, deren Spiel präzise das Gegenteil von Alonsos Spiel ist. Javi Martínez ist ein scharfkantiger Wuchtbolzen, der keinerlei Erhabenheit im Repertoire hat und keinen Diagonalpass spielt; in Hochpotenz gilt all dies für den zauseligen Thomas Müller, dessen Lieblingsposition hinter Stürmer Robert Lewandowski wieder frei wird, wenn Thiago nach hinten rückt.

Gut möglich übrigens, dass die Bayern auch Philipp Lahms Abschied mittels interner Rochaden auffangen müssen. Rudy und Kimmich können, wenn's sein muss, auch hinten rechts spielen, und dass sie es müssen, wird immer wahrscheinlicher. Trotz gründlicher Marktrecherche ist den Bayern kein herausragender Rechtsverteidiger aufgefallen - und ordentliche bis gute kosten heute so viel wie damals Javi Martínez.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: