Bundesliga: Bayern - Dortmund:"Es gibt nur den mutigen Weg"

Keine Frage, Dortmunds Trainer Jürgen Klopp respektiert den großen Gegner aus München. Das lässt ihn jedoch nicht daran zweifeln, den FC Bayern auch besiegen zu können.

Freddie Röckenhaus

Motivation ist ein möglichst längliches Gebilde, an der Oberseite schmal und karstig und an den Seiten so steil abfallend, dass man keinen Halt mehr findet, wenn man einen falschen Schritt gemacht hat. Fußballtrainer und Bergwanderer kennen den schmalen Grat - aber nicht allen ist es gegeben, auf ihm zu wandeln.

Borussia Dortmund - FC St. Pauli

Will auch dem FC Bayern das Dortmunder Spiel aufzwingen: BVB-Trainer Jürgen Klopp.

(Foto: dapd)

Jürgen Klopp galt eine Weile als typischer Leidenschaftstrainer, aber seit er im Sommer 2008 bei Borussia Dortmund gelandet ist, scheint er in überraschender Geschwindigkeit antizipiert zu haben, wie man Spielern jede Woche etwas mehr Rüstzeug beibringt, eine Mannschaft zum Kollektiv entwickelt, vergangen geglaubte Tugenden von Gemeinschaftssinn und Solidarität aufleben lässt.

Wie aber geht der Trainer der Stunde an ein Spiel gegen Bayern München heran, gegen einen Berg von einem Gegner, der gerade erst beeindruckend bei Inter Mailand gewonnen hat und mit seinen Superstars Robben und Ribéry wie eine schnappende Krokodilschnauze daherzukommen scheint? Wie bekommt einer wie Klopp es hin, seinen Spielern zugleich das Gefühl von Normalität zu geben und das Gefühl, einen besonderen Gegner vor sich zu haben, den man dennoch besiegen kann? Und das alles, da man tabellarisch weit vor den Bayern steht, die trotzdem stur darauf beharren, die beste deutsche Mannschaft zu sein.

"Wir haben ja schon öfter beeindruckende Spiele von Gegnern gesehen", sagt Jürgen Klopp. Ja, der FC Bayern habe gut gespielt in Mailand. Noch interessanter sei aber das Spiel Arsenal gegen Barcelona gewesen. Und so kratzt Dortmunds Trainer mit hinterlistiger Ironie am Mythos der Bayern, mit dem hingetupften Hinweis auf zwei noch viel komplettere Mannschaften.

"Wir haben aber auch bei den Bayern Dinge gesehen, die für uns sehr interessant waren, wobei ich ja nicht weiß, ob sie zu Hause dann so spielen wie auswärts." So richtig, will er wohl sagen, muss ihn das nicht interessieren, denn die Botschaft von Klopp an seine "Jungs", wie er sie stets nennt, lautet ohnehin: Wir haben bisher jedes Spiel dominiert mit unserer Spielweise - wir werden das auch in München probieren. Egal, wie die Bayern spielen.

"Die Jungs trauen sich das zu. Es gibt gegen die Bayern nur den mutigen Weg. Wir können nicht darauf warten, dass die einen schlechten Tag haben und herumstolpern." Klopps nächster Seitenhieb lässt kaum auf sich warten: "Der Bayern-Mythos hat ja zunächst mal mit vergangenen Erfolgen zu tun. Da gibt es mehr Vita als bei uns. Als die meisten Bayern-Spielern schon Erfolge hatten, haben die meisten meiner Jungs noch in der A-Jugend gespielt."

"Ab und zu einen Zweikampf verlieren"

Dann sagt er: "Aber wir sind die am unangenehmsten zu spielende Mannschaft der Liga. Die Bayern haben eine der besten Offensiven im Klubfußball. Aber wenn jemand gegen uns einen Fehler zu viel macht, dann verliert er." So relativiert der Trainer den "natürlichen Respekt, den die Bayern natürlich ausstrahlen."

Nicht einmal die Knie-Verletzung von Roman Weidenfeller, die sich der Torwart bei einem Trainings-Zusammenprall mit Mats Hummels zuzog, umrankt Klopp mit Bedenken. Statt Weidenfeller wird der 22 Jahre alte Mitchell Langerak im Tor stehen, der vor der Saison für 600000 Euro von Melbourne Victory nach Dortmund kam. Mit Langerak, der gerade mal ein Spiel für die Regionalliga-Mannschaft des BVB gemacht hat, sinkt der Altersschnitt von Klopps Jungs auf 22,3. Das ist die jüngste Mannschaft, die in der Bundesliga je für Dortmund aufgelaufen ist. Wer die Ausfälle von Sebastian Kehl, Patrick Owomoyela oder zuletzt Shinji Kagawa wegsteckt, der kann seinen Spielern auch versichern, dass man selbst in München ohne einen wie Weidenfeller auskommen kann.

"Meine Jungs müssen wissen", sagt Klopp, "dass sie gegen einen Gegner wie die Bayern ab und zu einen Zweikampf verlieren werden. Und dass sie trotzdem selbstbewusst bleiben können. Der FCBayern ist der erfolgreichste Verein der letzten hundert Jahre, aber wir sind die, die in dieser Saison die meisten Punkte haben." Der maliziöse Unterton, ein wenig ungewöhnlich für den Dortmunder Sonnyboy-Trainer, stimmt überein mit der giftigen Stimmung in der Mannschaft.

Spielmacher Nuri Sahin sagt, fast im Stile von Klopp, "den Namen nach" seien die Bayern in der Offensive vorne. Mats Hummels sieht den BVB "auf einigen Positionen besser besetzt". Kevin Großkreutz meint: "Die Bayern sind einfach fällig."

Das hyper-aggressive Laufspiel des BVB soll in München zu Tage bringen, dass die Bayern defensiv nach wie vor verwundbar sind. Offenbar hat die Gratwanderung des Jürgen Klopp dazu geführt, dass Dortmunds Jungs in den letzten Tagen noch ein paar Zentimeter gewachsen sind. Auf einen beeindruckten oder eingeschüchterten Gegner wird der FC Bayern deshalb nicht treffen. "Es geht für uns nie darum, den Bayern den Rang abzulaufen", sagt Klopp, "wir stellen uns nicht auf diese Waage. Aber an einem bestimmten Tag, können wir jedes Spiel gewinnen."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: