Süddeutsche Zeitung

Bundesliga:Bayerischer Arbeitssieg in mintgrün

Von Johannes Aumüller, Mainz

Es kommt nicht oft vor, dass ein Stadionsprecher euphorische Worte für das Tun des Gästeblocks findet. Aber erstens ist der Mainzer Mikro-Mann Klaus Hafner ohnehin ein Unikat und zweitens war es ein durchaus interessantes Transparent, das die Münchner Fankurve ausrollte. "Paragraph 1: Die Clubfarben sind unantastbar" stand auf einem großen weißen Trikot mit roten Schriftzügen, das vom Spielfeldrand bis unters Dach reichte, und oben drüber der Satz "Heid hamma s' richtige Leiberl eipackt".

Ein Kern des Anhangs stört sich am diesjährigen Auswärtsdress, der aus einem mintgrünen Grund und lilafarbenen Streifen besteht, und favorisiert Leiberl aus den Vereinsfarben rot und weiß. Das hat er diese Saison schon öfter kundgetan. Und diesmal nutzte er den Paragraph-eins-Grundgesetz-Ausspruch von Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigges bei der missglückten Pressekonferenz vor gut einer Woche, um noch einmal an den Paragraphen eins der eigenen Vereinssatzung zu erinnern. Stadionsprecher Hafner jedenfalls geriet ins Schwärmen: "Eine tolle Choreographie der Bayern-Fans, das ist witzig, das macht Spaß."

Das waren zwei Wertungen, die in den 90 Spielminuten danach nicht gerade die richtigen waren, um das Auftreten der mintgrünen Roten zu beschreiben. Die Bayern waren zwar besser und hatten die Partie im Griff, und der 2:1 (1:0)-Sieg war verdient. Aber der beruhte eher nicht auf Witz und Spaß und Esprit, sondern eher auf Einsatz und Kampf und Konzentration.

"Arbeit", das war das Wort, das nach dem Spiel recht oft zu hören war. "Es war ein Arbeitssieg heute, der nicht so glänzend war, wie wir uns das erhofft hatten", sagte etwa der Trainer Niko Kovac. Und sein Offensivspieler Thomas Müller bündelte den Auftritt in der schönen Satzschöpfung: "Man muss drei Punkte nach Hause arbeiten."

3:1 gegen Wolfsburg, 2:0 in Athen, und nun also 2:1 in Mainz, das sind die Ergebnisse der Münchner der vergangenen Woche nach zuvor vier sieglosen Spielen. Man könnte auch sagen: Es waren die Ergebnisse seit der Medien- und Kritikerschelte der Klubgranden, aber Kovac wollte das "nicht in Bezug dazu setzen". In jedem Fall jedoch waren die Auftritte allesamt so, dass beim FC Bayern derzeit niemand zu allzu großen Worten greift. Ob die Ergebniskrise jetzt überwunden sei, wurde Kovac auf der Pressekonferenz gefragt. Seine Antwort: "Das ist schwierig zu sagen. Wir müssen uns alles hart erarbeiten." Rechtsverteidiger Joshua Kimmich wiederum fand: "Es war jetzt nicht so, dass wir hier ein spielerisches Feuerwerk abgebrannt hätten."

Davon waren sie am Samstag in der Tat weit entfernt. In den ersten 20 Minuten kamen sie zu gar keiner guten Gelegenheit, was auch am defensiv starken Auftritt der Mainzer lag. Dann steigerten sich die Münchner, was zu einem Latten-Schuss von Joshua Kimmich (27.) führte und zu einem auf Hinweis des Video-Assistenten aberkannten Tor von Thiago (31.) - und schließlich auch zur 1:0-Führung durch Leon Goretzka (39.). Kimmich legte den Ball zurück, der Zugang aus Schalke schoss sehenswert volley ein.

"Wir müssen jetzt nachlegen", fordert Bayern-Trainer Kovac

Doch diese Führung brachte nicht etwa die notwendige Sicherheit, wie es von den Bayern zu erwarten war, als sie noch nicht mintgrüne Auswärtstrikots trugen. Stattdessen kam Mainz kurz nach der Pause zum Ausgleich, als Jean-Paul Boëtius eine Flanke von Daniel Brosinski direkt verwandelte - und in der Folge zu seinen besten Minuten. Da hatten die Bayern nur Glück, dass Mainz mitten in dieser besten Phase eine Unachtsamkeit unterlief, die Thiago, der beste Mann des Tages, zum 2:1-Siegtor nutzte (62.). Javier Martínez hatte danach zwar noch einen Pfostenschuss und auch der eine oder andere Konter hätte noch in Tor münden können, wenn er etwas präziser ausgespielt worden wäre - insbesondere der ungewöhnliche Vorstoß von Verteidiger Niklas Süle, der nach einem Traumpass von Robert Lewandowski über den ganzen Platz sprintete und erst an Florian Müller scheiterte. Andererseits vermittelten die Bayern auch nicht die Gewissheit, dass ein Tor für Mainz ein Ding der Unmöglichkeit wäre.

"Wir müssen jetzt nachlegen", sagte Trainer Kovac. Beim anvisierten Nachlegen muss er womöglich zwar auf Mats Hummels verzichten, der in Mainz für die Startelf vorgesehen war, aber kurzfristig wegen einer Adduktoren-Verletzung passen musste, sowie auf den Torschützen Goretzka (Auswechslung wegen Problemen am Sprunggelenk). Aber die nächste Woche sieht eher harmlos aus, mit einem Auswärtsauftritt im DFB-Pokal beim Viertligisten Rödinghausen und dem Heimspiel in der Liga gegen den SC Freiburg. Doch die Blicke von Kovac gehen schon etwas weiter. "Wir haben jetzt noch drei Spiele bis zum Dortmund-Spiel."

Nur noch zwei Punkte beträgt der Abstand zum Ersten nach dem Dortmunder Patzer gegen Berlin, am 10. November treten die Bayern beim BVB an. Und das natürlich in den mintgrünen Trikots, zu denen Kovac auch noch was sagen wollte. "Ich finde, alle Farben sind schön", sagte er: "Ich glaube, dass wir auch in diesen Trikots Spiele gewinnen können."

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SZ vom 28.10.2018/schma
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