Bayer Leverkusen:Konkrete Ziele? Keine!

Fussball, Bundesliga, Deutschland, Herren, Testspiel zur Saison 2021/2022, Ulrich-Haberland-Stadion Leverkusen: Bayer L

Der neue Trainer und sein EM-Torjäger: Gerardo Seoane (links) hofft auf viele Treffer des Tschechen Patrik Schick.

(Foto: Uwe Kraft/Uwe Kraft/Imago)

Der neue Trainer Gerardo Seoane will bei Bayer Leverkusen "das Maximale aus den Ressourcen herausholen" - genau an diesem Anspruch sind fast alle Vorgänger gescheitert.

Von Ulrich Hartmann, Leverkusen

Schon im Laufe des Sommers hat sich Gerardo Seoane, 42, von der Klasse der Leverkusener Fußballer überzeugen können - vor dem Fernseher. Mitte Juni sah er seinen künftigen Mittelstürmer Patrik Schick bei der Europameisterschaft von der Mittellinie ins Tor schießen, zum 2:0 für Tschechien gegen Schottland. Der Finne Lukas Hradecky war in der EM-Vorrunde einer der besten Torhüter, dessen Landsmann Joel Pohjanpalo bewies seine Fähigkeiten als quirliger Stürmer. Im Juli hat dann der Bayer-Mittelfeldspieler Exequiel Palacios mit Argentinien das Endspiel der Copa America gewonnen. Und der Angreifer Nadiem Amiri hat für Deutschland bei Olympia mitgespielt - wenn auch mit mäßigem Erfolg. Dafür steht der offensive Mittelfeldmann Paulinho an diesem Samstag mit Brasilien im olympischen Endspiel.

"Das sind alles Spieler von hoher Qualität, auf die ich mich freue", sagte Seoane, als Bayer Leverkusen ihn als neuen Trainer präsentierte. Nach drei Meistertiteln und einem Pokalsieg mit Young Boys Bern in der Schweiz hätte man Seoane zum Amtsantritt im rheinischen Leverkusen vielleicht auch gerne von Titeln sprechen hören, doch er mochte, wie er es ausdrückte, keine "Resultatsziele" formulieren: "Mein Anspruch ist, aus dem Potenzial aller Spieler das Bestmögliche auf den Platz zu bringen", sagte er lediglich. Dieser Anspruch ist allerdings genau das, woran viele seine Vorgänger bei Bayer 04 gescheitert sind.

Leverkusens internationale Fußballhelden sind mittlerweile fast alle wieder zurück im Klub. Vom Glanz und Glamour der jüngsten Fernreisen ist dort aber erst mal wenig zu sehen. Ein Testspiel gegen den Viertligisten Oberhausen wurde 3:1 gewonnen, die Generalprobe gegen den Drittligisten Viktoria Köln ging am Mittwoch 0:1 verloren. Kein Schick-Zaubertor, keine prickelnde Olympia-Atmosphäre, keine Final-Magie. Nur Leverkusen.

An diesem Samstag gastiert der Klub nun in der ersten DFB-Pokalrunde beim Viertligisten Lok Leipzig. Eine Woche später beginnt die Bundesliga mit der unangenehmen Auswärtsaufgabe bei Union Berlin, eine weitere Woche darauf kommt Borussia Mönchengladbach zum rheinischen Prestigederby. Es gibt auch dann keine Garantie dafür, dass der zum neuen Kapitän erkorene Hradecky Torhüter-Hexereien zeigt, dass Schick Treffer über den halben Platz erzielt oder dass Palacios und Paulinho von Finalteilnahmen mit Leverkusen träumen dürfen. Seoane, in Luzern geborener Sohn spanischer Eltern, will der Mannschaft erst mal "ein Gesicht" geben, "und zwar nicht nur fußballerisch, sondern auch von der gesamten Einstellung her und wie sie auftreten soll".

Roger Schmidt, Heiko Herrlich und Peter Bosz hießen die bisher letzten Trainer, die Bayer 04, ein Gesicht geben sollten. Unter Schmidt qualifizierte sich die Werkself 2016/17 letztmals für ein Champions-League-Achtelfinale, unter Bosz bestritt sie Ende 2019 ihr bis dato letztes Champions-League-Gruppenspiel. Bayers letzte richtig große Königsklasse-Partie war 2002 das verlorene Endspiel gegen Real Madrid, Trainer damals: Klaus Toppmöller. Bei jedem neuen Trainer in jedem Klub wird davon gesprochen, dass dieser bestenfalls eine Ära prägen solle. In Leverkusen aber warten sie schon lange auf eine solche Konstellation.

Im Pokal könnten Kossounou und Bakker sofort wichtig sein

Diese Erwartungen machen es für Seoane nicht leichter. "Das Maximum aus unseren Ressourcen herauszuholen", ergibt sich aus seinen Begrüßungsworten als pauschales Ziel. Dieser wabbelige Satz beschreibt eine dank- und dehnbare Ausgangssituation, und man wird ihn irgendwann rekapitulieren, um Seoanes Werk zu bewerten.

Kurz vor Beginn seiner Premierensaison in Leverkusen steht es jedoch um die Ressourcen speziell in der Defensive nicht gut. Die Bender-Zwillinge Sven und Lars haben ihre Karrieren früh beendet und kicken neuerdings für ihren Heimatklub TSV Brannenburg in einer oberbayerischen Kreisklasse. Innenverteidiger Aleksander Dragovic ist nach Belgrad gewechselt. Edmond Tapsoba fällt wegen eines Risses des Syndesmosebands noch wochenlang aus, Timothy Fosu-Mensah wegen eines Kreuzbandrisses monatelang. Jonathan Tah ist für das Pokalspiel in Leipzig rotgesperrt. Daher könnten die prominenten Zugänge Odilon Kossounou (20, Innenverteidiger, für 26 Millionen Euro vom FC Brügge) und Mitchel Bakker (21, Außenverteidiger, für sieben Millionen Euro, Paris St. Germain) ins kalte Wasser geschmissen werden müssen. Zudem bemüht sich Leverkusen offenbar noch um einen weiteren Pariser Reservisten: um den Nationalspieler und früheren Schalker Thilo Kehrer.

Offensiv sieht es aktuell bei Bayer besser aus. Zwar wechselte der wieselflinke Flügelstürmer Leon Bailey am Mittwoch zu Aston Villa in die englische Premier League, was dem Klub ein Jahr nach den teuren Verkäufen von Kai Havertz und Kevin Volland schon wieder mehr als 30 Millionen Euro Ablöse einbringt. Doch mit der Vertragsverlängerung des zentralen Stürmers Lucas Alario (bis 2024) hat Leverkusen soeben eine wichtige Personalie abgewickelt. Gegen Oberhausen spielten Alario und Schick als Doppelspitze, das verheißt Torgefahr.

"Es war eine holprige Vorbereitung", sagt der neue Trainer über seine ersten Wochen. Umso wichtiger ist Seoane nun höchst konzentrierte Arbeit an all jenen Komponenten, die ihm wichtig sind - für ein kompaktes Spiel mit jederzeit großer offensiver Initiative. Protagonisten des globalen Fußballsommers zu einer Mannschaft zusammenzuschweißen, ist Seoanes maßgebliche und zugleich schwierigste Aufgabe.

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