Süddeutsche Zeitung

Augsburg gegen Freiburg:Wer braucht da noch Michael Thurk?

Der FC Augsburg ist in der Bundesliga angekommen: Im Spiel eins nach Michael Thurk liefert der FCA eine verrückte Partie und erkämpft sich gegen den SC Freiburg ein 2:2. Mann des Tages ist Stürmer Sascha Mölders - der die Rufe nach einer Begnadigung Thurks leiser werden lässt.

Carsten Eberts

Sechs handverlesene Fußballvereine haben es bislang geschafft, nur eine einzige Saison in der Bundesliga zu verbringen. Die Rekordmänner von Tasmania Berlin gehörten dazu, natürlich, außerdem ulkige Fußball-Größen wie der SSV Ulm, Fortuna Köln, Preußen Münster, Blau-Weiß 90 Berlin und der VfB Leipzig. Das sind Klubs, die noch grauer daher kommen als der SV Meppen - oder die längst insolvent sind.

Nicht wenige Menschen in Fußballdeutschland glauben, dass diese illustere Liste nach dieser Saison um einen Klub reicher ist: um den FC Augsburg, den Aufsteiger aus dem schwäbischen Teil von Bayern, den Klub mit dem "Micky-Maus-Etat" (O-Ton Manager Andreas Rettig), der kurz vor Saisonbeginn mit Michael Thurk seinen besten Stürmer rausgeschmissen hat. Und für den die erste Fußballklasse einfach zwei Nummern zu groß sein könnte.

Der erste Auftritt des FC Augsburg in der Eliteklasse brachte diesbezüglich verwertbare Erkenntnisse, am Ende stand es verdientermaßen 2:2 (0:0). "In der zweiten Halbzeit haben wir die Leidenschaft gezeigt, die wir sehen wollen", sagte Manager Rettig nach dem Spiel: "Der erste Punkt in der Bundesliga, was wollen wir mehr?"

Die Erkenntnis des Tages war: Zumindest gegen Klubs wie den SC Freiburg kann Augsburg mithalten.

Freiburg bekam tatsächlich einiges präsentiert: ein volles Stadion, ein aufgeregtes Publikum, das die Demission ihres Aufstiegsstürmers Michael Thurk noch nicht ganz verwunden hatte. Und eine Premiere bei der Seitenwahl: Statt eines Wimpels überreichte Kapitän Uwe Möhrle seinem Kollegen eine Marionette aus der Augsburger Puppenkiste. Schon goldig, irgendwie.

Trainer Jos Luhukay begann wie erwartet ohne Michael Thurk, stattdessen offensiv mit Marcel Ndjeng, Daniel Baier und Tobias Werner. Als einzige Spitze nominierte Luhukay seinen Zugang Sascha Mölders - was sich in der zweiten Halbzeit lohnen sollte. Von Beginn an ran durfte ebenfalls Lorenzo Davids, der Cousin des holländischen Frisurenwunders und Nationalspielers Edgar Davids.

Trotz der Unruhe in den vergangenen Tagen begann der Aufsteiger ohne größeres Lampenfieber: Schon in der ersten Minute kam Jonas de Roeck mit dem Kopf an den Ball, Freiburgs Keeper Oliver Baumann parierte den Versuch jedoch sicher. Auch Verteidiger Marcel de Jong wollte sich schnell "anwesend" melden: Er ließ Freiburgs Mensur Mujdza über sein gestrecktes Bein fliegen und sah nach fünf Minuten Gelb. Es war die erste gelbe Karte eines Augsburgers in der Bundesliga.

Freiburg zeigte zunächst, dass es im ersten Jahr nach Robin Dutt ebenfalls zu den Abstiegskandidaten gehören dürfte. Zu häufig marschierten die Augsburger locker durch die Zentrale, vor dem Tor war jedoch Schluss: Die beste Gelegenheit hatte Mölders, der am Ende einer seltsamen Ball-Schienbein-Stafette einen Fallrückzieher im Sitzen versuchte. Natürlich stellte sich in der ersten Halbzeit die Frage, ob der Angriff mit Thurk nicht gefährlicher aufgestellt gewesen wäre - doch die Entscheidung der Verantwortlichen scheint unumstößlich. Mit 0:0 ging es in die Halbzeit.

"Es wird viele Tiefpunkte geben", hatte Trainer Luhukay noch vor dem Spiel orakelt. Und er sollte Recht behalten: Kurz nach der Pause stolzierte der bis dahin verblüffend unauffällige Cissé durch die Augsburger Abwehr, verlangsamte und beschleunigte nach Belieben und vollstreckte mit einem Rechtsschuss zur Führung (48.).

Doch Augsburg überraschte nun, brauchte nur fünf Minuten, um sich vom Rückstand zu erholen: Axel Bellinghausen nutzte eine plötzliche Unruhe in der Freiburger Abwehr und flankte von links formschön auf den Kopf von Sascha Mölders, der sicher zum 1:1 verwertete (53.).

Luhukay jedoch hatte von "vielen Tiefpunkten" gesprochen: Wiederum nur zwei Minuten später konnten die Augsburger eine Flanke in Richtung Cissé nicht verhindern - an den Ball kam jedoch Cedrik Makiadi, der in der 55. Minute zur erneuten Freiburger Führung einköpfte.

Doch Augsburg kämpfte sich tatsächlich noch einmal zurück - erneut durch Sascha Mölders. In der 73. Minute hatte er bereits den Pfosten getroffen, neun Minuten später verwertete Mölders eine Flanke von rechts zum Ausgleich. Mölders, keine Frage, war der Augsburger Mann des Tages.

Manager Rettig war anschließend voll des Lobes über seinen Zugang: "Deswegen haben wir ihn verpflichtet. Er hätte am Ende noch einen nachlegen können, aber wir wollen nicht zu kritisch sein." Doch auch Rettig weiß: Heimspiele gegen Klubs wie Freiburg muss der FCA eigentlich gewinnen, will er auch in der kommenden Saison in der Bundeliga agieren.

Natürlich hatte sich an diesem Tag auch ein anderer zu Wort gemeldet: Michael Thurk. "Ich glaube, dass ich dem Verein immer noch helfen kann", sagte er, "und das glauben große Teile der Mannschaft auch." Die Rufe nach seiner Begnadigung dürften nach diesem Spiel etwas leiser werden. Schuld daran trägt vor allem Sascha Mölders.

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