Bundesliga:Ancelottis Start beim FC Bayern: Von Liebe und Schinken

Carlo Ancelotti

Am Donnerstag in München gelandet: Carlo Ancelotti

(Foto: dpa)
  • Am Donnerstagabend landete der neue Bayern-Trainer in München, am kommenden Montag wird er offiziell vorgestellt.
  • Nach SZ-Informationen will er keinen weiteren Spieler verpflichten, allerdings könnte der FC Bayern noch zwei oder drei loswerden.
  • Der Italiener wird den Spielstil der Münchner anpassen, aber nicht radikal verändern.

Von Benedikt Warmbrunn

Am Anfang war das Wort, und die ersten Worte gaben gleich den Ton vor. Sommer 2013, der Italiener Carlo Ancelotti stellt sich bei Real Madrid vor, einer seiner ersten Sätze lautet: Te jamón. Was das bitte solle, fragen ihn die Spanier, te amo heiße das, ich liebe dich. Aber Ancelotti lächelt nur, und er sagt immer wieder: Te jamón.

Derselbe Sommer, beim FC Bayern stellt sich Pep Guardiola vor, er sagt: "Guten Tag und grüß Gott, meine Damen und Herren", auch anschließend spricht er fast eine Stunde lang auf Deutsch, so perfekt, wie das ein Katalane nach ein paar Monaten des Lernens eben sprechen kann.

Ancelotti und Guardiola sind in den vergangenen Jahren oft gegengeschnitten worden, sie gehören zu den erfolgreichsten Trainern der Fußballwelt, und sie sind ja so wunderbar gegensätzlich. Auf der einen Seite Guardiola, ein Perfektionist, der gleich bei seinem Auftritt nachweisen will, wie gut er die Sprache des Landes seines Arbeitgebers beherrscht. Auf der anderen Seite Ancelotti, der sich erst Zeit für subtilen Humor nimmt. Te jamón, das war kein Versehen, so steht das in seiner im Sommer auch auf Deutsch erscheinenden Autobiografie, aber es gefiel ihm, wie viel mehr er sagen konnte, wenn er zwei Buchstaben dazufügte. Liebe und Schinken in einem Satz, treffender hat den Trainer und Menschen Ancelotti bisher niemand charakterisiert.

Dieser Schinkenliebhaber, das ist der aufregendste Trainerwechsel des Sommers, folgt nun also beim FC Bayern auf den Perfektionisten.

Am Donnerstabend ist Ancelotti, 57, in München gelandet, am Montag ist der offizielle Trainingsauftakt, aber dieses Prozedere reicht in diesem Sommer nicht, um einen Umbruch abzuschließen, nicht nach den drei Jahren unter Guardiola, in denen er dreimal die Meisterschaft gewann, in denen er der Mannschaft einen mitunter atemberaubenden Fußball beibrachte. In denen er so perfektionistisch arbeitete, dass nur wenige davon berichten können, wie humorvoll dieser Trainer und Mensch sein kann, manchmal sogar ziemlich derb humorvoll. Allein: Für Humor hatte er meistens keine Zeit.

Beim FC Bayern wissen sie, dass sie vor einem spannenden Übergang stehen, sie sprechen von sensiblen Zeiten, aber dass alles drunter und drüber gehen könnte, davon geht keiner aus. Der Verein und sein neuer Trainer haben im vergangenen halben Jahr ein Gespür für einander entwickelt, gelegentlich hat der Trainer sich mit Führungsleuten des FC Bayern getroffen, und wie schon bei all seinen Vereinen zuvor sind auch in München alle ganz angetan von ihm. Sie loben, wie umgänglich er sei, und doch sei er so professionell, dass der Kontakt nie oberflächlich war.

Ancelotti, der sich nach seinem Rauswurf in Madrid - wie schon Guardiola vor seiner Zeit in München - ein einjähriges Sabbatical genommen hat, hat dem Vernehmen nach zuletzt kaum ein Spiel des FC Bayern verpasst, und so habe er schon eine ziemlich klare Idee davon, wie er seine Arbeit in München angehen will. Das wird kein Pep Reloaded werden, aber auch kein rasanter Richtungswechsel zum Carlismo, denn den reinen Carlismo gibt es nicht. Ancelotti wird das Werk, das ihm Guardiola hinterlassen hat, mit vorsichtigen Anpassungen fortführen. Die, die ihn gut kennen, erwarten, dass sich der FC Bayern wohl nicht ganz so radikal am Ballbesitz orientieren wird, und er wird auch nicht ganz so radikal offensiv spielen. In Madrid hatte Ancelotti ein 4-3-3-System bevorzugt, seine Spieler standen näher am eigenen Tor als die des FC Bayern unter Guardiola, und sie durften auch kontern. Beim FC Bayern wissen sie das noch gut, sie sind ja von diesem Real im Frühjahr 2014 im Halbfinale der Champions League entscheidend ausgekontert worden.

Der Klub plant vorerst keine weiteren Zugänge ein

Für seine Idee vom Fußball benötigt Ancelotti auch keine weiteren Zugänge, da war er sich nach SZ-Informationen mit dem Verein schnell einig. Ancelotti ist zufrieden mit den Spielern aus der Pep-Ära plus die zwei bisherigen Transfers, der Innenverteidiger Mats Hummels aus Dortmund und der Mittelfeldmotor Renato Sanches von Benfica Lissabon. Die Diskussion, dass der Portugiese nicht 18, sondern bereits 23 oder gar 24 Jahre alt sei, haben sie im Verein zuletzt amüsiert verfolgt; sie haben Aufnahmen des Heranwachsenden, auch die Gutachten über die Knochen- und Gebisstests sind ihnen nicht unbekannt.

Wahrscheinlicher ist es, dass sich der Verein noch von Spielern trennen wird. An Innenverteidiger Medhi Benatia soll Juventus Turin interessiert sein, auch der zuletzt an Schalke verliehene Pierre-Emile Hojbjerg dürfte wohl gehen. Mit Mario Götze, dem Klubboss Karl-Heinz Rummenigge vor der Europameisterschaft einen Klubwechsel empfohlen hatte, soll es nach dem Turnier ein Treffen geben.

Erst einmal aber geht es nur um Carlo Ancelotti. Welche feinen Witze er sich für seine ersten Wochen in München überlegt hat, hat der Schinkenliebhaber nicht verraten. So perfektionistisch ist er ganz sicher nicht, dass er seinen Humor erst einmal testen müsste.

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