Bundesliga:Alle gegen alle beim BVB

Borussia Dortmund - SC Freiburg

Treffer Marke "Tor des Monats": Freiburgs Petersen (nicht im Bild) überlistet Dortmunds Schlussmann Bürki aus über 40 Metern Tornentfernung zum zwischenzeitlichen 2:1.

(Foto: dpa)

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

So schlecht wie am Samstag hat Pierre-Emerick Aubameyang schon lange nicht mehr gespielt. Er hat nur 20 Mal den Ball berührt, nur ein Drittel seiner Zweikämpfe gewonnen und nur einen einzigen Ball aufs Tor gebracht. Sein Kopfball ging knapp drüber. "Ach, er hat's in dieser Situation ja auch nicht leicht", glaubte danach der Trainer Peter Stöger, seinen wechselwilligen Stürmer verteidigen zu müssen. Stöger wiederum musste sich gewissermaßen dafür rechtfertigen, den umstrittenen, weil wechselwilligen Aubameyang überhaupt von Beginn an gebracht und durchgängig auf dem Feld belassen zu haben beim 2:2-Unentschieden gegen einen starken SC Freiburg.

Beim schwächelnden Champions-League-Anwärter BVB wird die Stimmung immer schlechter. Pfiffe des Publikums für die schwache Mannschaft, für ein glückliches Unentschieden und vor allem für Aubameyang während seines vermutlich letzten Spiels für Dortmund haben den Schwarzgelben am Samstag die Stimmung verhagelt. "Die Leute, die die Mannschaft da auspfeifen, haben vom Fußball nicht viel Ahnung", keifte nach dem Schlusspfiff beim TV-Sender Sky Dortmunds Torwart Roman Bürki. Mittelfeldspieler Nuri Sahin kommentierte Aubameyangs 90-Minuten-Einsatz demonstrativ nüchtern: "Wer hier unter Vertrag steht, hat die Berechtigung mitzuspielen - der Trainer trifft die Entscheidungen, und wir Spieler haben das zu akzeptieren."

Dortmunds frühe 1:0-Führung durch Shinji Kagawa (9.) drehte Freiburgs Nils Petersen mit zwei Treffern (21. und 68.), das zweite gelang ihm mit einem sensationellen 40-Meter-Lupfer nahe der Mittellinie. Es war Glück für Dortmund, dass Jeremy Toljan in der dritten Minute der Nachspielzeit noch zum 2:2 ausglich. "Zu wenig Bewegung, zu unsauberes Passspiel", monierte Sahin. Bürki fand: "Bei einer Mannschaft, die ohnehin schon verunsichert ist, sind Pfiffe das falsche Mittel."

Die Dortmunder Fans jubeln - über ein Subotic-Video vor dem Spiel

Der Torwart kritisierte aber explizit die Zuschauer auf der Haupt- und der Gegentribüne. "Die Fans auf der Südtribüne sind immer da." Sportdirektor Michael Zorc wiederum ärgerte sich nicht über die Fans auf der Haupt- und Gegentribüne - sondern über Bürki: "Ich finde die Aussage unpassend und inhaltlich falsch. Ich empfehle unseren Spielern, sich das Spiel noch mal 90 Minuten anzuschauen. Da müssen sie aufpassen, dass sie nicht selbst pfeifen. Der Zuschauer hat das Recht, seinen Unmut zu zeigen."

Das 2:2 bedeutete für den BVB in der Liga das dritte Unentschieden nacheinander, während die Freiburger im achten Ligaspiel nacheinander unbesiegt blieben - wobei sie sich über diese Statistik nicht richtig freuten. "Schade", sagte Trainer Christian Streich über den späten Ausgleich, "sehr schade sogar - es war schön zu sehen, wie die Jungs sich aufopfern und wie sie alles abarbeiten." Das hätte Stöger über seine Dortmunder vermutlich auch gern behauptet.

Immerhin Peter Stöger hat nicht gepfiffen

Anders als Aubameyang war Dortmunds Abwehrspieler Neven Subotic jahrelang eine moralische Größe in dieser Mannschaft. Er fuhr ein normales Auto, unterstützte mit seinem Geld lieber karitative Einrichtungen und sorgte im Team nie für Zwietracht. Dortmunds Mittelfeldspieler Nuri Sahin schrieb über ihn bei Instagram: "Du bist ein großartiges Beispiel dafür, dass man Erfolg und Menschsein verbinden kann; man konnte sich immer auf Dich verlassen, schön dass es Menschen wie Dich gibt."

Subotic spielt jetzt nicht mehr für Dortmund, man benötigt ihn als Innenverteidiger nicht mehr und verkaufte ihn soeben an den französischen Erstligisten AS St. Etienne. Ein Zusammenschnitt seiner besten Szenen im BVB-Trikot auf den Stadionmonitoren kurz vor dem Spiel hatte enthusiastische Reaktionen der Fans zur Folge gehabt. Sie skandierten seinen Namen.

"Er hatte schon bessere Tage", sagt Stöger über Aubameyang

Aubameyang ist ein lustiger Vogel, sorgte früher oft für gute Laune im Training, aber eine moralische Instanz ist er nicht. Er besitzt sehr viele, sehr teure Autos, und mit dem sehr vielen Geld, das trotz dieses Hobbys übrigbleibt, unterhält er einen großen, anspruchsvollen Familienclan. Aubameyang wird im Kader des BVB längst sehr kritisch gesehen, seit er wiederholt den Mannschaftsgeist verletzte und seit er im Bemühen um den lukrativen Wechsel nach London die Etikette verloren hat. Man hält ihn im Team dem Vernehmen nach für unkameradschaftlich und im Verein offenbar für einen Erpresser. Doch im Fußball gelten moralische Aspekte nun mal kaum. "Es gilt das Leistungsprinzip", hatte Trainer Peter Stöger stoisch wiederholt. Aubameyangs Verhalten abseits des Platzes ignorierte er bei seiner Entscheidung.

"Er hatte schon bessere Tage", sagte Stöger später über Aubameyangs Leistung. Dass dessen Ladehemmung genauso wie die Unsicherheit der Mannschaft mit der Ungewissheit über Aubameyangs Zukunft zu tun hätten, will Stöger nicht glauben. "Darauf würde ich es nach diesem Spiel nicht reduzieren wollen", sagte er und zeigte sich überdies verständnisvoll, was die Pfiffe des Publikums angeht. "Ich habe schon Verständnis für die Pfiffe", sagte er, "Verständnis für die Unzufriedenheit, denn ich selber war ja auch nicht zufrieden - habe allerdings nicht gepfiffen."

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