Es ist für Bayer Leverkusen kein gutes Zeichen, wenn vor dem Spiel mehr über Hans als über Florian Wirtz gesprochen wird. Hans, 70 Jahre alt, ist nicht nur Vater, sondern auch Agent seines Sohnes und als solcher erster Ansprechpartner für Klubs, die an den Diensten seines Sprösslings interessiert sind. Der Sender Sky fragte im Interview mit Leverkusens Geschäftsführer Fernando Carro vor dem Spiel gegen Union, ob ebenjener Hans mit Uli Hoeneß spreche. Worauf Carro sagte, Hans könne mit jedem sprechen, mit dem er sprechen wolle. Hoeneß wiederum sagte gerade in der Welt am Sonntag, der FC Bayern müsste für Wirtz ein „Sondervermögen wie die Bundesregierung“ aufnehmen. Gleichzeitig wünsche er sich einen Transfer, wenn auch als „Privatmensch“. Aha.
Carro sagte am Samstag auch noch, dass er sich sicher sei, dass Wirtz im Sommer bleiben werde. Er sagte aber auch, dass es ihm lieber gewesen wäre, hätte Real Madrid in der Champions League nicht 0:3 beim FC Arsenal verloren. Denn dann würden die Gerüchte über einen möglicherweise bald vakanten Trainerposten in der spanischen Hauptstadt ... Es ist genau diese Spekulations-und-Konjunktiv-Gemengelage, die Unruhe reinbringt beim deutschen Meister. Sowohl Trainer Xabi Alonso als auch Florian Wirtz haben Verträge, beide sagen aber nun schon ein bisschen zu lange nicht klipp und klar, dass sie die auch über den Sommer hinaus erfüllen werden. Ob diese Unsicherheit die beiden schwächsten Saisonspiele (1:2 im Pokal in Bielefeld, 1:0 in Heidenheim) begünstigt hat? Das wird man vermutlich erst später erfahren.
Gegen die Berliner saß Wirtz (Florian, nicht Hans) nach seiner Sprunggelenksverletzung zumindest wieder auf der Bank. Bayers Startelf trat zwar nicht ganz so desolat auf wie vergangene Woche in Heidenheim, hatte aber trotzdem Schwierigkeiten mit dem tiefen Unioner 5-3-2-Block. Die am Ende 75 Prozent Ballbesitz verwandelte der deutsche Meister nicht in große Torchancen. In der 57. Minute betrat Wirtz das Feld, es gelang ihm direkt ein schöner Pass auf Exequiel Palacios, dessen Schuss parierte Frederik Rönnow. Einen anspruchsvollen Hackentrick, um den Ball auf der Torauslinie im Spiel zu halten, hatte der Nationalspieler noch zu bieten, aber die Dynamik des Spiels änderte auch er nicht mehr. So blieb Union auch im fünften Spiel nacheinander ungeschlagen – und punktete sich sogar in Leverkusen weiter Richtung Klassenverbleib.
Borussia Mönchengladbach - SC Freiburg 1:2 (1:1), Tore: 1:0 Christian Günter (14., Eigentor), 1:1 Patrick Osterhage (16.), 1:2 Johan Manzambi (90.)

Knapp drei Minuten lang währte die Freude der Gladbacher, war die Hoffnung des Anhangs genährt auf die nächsten Schritte Richtung europäisches Geschäft – Christian Günter, Freiburgs Kapitän, hatte eine Hereingabe von Franck Honorat ins eigene Tor gedrückt. Doch Freiburg antwortete rasch: Flanke Lukas Kübler, Patrick Osterhage rauschte im Strafraum im Stile eines Spitzenhochspringers heran, traf den Ball allerdings auch eher im Stile eines Leichtathleten. Weil Gladbachs Ko Itakura jedoch seinen Torwart Tiago Pereira Cardoso auf der Linie irritierte, griff dieser offenbar nicht richtig zu – 1:1.
Pereira Cardoso, spielt eigentlich für Gladbachs A-Jugend, nebenbei ist der 19-Jährige gerade mit dem Abitur beschäftigt – und ist nun ins Tor der Profis gerückt, weil Moritz Nicolas und Jonas Omlin wohl für den Rest der Saison verletzt ausfallen werden. Und in der zweiten Halbzeit avancierte der Luxemburger tatsächlich zum besten Gladbacher auf dem Feld. Denn die Kollegen ließen sich die meiste Zeit einfach nicht mehr in der gegnerischen Hälfte blicken, ermöglichten Freiburg mehrere Großchancen – die Pereira Cardoso alle parierte. Fast. Kurz vor Abpfiff durfte Freiburgs Ritsu Doan einem anderen 19-Jährigen enorm ungestört den Ball auflegen: Johan Manzambi traf wunderschön per Kopf, sicherte seinem Klub den ersten Sieg seit sieben Wochen.
TSG 1899 Hoffenheim - 1. FSV Mainz 05 2:0 (2:0), Tore: 1:0 und 2:0 Andrej Kramaric (4./32.) / Besondere Vorkommnisse: Gelb-Rot für Paul Nebel (90.+4)

Wie bändigt man eine Mainzer Mannschaft, die defensiv bislang so griffig war in dieser Saison, zugleich offensiv so effizient – und die mit dieser Mixtur bis an die Schwelle der Königsklassenplätze gerückt ist? Nun, die Hoffenheimer, vor Spielbeginn gerade mal fünf Zähler über Relegationsrang 16 notiert, probierten es, indem sie den Ansatz der Gäste astrein plagiierten. Nach vier Minuten drosch TSG-Torwart Oliver Baumann den Ball über den halben Platz auf Bazoumana Touré, dessen Flanke segelt quer durch den halben Strafraum auf Andrej Kramaric – 1:0. Und weil’s so einfach wie effizient war, geriet das 2:0 nahezu deckungsgleich: Wieder entwischte Touré auf dem rechten Flügel, wieder blieb Kramaric im Strafraum cool.
Erst nach rund einer Stunde legten sich die Mainzer eine Spielweise zu, die einem Team würdig ist, das sich um den Zutritt zum Europapokal bewirbt. Allein: Es fand sich immer noch ein Hoffenheimer, der den entscheidenden Pass oder Schuss abblockte. So verlängert sich die Mainzer Serie ohne Sieg in der Liga nun schon auf vier Spiele (zwei Remis, zwei Niederlagen), Paul Nebel sah in der Nachspielzeit noch Gelb-Rot – außerdem hat Leipzig nach dem 3:2-Auswärtserfolg in Wolfsburg vorerst den vierten Rang übernommen. Hoffenheim? Hat mit nun 30 Punkten auf einen Schlag einige Sorgen weniger im Abstiegskampf.
Holstein Kiel - FC St. Pauli 1:2 (1:1), Tore: 1:0 Alexander Bernhardsson (21.), 1:1 Danel Sinani (34.), 1:2 Max Geschwill (90.+2, Eigentor)

Die Spieler von St. Pauli jubelten erst gar nicht über ihr spätes Tor zum Auswärtssieg. Selbst die Hamburger dachten, Kiels Max Geschwill hätte den krummen Schuss von Noah Weißhaupt aus spitzem Winken noch gerade vor der Linie geklärt – doch die Uhr von Schiedsrichter Benjamin Brand sagte etwas anderes: Eigentor des Kielers, später Dreier für die Kiezkicker. Die waren im noch höheren Norden zunächst ungünstig gestartet: Mit einem platzierten Schuss von der Strafraumkante hatte der Schwede Alexander Berhardsson den KSV nach gut 20 Minuten in Führung gebracht.
Beim Ausgleich von Danel Sinani gab es dann wilde Proteste im Störche-Stadion: St.-Pauli-Stürmer Oladapo Afolayan war beherzt ins Luftduell mit Kiels Torwart Thomas Dähne gesprungen. In Bedrängnis konnte der Keeper den Ball weder sichern noch entscheidend klären, Sinani versenkte den freien Ball artistisch per Seitfallzieher. Schiedsrichter Brand wertete Afolayans Aktion zum Unverständnis der Kieler nicht als Foul.
Die zweite Hälfte bot dann wenig Torchancen, bis St. Pauli in der Schlussphase noch mal Druck machte und durch die Torlinientechnologie zum Sieg kam. Die Hamburger machen so einen enorm wichtigen Schritt Richtung Klassenverbleib. Für Schlusslicht Kiel geht es wohl maximal noch um Relegationsplatz 16.
VfL Bochum - FC Augsburg 1:2 (0:1), Tore: 0:1 Samuel Essende (16.), 1:1 Philipp Hofmann (60.), 1:2 Mert Kömür (90.) / Besondere Vorkommnisse: Rot für Arne Maier (80.)

Ein Duell, das nach rüdem Kellergebolze klingt. Doch die Assoziation täuscht, blickt der FCA dank bis dato exzellenter Rückrunde tatsächlich auf die Europapokalplätze. Gegen den Tabellenvorletzten aus Bochum ging er nach einer guten Viertelstunde in Führung: Alexis Claude-Maurice klaute im Pressing vor dem VfL-Strafraum den Ball und passte flach zu Samuel Essende im Sechzehner. Der Kongolese schüttelte seinen Gegenspieler robust und geschickt ab, sein abgefälschter Schuss ließ Timo Horn keine Chance. Bochum reagierte angstbefreit. Erst zielte Felix Passlack nur knapp zu weit links, kurz darauf parierte FCA-Torwart Finn Dahmen einen Kopfball von Ibrahima Sissoko bärenstark. Ebenso knapp vor der Linie verhinderte VfL-Verteidiger Ivan Ordets ein mögliches 2:0 für Augsburg.
Nach der Pause spielte Bochum ein regelrechtes Powerplay aufs Gästetor. Beim Kopfball von Philipp Hofmann aus kurzer Distanz war Dahmen dann machtlos – 1:1. Bochum blieb auf dem Gaspedal, hatte mehrere sehr gute Chancen, um die Partie zu drehen. Kurzzeitig erwachte auch der FCA wieder mit zwei strammen, aber geblockten beziehungsweise gehaltenen Schüssen. Dann schwächten sich die Gäste selbst: Arne Maiers grobes Einsteigen gegen Bernando bedachte Schiedsrichter Martin Petersen nach Videobeweis mit Rot. Die Überzahl verstärkte das Bochumer Übergewicht. Mats Pannewigs Schuss klatschte aus spitzem Winkel an den Pfosten.
Und dann stand auf einmal – nach völlig desorientierten Laufwegen der Bochumer Innenverteidigung – Mert Kömür aus dem Nichts allein vor Horn und verwandelte sicher. Der VfL drückte in der langen Nachspielzeit, aber Dahmen hielt den Auswärtsdreier fest.