Streit der Fußball-Klubs:Der Abstieg muss ausgesetzt werden

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Davy Klaassen musste im Bundesliga-Abstiegskampf mit Bremen den nächsten Rückschlag einstecken. (Foto: dpa)

Der Gemeinsinn der Fußballbranche endet bei der Auf- und Abstiegsregelung. Es gibt nur eine Lösung, über die offenbar noch kein Stratege richtig nachgedacht hat.

Kommentar von Philipp Selldorf

Vier Gipfeltreffen haben die erste und die zweite Bundesliga seit Beginn der Virus-Krise abgehalten, am vorigen Donnerstag dauerte die Sitzung kaum zwei Stunden, bevor sich die Teilnehmer voneinander verabschiedeten. Nachdem die politischen Instanzen die Saisonfortsetzung erlaubt hatten, herrschte im allgemeinen Überschwang offenbar die Ansicht, damit sei ja alles geklärt. Das war, wie jetzt alle erkennen, ein Irrtum. Viele wesentliche Fragen, die sich aus den Eventualitäten des wackligen Konstrukts ergeben, hatte man offenbar nicht mal angesprochen im Plenum, und jetzt gerät die gesamte Operation Geisterspielbetrieb unter enormen Entscheidungs- und Zeitdruck.

Der Quarantäne-Fall Dynamo Dresden hat offenbart, dass es nicht genügt, einen Spielplan für die Restsaison aufzustellen, der im Akkord abgearbeitet wird. Außer den sportlichen Weiterungen für ein in Quarantäne genommenes Team - kollektiver Trainingsrückstand, massiver Wettbewerbsnachteil -, besteht ja auch die Gefahr, dass die Saison nicht zu Ende gebracht werden kann.

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:Dann steigt halt keiner auf

In der dritten Liga sind die Fronten so verhärtet, dass ein Fortgang der Saison kaum noch vorstellbar ist. Nun verschärft sich die Drohkulisse, dass bei einem Abbruch niemand in die zweite Liga darf.

Von Johannes Aumüller

Die DFL hat deshalb den 36 Vereinen vor dem Anstoß zum Neustart und somit in letzter Minute per Beschlussvorlage die Gewissensfrage gestellt: Sind alle Beteiligten bereit, sich quasi bedingungslos den Risiken und Nachteilen des ungewissen Unterfangens zu unterwerfen und notfalls auch bei einer unvollendeten Saison das Prinzip von Auf- und Abstieg zu akzeptieren? Das sind sie, wie das Abstimmungsergebnis unter den 18 Erstligisten ergab, natürlich nicht. Hier endet der Gemeinsinn, der bisher die Branche einte, und die Einzelinteressen erhalten Vorrang. Was verständlich ist, wenn es um die Existenzfrage Abstieg geht.

Es genügt der Blick auf den Spielplan von Werder Bremen

Ein Klub wie Werder Bremen zum Beispiel, mit vier Punkten Rückstand Vorletzter, kann den Wunsch der DFL nicht akzeptieren, die Konsequenzen einer unvollständigen Tabelle per Selbstverpflichtung anzuerkennen. Dazu genügt unter anderem ein Blick in den Bremer Spielplan: Sollte am 30. Spieltag plötzlich doch Schluss sein müssen, hätte Werder bis dahin gegen drei Klubs aus dem oberen Tabellendrittel gespielt, außerdem gegen Freiburg (8.) und Wolfsburg (7.) - kein Programm für eine Aufholjagd.

Für den Fall des Saisonabbruchs kann es daher - nicht nur aus Sicht der möglichen Betroffenen, sondern auch aus rechtlichen Gründen - nur einen annehmbaren Beschlussvorschlag geben: Die Aussetzung des Abstiegs und, in nächster Folge, die Ausdehnung der ersten Liga auf zwanzig Klubs, weil man den beiden führenden Klubs der zweiten Liga nicht den Aufstieg verwehren dürfte.

Erstaunlich nur, dass darüber offenbar noch kein Stratege richtig nachgedacht hat.

© SZ vom 14.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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