Bundesliga, 34. Spieltag:"Wir melden uns vom Abgrund"

Das große Abstiegsfinale, van Gaals Furcht vor der Bierdusche, ein brisantes Papierkugel-Derby und Wolfsburger Geilheiten. Die Bundesliga-Vorschau.

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1. FC Nürnberg - 1. FC Köln (Samstag, 15.30 Uhr)

"Hallo, hier ist Nürnberg, wir melden uns vom Abgrund." So begann Radioreporter Günther Koch (Bild) im Abstiegsfinale 1999 kurz vor Spielende seine Live-Einblendung aus dem Frankenstadion. Die "Stimme Frankens" bebte. Gerade hatte Nürnbergs Frank Baumann aus fünf Metern den schon am Boden liegenden Freiburger Torwart Richard Golz angeschossen. Es war zum Verzweifeln. Gerade hatte man in Nürnberg von den dramatischen Wendungen der Spiele in Frankfurt und Bochum erfahren. Es war zum Verrücktwerden. Am Ende stieg der Club, der vor dem 34. Spieltag schon so gut wie gerettet schien, in die zweite Liga ab.

Im Abstiegsfinale 2010 steht der FCN vor dem 34. Spieltag wieder mal bedrohlich nah am Abgrund, durch zuletzt vier Niederlagen in Serie sind die Franken vom sicheren Weg in Richtung Klassenerhalt abgekommen. Trainer Dieter Hecking gibt sich schwindelfrei: "Ich bin überzeugt, dass wir gewinnen. Die Mannschaft hat Vertrauen verdient und ist in der Lage, Köln zu schlagen", sagt er. Doch während des entscheidenden Spiels gegen Köln werden die Fans wieder bibbern und bangen. Viele werden voll Sorgen und dunkler Erinnerungen das Zwischenergebnis der Konkurrenten im Blick behalten - die diesmal zwar nicht in Frankfurt spielt, aber erneut in Bochum, wie 1999. Bei einem Sieg ist der Club mindestens in der Relegation, wenn Hannover nicht gewinnt, ist sogar Platz 15 drin. Bei einem Remis oder einer Niederlage droht allerdings der direkte Abstieg.

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VfL Bochum - Hannover 96 (Samstag, 15.30 Uhr)

"Die Freude ist wieder da, das spürst du sofort", sagt Bochums Torwart Philipp Heerwagen. "Die Stimmung auf dem Trainingsplatz ist eine ganz andere", findet auch Sportvorstand Thomas Ernst. Die Stimmen aus Bochum deuten nicht darauf hin, wie der VfL vor dem letzten Spieltag dasteht: mit dem Rücken zur Wand, auf Platz 17, so schlecht wie noch nie in der Rückrunde. Es scheint so, als sei man in Bochum unheimlich erleichtert, dass Heiko Herrlich nicht mehr Trainer ist.

Man hat ihn entlassen, weil er häufig vor der Mannschaft gewütet und dadurch viele Spieler vergrault haben soll - und weil er zu oft verloren hat.

Letzteres hat sich im ersten Spiel nach Herrlich nicht geändert, Bochum verlor 1:3 in München. Doch der neue Trainer Dariusz Wosz (Bild) , der sich auf dem Rasen einst den Spitznamen "Zaubermaus" erspielt hat, verzaubert die Bochumer mit Spaß, Lächeln und demonstrativer Gelassenheit. Trotz der Gute-Laune-Atmosphäre ist allerdings klar: Nur mit einem Sieg im Endspiel gegen Hannover kann Bochum noch den direkten Klassenerhalt schaffen - und dabei wäre man noch vom Ergebnis des 1. FC Nürnberg abhängig. Doch auch Hannover muss unbedingt gewinnen, um sicher in der Liga zu bleiben - schon bei einem Remis könnte Nürnberg an den Niedersachsen vorbeiziehen.

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Werder Bremen - Hamburger SV (Samstag, 15.30 Uhr)

Es steht mal wieder ein Nordderby an, in dem es um sehr viel geht - für Werder Bremen um die Champions League, für Hamburg um die Europa League. Und Nordderbys, in denen es um sehr viel ging, kannten in der jüngeren Vergangenheit nur einen Sieger: Bremen. 2006 schnappte Werder dem Rivalen mit einem 2:1 im letzten Spiel den zweiten Platz weg. 2009 schnappte Werder dem HSV so ziemlich alles weg: Im Halbfinale des DFB-Pokals sorgte das Elfmeterschießen für die Entscheidung zu Gunsten der Bremer, im Halbfinale des Uefa-Cups eine Papierkugel, im Bundesligaspiel drei Tage später Doppeltorschütze Hugo Almeida.

Nach diesen schmerzhaften Niederlagen war Hamburg tief enttäuscht. Rund ein Jahr später ist man in Hamburg nach dem Halbfinal-Aus in der Europa League und einer verkorksten Rückrunde wieder tief enttäuscht (ohne dass Bremen diesmal etwas dafür könnte). Wieder musste ein Trainer gehen - der sechste in sieben Jahren. "Wir suchen beim HSV noch unseren Thomas Schaaf", gab Klubchef Bernd Hofmann vor ein paar Tagen zu. Es ist ein Indiz dafür, dass er den erfolgreicheren Nachbarn um die kontinuierliche Arbeit beneidet. Und vielleicht auch um die Fähigkeit, entscheidende Spiele zu gewinnen.

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Borussia Mönchengladbach - Bayer Leverkusen (Samstag, 15.30 Uhr)

Was für Wochen für Bayer Leverkusen! Erst verspielt der Klub die Tabellenführung, dann bestätigt er mal wieder den Ruf, ein Saisonfinale nervlich nicht zu bestehen und steht inzwischen nur noch auf Platz vier. Nun sagte erwartungsgemäß der lange verletzte Simon Rolfes für die WM ab, es folgte die herzerweichende Absage der designierten Nummer eins René Adler wegen eines Rippenbruchs. Dass der einst hochgeschätzte Patrick Helmes nach seinem Kreuzbandriss vor einem Jahr den Anschluss nicht mehr schaffte, merkt schon kaum einer mehr.

Ebenso in dieser Woche erklärte der nach Berlin ausgeliehene Theofanis Gekas, dass er auf keinen Fall nach Leverkusen zurückkehren wolle - und dann bestreitet nun ja auch Toni Kroos sein letztes Spiel im Bayer-Trikot.

Trainer Jupp Heynckes kommentiert in diesen Tagen dennoch: "Platz vier wäre ein tolles Ergebnis, alles andere wäre das Sahnehäubchen." Immerhin einer, der in Leverkusen zufrieden wäre mit der Europa League. Und sollte Werder Bremen ja doch noch verlieren gegen Hamburg - ja dann würde wohl Leverkusen in Gladbach nur Remis spielen und den Champions-League-Platz so verpassen. Alles andere wäre wirklich nicht leverkusnerisch.

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TSG Hoffenheim - VfB Stuttgart (Sa., 15.30 Uhr)

Es war mal wieder die Woche des Dr. Lehmann und Mr. Jens. Am Samstag stand Jens Lehmann, 40, im Mittelpunkt, weil er dem VfB Stuttgart im letzten Heimspiel seiner Karriere gegen Mainz durch eine wunderbare Parade noch einen Punkt rettete. Danach zeigte er sich gerührt von den Ovationen der Fans und dankte "den lieben Schwaben". Das war der Gentleman Dr. Lehmann.

Als dann am Donnerstag Bundestrainer Joachim Löw seine Profis für die WM in Südafrika nominierte, und Lehmann trotz des Ausfalls von René Adler nicht dabei war, zürnte er. Im Hinblick auf die wahrscheinliche Nummer eins, Manuel Neuer, etwa: "Ich weiß nicht, wie die Zielsetzung ist. Wenn man Weltmeister werden will, wird es schwierig. Er hat in letzter Zeit viele Fehler gemacht." Richtung der wahrscheinlichen Nummer zwei, Tim Wiese: "Bei einer Personalie bin ich mir nicht sicher, ob mit großem Sachverstand gehandelt wurde." Und: "Ich hätte mich nicht hinter die zwei (Wiese und Neuer; d. Red.) auf die Bank gesetzt und nicht gespielt." Das war der unberechenbare Mr. Jens.

Nun benötigt der VfB in Hoffenheim noch einen Punkt, um sich nach einem fürchterlichen Saisonstart noch die Europa League zu qualifizieren. Es wird Jens Lehmanns letztes Pflichtspiel nach mehr als 20 Jahren Profifußball. Mal sehen, welche der beiden Persönlichkeiten diesmal auf dem Platz steht.

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SC Freiburg - Borussia Dortmund (Samstag, 15.30 Uhr)

Um was geht es in Freiburg? Um nichts? Von wegen! Borussia Dortmund schlottern die Knie, schließlich könnte der Klub bei nur drei Punkten und vier Toren Vorsprung auf den VfB Stuttgart noch auf Platz sechs abrutschen. Das ist egal, weil sich auch der Sechste noch für die Europa League qualifiziert? Denkste! Der Sechste muss durch zwei Europa-League-Qualifikationsrunden, der Fünfte nur durch eine, um die Gruppenphase zu erreichen. Ein schwerwiegender Unterschied, der die Dortmunder beschäftigt: "In der ersten Runde wären wir definitiv gesetzt, in der zweiten vielleicht", sagt Geschäftsführer Watzke.

Um das zu verhindern, wird sicher Verteidiger Mats Hummels nach seiner Ausladung aus dem WM-Kader eine Weltklasse-Partie zelebrieren, wird hinten die Freiburger Breisgau-Brasilianer abgrätschen und vorne drei Kopfball-Tore erzielen. Mit schönem Gruß an den Badener Joachim Löw.

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FSV Mainz 05 - FC Schalke 04 (Samstag, 15.30 Uhr)

Theoretisch, ja theoretisch kann der FC Schalke 04 endlich wieder Meister werden. Zum ersten Mal seit über 50 Jahren, manch Schalke-Fan wartet also sein ganzes Leben lang schon auf diese Erlösung. Doch Kevin Kuranyi soll nach seiner WM-Ausladung eine Auszeit bekommen. Und wer soll dann für Schalke die benötigten 17 Tore schießen, um den FC Bayern doch noch einzuholen?

Theoretisch, ja theoretisch könnte Michael Ballack im kommenden Jahr für den FC Schalke spielen. Der Vertrag des 33-Jährigen beim FC Chelsea läuft nach dieser Saison aus, er ist ablösefrei. "Ich denke ja gar nicht daran, irgendetwas zu dementieren", sagte Trainer-Manager Felix Magath. Doch wer soll das sehr üppige Gehalt in Gelsenkirchen bezahlen, jetzt, da bekannt wurde, dass der Klub im vergangenen Geschäftsjahr 16,8 Millionen Euro Schulden angehäuft hat?

Springen die Russen von Gazprom noch einmal ein? Oder ein anderer Gönner? Oder die Stadt Gelsenkirchen? Oder rechnet Magath schon mit dem Champions-League-Halbfinale und daraus folgenden Einnahmen? Zumindest letzteres ist durchaus möglich.

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Hertha BSC Berlin - FC Bayern München (Samstag, 15.30 Uhr)

Was für eine Kluft: Hertha BSC Berlin steigt nach 13 Jahren wieder aus der Fußball-Bundesliga ab, für den FC Bayern beginnen vielleicht die rauschhaftesten Feierwochen der Klubgeschichte. Auf jeden Fall wird Kapitän Mark van Bommel (2.v.r.) im Berliner Olympiastadion die Silberschale stemmen. Trainer Louis van Gaal fürchtet schon die obligatorische Bierdusche: "Ich habe zu meinen Spielern gesagt, dass ich das nicht liebe. Aber okay, das sind die kleinsten Sorgen. Ich muss mich anpassen an die deutsche Kultur."

Am Sonntag wird sich der Meister zum ersten Mal von seinen Fans in der Münchner Innenstadt feiern lassen. Auf dem berühmten Rathausbalkon. Dann soll eine Woche später wieder in Berlin van Bommel den DFB-Pokal stemmen, um noch eine Woche später in Madrid den Champions-League-Henkelpott zu stemmen. Gut, dass der Holländer ein durchaus kräftiger Kerl mit starken Armen ist, dem man all dies ohne weiteres zutrauen kann.

Gut auch, dass Bayern-Finanzchef Karl Hopfner gewohnt ist, mit Millionen umzugehen. Denn die Erfolge haben auch einen Geldfluss auf das Bayern-Konto zur Folge, bei dem es etwa den Berlinern schwindeln würde.

Dort müssen sich die Finanzstrategen bemühen, nach dem Abstieg den Laden zu retten, bei 35 Millionen Euro Schulden und erheblichen Mindereinnahmen in Liga zwei. Weshalb kaum einer im Hertha-Trikot derzeit weiß, ob er nächstes Spieljahr noch im Klub spielen kann, darf oder soll. Aber immerhin wird ihnen ein vorerst letzter Akt mit der Meisterschale im Stadion geboten. Ob sie das ein bisschen tröstet?

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VfL Wolfsburg - Eintracht Frankfurt (Samstag, 15.30 Uhr)

Um was geht es in Wolfsburg? Um nichts? Stimmt. Frankfurt denkt schon an die nächste Saison und Trainer Michael Skibbe fordert mal wieder mehr Geld, mehr Risiko, bessere Spieler. Und Wolfsburg? Debattiert immer noch, wer in der neuen Saison Trainer sein soll, für Favorit Steve McClaren gibt es nach wie vor keine Bestätigung. Dabei müssten die Trainer nur so geil darauf sein, Wolfsburg trainieren zu dürfen.

Interimstrainer Lorenz-Günther Köstner sagte: "Felix Magath hat im vergangenen Jahr eine geile Mannschaft zusammengestellt. Und diese geile Mannschaft durfte ich in dieser Saison betreuen." Und weiter: "Wenn uns noch einmal solch eine geile Leistung wie in Dortmund gelingt, dann wäre das ein geiler Abschluss." Vielleicht schießt ja auch Edin Dzeko (Bild) noch ein paar geile Tore, holt sich damit die geile Torjägerkanone und erlöst dann geile 40 bis 50 Millionen Euro, wenn er bald seinen Wechsel zu einem europäischen Spitzenklub bekannt gibt.

Foto: Reuters

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