Bundesliga, 15. Spieltag:Kuranyis 100. Streich

Kevin Kuranyi schafft beim Schalker 2:0 gegen Hertha ein Jubiläumstor, Bremen und Köln vergessen beide das Toreschießen und gegen Maik Franz gibt es Rassismus-Vorwürfe.

Kevin Kuranyi hat mit seinem 100. Bundesliga-Tor Hertha BSC noch tiefer in die Krise gestürzt und Schalke 04 in die Spitzengruppe der Fußball-Bundesliga geköpft. Nach drei Spielen Ladehemmung schaffte Kuranyi am Sonntagabend in der 59. Minute seinen Jubiläumstreffer. Den Endstand zum 2:0 (0:0)-Arbeitssieg markierte Rafinha (90.+2) per Foulelfmeter. Das Team von Felix Magath, der sein 400. Spiel als Bundesliga-Trainer absolvierte, zog damit nach Punkten mit dem Tabellenzweiten Werder Bremen (beide 28) gleich und verkürzte den Rückstand auf Spitzenreiter Bayer Leverkusen auf drei Zähler.

Bundesliga, 15. Spieltag: Tor Nummer 100: Ex-Nationalspieler Kevin Kuranyi (li.) köpft gegen Hertha BSC zum 1:0 ein.

Tor Nummer 100: Ex-Nationalspieler Kevin Kuranyi (li.) köpft gegen Hertha BSC zum 1:0 ein.

(Foto: Foto: AP)

Für die ohne ihren gesperrten Kapitän Arne Friedrich angetretenen Berliner stand nach dem 14. Ligaspiel nacheinander ohne Sieg schon am Nikolaustag fest, dass sie auf dem letzten Platz überwintern werden. Überdies warten im Heimspiel gegen Bayer Leverkusen und dann auswärts bei Bayern München ganz schwere Brocken auf die Hertha, die kurz vor Schluss durch eine Riesenchance von Adrián Ramos fast den Ausgleich geschafft hätte. Doch der gerade eingewechselte Kolumbianer knallte vor 60.801 Zuschauern in der Schalker Arena den Ball per Scherenschlag aus nächster Nähe freistehend übers Tor.

Der Spielfilm in der Schalker Arena war schnell erzählt: Hertha wollte nicht verlieren - S04 fehlten zumindest eine Stunde die Ideen. Dabei hätte allein Kevin Kuranyi die "Königsblauen" in der ersten Hälfte klar in Führung bringen können. Doch der quirlige Stürmer, der vor einer Dreierkette ein ständiger Unruheherd in der Hertha-Abwehr war, vergab gleich drei prächtige Möglichkeiten (19./23./32. ) und schaffte sein 100. Bundesliga-Tor zunächst wieder nicht. Nach 13 Spielen ohne Sieg verlegte sich die Mannschaft von Trainer Friedhelm Funkel aufs verhindern von Schalker Chancen - egal wie.

Kuranyis Tor abseitsverdächtig

Die wenigen Angriffsversuche liefen zumeist über Patrick Ebert, der vor vor drei Tagen in der Euro League beim 1:0-Hoffnungsschimmer in Ventspils noch gefehlt hatte. Doch wirkliche Gefahr für das von Manuel Neuer gehütete Tor der Schalker bestand nicht. Ebert war in der 59. Minute auch für die erste Chance der Berliner zuständig. Mit seinem Freistoß aus rund 28 Metern konnte er neuer aber nicht aus der Ruhe bringen. Ganz im Gegenteil. Der Abwurf des Nationalkeepers leitetet die Führung der Gastgeber ein. Eine Schmitz-Flanke verlängerte Marcelo Bordon zu Kuranyi, der aus Abseitsverdächtiger Position sein Jubiläumstor köpfte.

Magath brachte zur zweiten Halbzeit Halil Altintop und verpasste ihm nur 36 Minuten später mit der Auswechslung die Höchststrafe. Trotz des Erfolgs war Meistertrainer Magath ganz offensichtlich überhaupt nicht zufrieden mit der Leistung seiner Mannschaft, die den hart erarbeiteten Sieg schließlich unter Dach und Fach brachte.

Werder lässt in Köln Punkte liegen

Werder Bremens gefürchteter 31-Tore-Sturm versagte ausgerechnet beim so heimschwachen 1. FC Köln. Das am Ende sogar glückliche 0:0 vor 50 000 Zuschauern im ausverkauften RheinEnergieStadion war für Bayer Leverkusens Verfolger Nummer eins ein klarer Rückschlag. "Wir haben zwei Punkte liegen lassen", konstatierte Manager Klaus Allofs. Und auch Trainer Thomas Schaaf war trotz der auf 23 Spiele ohne Niederlage verlängerten Super-Serie des Fußball-Bundesligisten unzufrieden: "Wir haben den letzten Schritt nicht gemacht, jetzt müssen wir mit diesem Ergebnis leben."

Bundesliga, 15. Spieltag: Wieder kein Kölner Torerfolg: Weil Milivoje Novakovic (li.) zwei Großchancen ausließ bleibt die Kölner Torbilanz bei mageren sieben Saisontreffern.

Wieder kein Kölner Torerfolg: Weil Milivoje Novakovic (li.) zwei Großchancen ausließ bleibt die Kölner Torbilanz bei mageren sieben Saisontreffern.

(Foto: Foto: Getty)

Trotz des 0:0 waren Top-Club Bremen und die abstiegsgefährdeten Kölner gleichermaßen Verlierer des 15. Spieltags. Der FC verpasste es, den Abstand nach ganz unten entscheidend zu vergrößern, weil Torjäger Milivoje Novakovic zwei hochkarätige Chancen (14./54. Minute) ausließ und Lukas Podolski damit fast auf 180 brachte. "Der Ärger ist da. Wir hatten diese zwei Hundertprozentigen. Da muss man eine reinmachen", klagte der Nationalspieler. Doch auch auf der Gegenseite herrschte nicht gerade gute Laune. Das Remis war für einen Titelanwärter viel zu wenig, zumal Köln in dieser Saison schon fünf Heimniederlagen bilanziert. "Wir hätten den Abstand verringern können", hielt Bremens ehemaliger Nationalspieler Tim Borowski fest, der für den an Grippe erkrankten Mesut Özil eingesetzt wurde. Borowski nahm es mit Galgenhumor: "Wir haben den Zuschauern etwas geboten, aber eigentlich sind war ja dazu da, Tore zu schießen."

Unzufriedenheit überall

Irgendwie schimpften nach diesem Nikolaus-Sonntag alle, die Unzufriedenheit war an allen Ecken greifbar. Marko Marin, Bremens wieselflinker Flügel-Flitzer, lag mehr, als dass er aufrecht am Spiel teilnahm. "Ich wurde nur getreten, das darf normalerweise nicht sein". Schaaf kam zu der sachlichen Erkenntnis, dass der nicht immer sicher wirkende Schiedsrichter Jochen Drees in einer Nach-Analyse "bei der einen oder anderen Szene zu einem anderen Ergebnis kommt". Marins Kölner Gegenspieler Christopher Schorch konterte: "Klar lässt der sich ab und zu mal fallen. Er ist ein guter Spieler, das hat er nicht nötig, das muss er nicht machen."

Beide Mannschaften hatten eigentlich nur Glück: Bremen deshalb, weil der Slowene Novakovic seinem Ruf als Torjäger erneut nicht gerecht wurde und Werder mit zweimaligem Versagen vor dem Ende dieser tollen Serie bewahrte, der FC, weil Youssef Mohamad bei einer klaren "Notbremse" (28.) von Drees nur Gelb und nicht Rot sah, was die logische Folge gewesen wäre. Ganz am Schluss fanden sich dann noch zwei, die das 0:0 positiv einordneten: "Es war ein Schritt nach vorn", hielt Kölns Trainer Zvonimir Soldo trotz des Fakts fest, dass seine Offensivabteilung mit sieben Toren in 15 Spielen nicht erstligareif ist. Und Werders Erstliga-Debütant Sebastian Mielitz, der den grippenkranken Nationalkeeper Tim Wiese exzellent vertrat, bekam von Schaaf zurecht ein Sonderlob: "Das hat er hervorragend gemacht. Ich kann Miele zu dieser Leistung nur gratulieren."

Rassismus-Vorwürfe gegen Maik Franz

Bundesliga, 15. Spieltag: Die Protagonisten des Spiels Frankfurt gegen Mainz: Schiedsrichter Felix Brych (verdeckt), Maik Franz (li.) und der Mainzer Aristide Bancé.

Die Protagonisten des Spiels Frankfurt gegen Mainz: Schiedsrichter Felix Brych (verdeckt), Maik Franz (li.) und der Mainzer Aristide Bancé.

(Foto: Foto: Getty)

Einen Tag nach der Dauerfehde auf dem Platz hat Angreifer Aristide Bancé vom FSV Mainz 05 seinen Frankfurter Gegenspieler Maik Franz mit Rassismus-Vorwürfen überhäuft. "Er hat mich das ganze Spiel über provoziert, hat mich übelst beschimpft, meinen Vater, meine Mutter beleidigt. Er hat mich als "dreckigen Neger" bezeichnet", sagte der Profi aus Burkina Faso in der SWR-Fernsehsendung Flutlicht am Sonntag. Eintracht-Abwehrspieler Franz, der mit Bancé beim 2:0 in der Bundesliga-Partie aneinandergeraten war, wehrte sich vehement. "Ich weise das ganz klar von mir. Das entspricht nicht meinen ethischen und moralischen Vorstellungen", sagte der Ex-Karlsruher nach Vereinsangaben vom Sonntag.

Nach dem Abpfiff in der Commerzbank Arena hatte Franz die Siegerfaust geballt, Bancé reckte frustriert den Mittelfinger in die Höhe: Nach einem emotionsgeladenen Rhein-Main-Derby hatte der Frankfurter zunächst Grund zur Freude. Dem Mainzer Stürmer droht nach seinem Aussetzer hingegen ein Nachspiel durch den DFB-Kontrollausschuss. "Ich habe überhaupt keine Angst vor einer Strafe, weil ich nichts gemacht habe. Er war es, der etwas Schlimmes getan hat", sagte Bancé am Sonntag. Franz wiederum "findet es nicht gut, dass Aristide Bancé nun so etwas erzählt". "Das war ein geiles Spiel", fasste Franz das 2:0 (1:0) seiner Frankfurter Eintracht gegen den aufstrebenden Nachbarn zusammen. Wann immer es in den spielerisch armen, stets aber temperamentvollen 90 Minuten irgendwo auf dem Platz hektisch wurde - der 28-Jährige war mittendrin.

Bancé, Milorad Pekovic, Chadli Amri - sie alle nahmen es mit Franz auf. Am Ende lachte aber nur der Frankfurter Abwehrrecke, der seinem Namen als Raubein der Liga wieder einmal alle Ehre machte. "Ich rede grundsätzlich nicht über Spieler des Gegners", sagte der Mainzer Coach Thomas Tuchel. Doch wer dem jüngsten Trainer der Bundesliga bei diesen Worten in die Augen schaute, der wusste: In Tuchel brodelte es, wie es in allen Mainzer Spielern und Verantwortlichen kochte. Neben der aus ihrer Sicht unnötigen Niederlage, die eine stolze Serie von zuvor fünf ungeschlagenen Partien beendete, ärgerten sich die Gäste besonders über Franz und Schiedsrichter Felix Brych. Der Referee schickte FSV-Spieler Amri Mitte der zweiten Halbzeit nach einem harmlosen Foul im Mittelkreis mit Gelb-Rot vom Feld (68. Minute), auch weil Franz den Feldverweis vehement gefordert hatte.

Franz "mehrmals grenzwertig"

"Seit heute weiß ich, warum die ganze Liga so über ihn redet", sagte FSV-Manager Christian Heidel. "Das war mehrmals grenzwertig." Da wenig später der Frankfurter Chris nach einem üblen Tritt gegen Adriano Grimaldi nicht die fällige zweite Gelbe Karte bekam, sprach Tuchel später von einer "krassen Unverhältnismäßigkeit. Das waren zwei klare Fehlentscheidungen". Doch selbst in Unterzahl hätten die Gäste fast noch einen Punkt geholt. Erst in der Schlussminute machte Alexander Meier mit dem 2:0 für die Hausherren alles klar. Im ersten Durchgang hatte Franz mit dem 1:0 (29.) gezeigt, dass er nicht nur mit Provokationen und einer harten Gangart Schlagzeilen machen kann, sondern auch sportlich. Dem Neuzugang gelang bereits sein viertes Saisontor und eine Kopie seines Treffers aus der Vorwoche bei Hertha BSC Berlin. Die Mainzer schienen den nach vorne stoßenden Rechtsverteidiger nicht auf der Rechnung gehabt zu haben, was den Frankfurter Patrick Ochs zu der süffisanten Bemerkung verleitete. "Vielleicht dachten sie, sie schlagen uns sowieso." Nach der Partie wollte Franz nicht von einem besonderen Spiel sprechen. "Die Menschen wollen doch Emotionen sehen und nicht 22 Roboter. Nach den 90 Minuten ist alles vergessen."

Ob die DFB-Ermittler dies im Fall Bancé ähnlich sehen, bleibt abzuwarten. Stefan Effenberg wurde wegen einer ähnlichen Sache 1994 von der WM in den USA nach Hause geschickt. Da Schiedsrichter Brych die abfällige Geste nicht gesehen hatte, könnte dem FSV-Stürmer ein Nachspiel drohen. "Da gibt es keine zwei Meinungen, das war nicht okay", sagte Tuchel, der jedoch um Nachsicht bat. "Bei ihm hatte sich während des Spiels viel aufgestaut." Unterstützung erhielt er von Eintracht-Coach Michael Skibbe. "Manchmal ist eine Aufarbeitung im Nachhinein eher kontraproduktiv."

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