Süddeutsche Zeitung

Tabellenletzter 1. FC Nürnberg:Wo bitte geht's zum Tor?

  • Der 1. FC Nürnberg tritt am Sonntag bei 1899 Hoffenheim an (15.30 Uhr).
  • Der Tabellenletzte glaubt an die kleine Chance auf den Klassenverbleib. Doch die Mannschaft hat Probleme, in den gegnerischen Strafraum zu gelangen.
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Von Sebastian Fischer

Es gibt gerade nicht viel zu feiern beim 1. FC Nürnberg, aber das heißt ja nicht, dass es nicht feierlich zugehen darf. Im Rathaus der Stadt waren unter der Woche ein paar bedeutende Figuren der Vereinsgeschichte eingeladen, sich ins Goldene Buch der Stadt einzutragen. Einige Spieler der Meistermannschaft von 1968 hatten bereits zum 50. Jahrestag im vergangenen Jahr dort unterschrieben, die damals verhinderten Georg Volkert und Heinz Müller holten das nun nach. Und angestoßen wurde später "auf die nächste deutsche Meisterschaft", wie ein Reporter der Nürnberger Nachrichten festhielt. So weit in der Ferne diese gerade auch sein mag.

Weit in der Ferne sind im Nürnberger Fußball ja gerade viel elementarere Dinge als Meisterschaften. In der Trainingswoche vor dem Spiel bei der TSG Hoffenheim an diesem Sonntag ging es unter anderem darum, etwas mehr Nähe zum gegnerischen Tor herzustellen. Drei Spiele hat der Club, Tabellenletzter der Bundesliga, bislang unter Interimstrainer Boris Schommers absolviert, dreimal standen jeweils ziemlich unterlegene Nürnberger sehr tief in der eigenen Hälfte.

Ein Tor gelang Eduard Löwen mit einem Fernschuss beim 1:2 in Düsseldorf, Hanno Behrens setzte einen Strafstoß beim 0:1 gegen Leipzig immerhin an die Latte. Ein Punktgewinn resultierte zwar aus einem 0:0 gegen Dortmund, aber der Rückstand auf den Relegationsplatz ist inzwischen auf sechs Punkte angewachsen. Und die größte Schwäche bleibt die Offensive. Tore erzielte der Club in der Rückrunde ganze vier, 18 in der ganzen Saison, die wenigsten der Liga.

50 Meter bis zum Tor sind einfach zu viel

"Im vertikalen Spiel, wenn wir schnell umschalten, können wir auch in Hoffenheim zu Chancen kommen", hat Schommers nun gesagt, wobei das Wort "auch" eine eher mutige Wahl ist, so rar waren selbst die Gelegenheiten zuletzt. "Gegen den BVB hatten wir zwei Chancen, gegen RB fünf", hatte er selbst gezählt. Etwas näher an der Wahrheit ist wohl die Schilderung von Stürmer Mikael Ishak: "Wir haben wenig Torschüsse, besonders im Sechzehner." Der Mittelstürmer, lange Zeit in dieser Saison nur Ersatzspieler, hat sein jüngstes von drei Saisontoren Anfang Februar beim 1:1 gegen Bremen geschossen. Doch er trägt die vagen Nürnberger Hoffnungen auf den Klassenverbleib, die beim Club in diesen Tagen jeder beteuert. Ishak sagt es so: "Wir werden nie in ein Spiel gehen mit der Idee, dass wir sowieso verlieren."

Trainer Schommers, 40, war als Assistent von Michael Köllner unter anderem für die Defensive zuständig, und so wirkte es durchaus sinnvoll, als ihm nach der Entlassung Köllners Marek Mintal als Assistent zur Seite gestellt wurde, der frühere Club-Torjäger. Doch die Möglichkeiten, sich einen schlüssigen Offensivplan gegen Hoffenheim auszudenken, bewegen sich in recht engen Grenzen. Matheus Pereira und Virgil Misidjan sind zwei der wenigen Spieler im Nürnberger Kader, die den Ball mit hohem Tempo vors Tor tragen können. Aber der eine ist immer noch rotgesperrt, und der andere fehlt weiterhin verletzt. Adam Zrelak, bis vor dem Spiel gegen Leipzig als Mittelstürmer gesetzt, fehlt mit einem Kreuzbandriss. Und Offensivkraft Ivo Ilicevic, der einzige Winter-Zugang, trainierte nach muskulären Problemen zwar mit, ist aber für die Begegnung am Sonntag eher keine Option.

Bleibt also als eine von wenigen Optionen im Angriff der Schwede Ishak, der Zweitliga-Torjäger aus der Vorsaison, im Januar 2017 aus Dänemark von Randers FC nach Nürnberg gewechselt. Doch seine Analyse der Nürnberger Taktik in dieser Woche zeigte viel vom Dilemma: Bis zum Tor seien es für ihn, den offensivsten Nürnberger, "oft 50, 60 Meter". Ishak ist ein eher bulliger Stürmer, der mit Flanken versorgt werden muss, nicht unbedingt ein Konterspezialist. Und so sind 50 Meter zum Tor für ihn viele Meter zu viel.

Bei der Veranstaltung im Rathaus zu Ehren der Meister von 68 war übrigens auch Thomas Grethlein zugegen, der Aufsichtsratschef, der in diesen Tagen nach eigener Schilderung fast rund um die Uhr damit beschäftigt ist, einen neuen Sportvorstand zu suchen. Zu den Meistern von einst sagte er einen Satz, dessen Symbolkraft wahrscheinlich nicht beabsichtigt war: "Ihr seid unser ganzer Stolz." Wie viel Stolz da wohl für die Mannschaft von 2019 noch übrigbleibt?

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Quelle:
SZ vom 10.03.2019/ebc
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