Zuschauer in der Bundesliga:Ein Stadion voller Geimpfter

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Es dürfen jetzt auch wieder mehr sein: Zwei Fans des Hamburger SV beim Zweitligaspiel gegen Dresden. (Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Der 1. FC Köln lässt demnächst fast nur noch Immunisierte zu seinen Heimspielen - und stößt damit eine Debatte über die Zuschauer-Rückkehr in der Bundesliga an. Die Rückmeldungen? "Überwiegend positiv".

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Selbst Karl Lauterbach war vor Kurzem schon da, um sich von den Gegebenheiten zu überzeugen. Der in der Pandemie omnipräsente Gesundheitsexperte von der SPD, Abgeordneter für den Wahlkreis "Leverkusen - Köln IV", hat nach eigener Aussage bei einem Besuch im Stadion des 1. FC Köln unter anderem die Sitzabstände vermessen, um sie auf Corona-Schutzmaßnahmen-Tauglichkeit zu überprüfen, erzählte er Anfang des Monats bei einer Talkshow namens "Loss mer schwaade". Da konnte er noch gar nicht wissen, welch zentrale Bedeutung die von ihm begutachtete Stätte in der Debatte um Zuschauer in Bundesligastadien einnehmen würde, weit über das Einhalten von Abstandsregeln hinaus.

Ende vergangener Woche hat der FC angekündigt, von seinem zweiten Saison-Heimspiel an fast nur noch genesene und geimpfte Zuschauer ins Stadion zu lassen - und negativ Getestete nur noch in begründeten Ausnahmefällen, etwa Kinder und Jugendliche. Bereits beim ersten Heimspiel an diesem Sonntag gegen Hertha BSC, wenn in der ersten Liga überall Fans auf die Tribünen zurückkehren, sollen von geplant 16 500 Zuschauern in Köln 15 500 Geimpfte oder Genesene sein. Seit der Ankündigung gehen die Meinungen auseinander, ob es sich bei "2G" statt "3G" um ungerechte Privilegien für Geimpfte handelt - oder schlicht um einen vernünftigen, notwendigen, für die Branche hoffnungsvollen und gar für die Impfkampagne symbolhaften Ansatz.

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"Wir wollten damit ein klares Zeichen setzen", sagt Alexander Wehrle, der Geschäftsführer des 1. FC Köln, am Dienstag der SZ. Es brauche Lösungen, wie der professionelle Sport in Deutschland weitergehen könne. Die Stadien irgendwann wieder voll zu machen, das sei "nur mit einer signifikanten Impfquote möglich", mit Geimpften und Genesenen also. Das Impfen sei der "Schlüssel zu allem", hatte am Montag auch Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke gesagt - und sich an die Fans gewandt: "Wenn ihr wieder ins Stadion wollt, dann lasst euch bitte impfen."

Ein Kritiker der Kölner Pläne ist dagegen zum Beispiel Hoffenheims Geschäftsführer Jan Mayer, der in derartigen Überlegungen eine "Impfpflicht durch die Hintertür" sieht. Und Eberhard Gienger, der sportpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, sagte der Augsburger Allgemeinen, seiner Meinung nach "müssen geimpfte, genesene oder negativ getestete Zuschauer beim Zutritt ins Stadion gleich behandelt werden". Er plädierte für einheitliche Regeln zum Bundesligastart.

FC-Geschäftsführer Wehrle glaubt, dass weitere Klubs dem Kölner Weg folgen werden

Von einem einheitlichen Bild in der Zuschauerfrage ist die Liga weit entfernt. Am Dienstag gab es in der Bund-Länder-Schalte den Beschluss, die Stadien zunächst nur zu 50 Prozent auszulasten, mit 25 000 Zuschauern als Obergrenze. Doch die genaue Auslegung ist von Bundesland zu Bundesland bislang verschieden, sowohl unter als auch über der als Kennzahl definierten Inzidenz von 35. In Bayern wäre darüber nur eine Kapazität von maximal 1500 Menschen erlaubt. Zum Auftaktspiel des FC Bayern in Mönchengladbach werden dagegen 23 000 Zuschauer erwartet, obwohl die Inzidenz über 35 liegt - Stichtag für Nordrhein-Westfalen war nämlich schon der vergangene Mittwoch, als sie noch knapp darunter lag.

In Köln liegt sie wiederum darüber, deshalb wären eigentlich nur 1000 Zuschauer erlaubt. Bis zu einem Drittel der Kapazität darf das Stadion aber mit Geimpften und Genesenen "aufgefüllt" werden, teilte die Stadt dem WDR mit. Das Konzept greife in Absprache mit dem Gesundheitsamt bis zu einer möglichen Inzidenz von 100.

Dass sich zu den Kritikern auch die NRW-AfD gesellte, dürfte den 1. FC Köln eher in seinem Ansinnen bestärken

Einig sind sich die Bundesligisten darin, für das Impfen zu werben. Der SC Freiburg gab am Freitag bekannt, Erstimpflinge mit 1100 Freikarten zu belohnen. Der erste Vorstoß in der Sache kam schon während der Saisonvorbereitung aus Frankfurt, wo die Eintracht ihren Plan, zu einem Freundschaftsspiel neben den auch bei einer Inzidenz über 35 zulässigen 5000 Zuschauern weitere 5000 geimpfte und genesene zuzulassen, mit der Ankündigung eines Rechtsstreits verteidigt hatte. Doch was "2G" oder "3G" angeht, ist das Bild noch uneinheitlich, wie eine Umfrage der ARD-"Sportschau" ergab, an der sich elf Klubs beteiligten. Vier antworteten auf die Frage, ob Geimpfte und Genesene gegenüber Getesteten Vorteile haben sollten mit "Nein".

Die Reaktionen auf die Initiative des FC, sagt Wehrle, seien "überwiegend positiv" gewesen. Er verwehre sich gegen den Vorwurf einer "Pflicht-Impfung durch die Hintertür". Vielmehr sei es so: "Wir haben auch eine Verantwortung für die vielen FC-Fans, die geimpft sind." Zwar hätten 71 von mehr als 110 000 Mitgliedern gekündigt, doch darunter sei kein Dauerkarteninhaber. Dass sich zu den Kritikern auch die NRW-AfD mit einer Plakataktion gesellte, dürfte den Klub eher in seinem Ansinnen bestärken. "Uns geht es auch um Aufklärung", sagt Wehrle. Beim Heimspiel gegen Berlin können sich Besucher am Stadion impfen lassen. Mit dem Johnson & Johnson-Wirkstoff könnten sie dann zwei Wochen später gegen den VfL Bochum bereits geimpft zum nächsten Heimspiel, falls sie ein Ticket bekommen.

Lob, sagt Wehrle, habe er nicht nur von Fans, sondern auch von Managerkollegen aus der Liga erfahren. Er klingt sicher, dass es weitere Nachahmer geben wird: "Wir werden nicht alleine bleiben."

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