1. FC Köln:"Ist doch klar, was die hier wollen!"

SV Werder Bremen v 1. FC Koeln - Bundesliga

Was denn nun? Marius Wolf sitzt auf dem Bremer Rasen.

(Foto: Martin Rose/Getty Images)

Der 1. FC Köln tritt beim 1:1 in Bremen derart mutlos und destruktiv auf, dass sich sogar Werder-Trainer Kohfeldt aufregt. Nach 17 Spielen ohne Sieg werden die Probleme größer.

Von Thomas Hürner, Bremen

Markus Gisdol gilt nicht unbedingt als impulsive Gestalt, die mit flammenden Reden für aufgeheizte Gemüter sorgt. Innerhalb der Fußballnation ist der Trainer des 1. FC Köln vielmehr für einen gewissen Pragmatismus sowie für seine kühle Nüchternheit bekannt, und schon nach wenigen Minuten waren eben jene Wesenszüge gefordert. "Ist doch klar, was die hier wollen!", brüllte Florian Kohfeldt, der sehr impulsive Trainer des SV Werder, durch die fast menschenleeren Weiten des Bremer Weserstadions.

Zuvor war mal wieder ein Spieler im roten Trikot seinem Gegner in die Beine gerauscht. Gisdol, 51, legte seinem Kollegen daraufhin in eher ruhigem Ton nahe, dass er doch besser den essentiellen Bestandteilen seiner Arbeit nachgehen solle, hier werde schließlich "Fußball gespielt".

Nun ja, Fußball gespielt wurde beim 1:1 am Freitagabend eher rudimentär. Gisdol machte hinterher auch kein Geheimnis aus der Simplizität seines Matchplans: Die Kölner wollten einem Gegner, der das Angreifen nicht beherrscht, das Angreifen überlassen. Vorbereitende Analysen, so Gisdol, hätten ergeben, dass Werder "damit Probleme hat". Es wurde ein Geisterspiel, vor dem sich selbst Geister gruseln würden. Und ob die Kölner Probleme damit kleiner geworden sind?

Horst Heldt versicherte seine Treue zuletzt in Dauerschleife

Immerhin ist Gisdol jetzt ein Fußballtrainer, der seit 17 Spielen nicht gewonnen hat, was an zahlreichen Bundesligastandorten wohl längst reaktionäre Handlungen hervorgerufen hätte. Der Kölner Sportchef Horst Heldt versicherte zuletzt zwar in Dauerschleife, dass der Trainer keinesfalls zur Disposition stehe. Nach zuletzt zarten Indizien des Aufschwungs dürfte es aber auch Heldt verwundert haben, was sich der FC in Bremen vorgenommen hatte: Nämlich jedweden Mut, der in der vergangenen Woche noch eine beachtliche Leistung gegen den FC Bayern ermöglicht hatte, einfach mal im Rheinland lassen und darauf hoffen, dass es gegen limitierte Bremer schon irgendwie reichen würde.

Dabei hatte die Aufstellung zunächst auf das Gegenteil hingedeutet. Dass in Salih Özcan ein eher technisch veranlagter Spieler die Sechserposition vor der Abwehr einnahm, war jedoch nicht mehr als Blendwerk. In der Praxis setzte sich die Kölner Mannschaft aus Torwart Timo Horn, der am Ende der ersten Hälfte verletzt ausgewechselt werden musste, neun Verteidigern sowie dem einsamen Stürmer Sebastian Andersson zusammen. Rafael Czichos, einer der ausgebildeten Abwehrspieler, stellte hinterher zutreffend fest, dass es "nicht schön aussieht, wenn man sich nur hinten reinstellt und die Räume zumacht".

Das Überraschende war, dass diese Destruktivtaktik wirklich hätte aufgehen können, obwohl sich der FC nicht ein einziges Mal gefährlich vor das gegnerische Tor kombinierte. Nach einem Freistoß aus dem Halbfeld beförderte der Bremer Verteidiger Niklas Moisander den Ball zur Kölner Führung ins Tor (67. Minute). Aus dem "dreckigen Sieg", den sich die Kölner laut Gisdol vorgenommen hatten, wurde jedoch nichts, da FC-Verteidiger Sebastiaan Bornauw im Strafraum später ein unnötiges Handspiel beging und Bremens Leonardo Bittencourt den fälligen Elfmeter zum 1:1 verwandelte (82.).

Für all jene, die es mit den Kölnern halten, gab es vor der Flutlichtpartie immerhin die Gewissheit, dass der "Effzeh" den Spieltag keinesfalls als Tabellenletzter beenden würde. Aber eben auch nur, weil sich zwei Mannschaften gegenseitig Punkte wegnehmen werden, die einen ähnlich misslungenen Saisonstart wie die Kölner hingelegt haben. In Mainz und auf Schalke war dieser nicht nur von lauten, internen Dissonanzen, sondern auch von frühen Trainerwechseln begleitet. Gisdol, der Pragmatiker, wirkte nach der Partie in Bremen jedenfalls nicht wie jemand, der ernsthaft um seinen Job bangen muss. Er fand, dass seine Mannschaft "vieles ordentlich" gemacht habe. Aus dieser misslichen Situation befreien, so Gisdol, könne man sich aber nur "über gute Leistungen".

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