Spanien schlägt die Schweiz:Zaragoza überreicht die Quittung

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„Ausdruck meiner Persönlichkeit“: In der Nachspielzeit schnappt sich Bryan Zaragoza den Ball und verwandelt den Strafstoß zum 3:2. (Foto: Miguel Riopa/AFP)

Bryan Zaragoza, vom FC Bayern an Osasuna verliehen, schießt Spanien per Elfmeter zum Sieg gegen die Schweiz. Und schickt einen galligen Gruß an seinen ehemaligen Münchner Trainer.

Von Javier Cáceres, Berlin

Am Montagabend errang Europameister Spanien gegen die Schweiz den 14. Triumph im 17. Spiel des Kalenderjahrs; und weil die Partie auf Teneriffa stattfand, hätte es eigentlich der Abend Pedris werden sollen. Der Mittelfeldspieler des FC Barcelona wurde fußballerisch zwar auf Gran Canaria groß, geboren wurde er aber in Tegueste, einem Ort, der eine halbe Autostunde von der Inselhauptstadt Santa Cruz entfernt ist.

Im Schatten des Teide – mit 3715 Metern die größte Erhebung Spaniens – stahl ihm aber ausgerechnet der kleinste Einwechselspieler des Königreichs die Schau. Weniger, weil er in der Nachspielzeit im Gegensatz zu Pedri einen Elfmeter verwandelte und nach Toren von Yeremi Pino (32.) und Bryan Gil (68.) den 3:2-Entstand herstellte. Sondern weil „er uns ein paar Jahrzehnte jünger gemacht hat“, wie ein betagter Kommentator der Zeitung As schrieb, und zwar indem er auf der Außenbahn Haken schlug wie die Fußballhelden von einst. Sein Name: Bryan Zaragoza.

Zurzeit spielt Zaragoza als Leihgabe des FC Bayern überaus erfolgreich beim Tabellenfünften CA Osasuna. Er wird in La Liga mit fünf Assists als der drittbeste Vorlagengeber der bisherigen Saison geführt und hat gegen den FC Barcelona einen Treffer erzielt, der es als Videoinstallation locker ins Guggenheim von Bilbao schaffen würde. Der Strafstoß gegen die Schweizer war keine Sensation, wohl aber, wie er ihn herausholte. Denn er tat es im Stile des genuinen Dribblers, der er ist. Und das war nicht nur der Höhepunkt eines gut 20-minütigen Auftritts, in dem Zaragoza die linke Abwehrseite der Schweizer auf rechts drehte, sondern auch die Grundlage für eine Mixed-Zone-Debatte über das bisherige Leben des Bryan. Sie geriet denkbar kurz – und endete mit einer Aussage Zaragozas, die Mic-Drop-Charakter hatte: „Ich glaube, Fußball spielt man mit den Füßen, nicht mit der Sprache.“

Der Wechsel in die Bundesliga sei „eine harte Erfahrung“ gewesen, aber er habe auch Gutes mitgenommen, sagt Zaragoza

Das war seine markige Antwort auf eine Frage, die in verkürzter Weise auf eine Einlassung des früheren Bayern-Trainers Thomas Tuchel aus dem Mai Bezug genommen hatte. Am Vorabend der Champions-League-Partie war Tuchel gefragt worden, was für ein Problem er denn mit dem Spanier habe, und woran sich am Montag niemand mehr erinnern wollte, war unter anderem, dass Tuchel seinerzeit die Brauen gewölbt hatte. Aufrichtig überrascht.

Er sei es doch gewesen, der zusammen mit Bayern-Sportdirektor Christoph Freund „hart darum gekämpft“ habe, Zaragoza davon zu überzeugen, „einen sehr großen Schritt“ zu gehen, sagte Tuchel. Der Stürmer, der Mitte 2022 noch viertklassig gespielt hatte, wechselte zum Jahreswechsel 2023/24 vom späteren Absteiger Granada zum Champions-League-Teilnehmer Bayern.

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Jeder Transfer benötige seine Zeit, hatte der neue England-Coach überdies gesagt und argumentiert, dass die Umstände nicht geholfen hätten: die schlechten Ergebnisse der Bayern einerseits, die schließlich zu Tuchels Abschied führten, andererseits der Fakt, dass Zaragoza „kein Deutsch und nicht so gut Englisch“ spreche. Dass Zaragoza auch in Spanien diverse Linguistik-Prüfungen vermasseln würde, unterschlug Tuchel zwar, vermutlich aus Mangel an einschlägigen Kenntnissen. Gleichwohl fühlte sich Zaragoza ausweislich der Quittung, die er am Montag präsentierte, pikiert.

Dass der 23-Jährige gerade glänzt wie damals, als der FC Bayern ihn für 15 Millionen Euro in Andalusien ablöste, liegt nicht zuletzt daran, dass Zaragoza nicht müde wird zu betonen, dass er sich in Pamplona „wie zu Hause“ fühlt. Mit seinem ersten Länderspieltreffer wurde er nun zum ersten Osasuna-Spieler seit 1929, der einen Treffer für Spaniens Nationalmannschaft erzielt. Dass er sich gegen die Schweizer den Ball zum Elfmeter schnappte, nannte er Ausdruck „meiner Persönlichkeit“.

Diese könnte er auch für die Insistenz ins Feld führen, mit der er auf immer größeren Bühnen seine auf Bolzplätzen verfeinerte Kunst verfolgt: „Ich probiere es immer wieder.“ Und vielleicht probiert er es auch in München noch einmal. Der Wechsel in die Bundesliga sei „eine harte Erfahrung“ gewesen, Umfeld und Sprache waren halt neu. „Aber ich habe von dort sehr gute Dinge mitgenommen“, sagte er jüngst der Zeitung El Correo, und betonte, dass sein Vertrag noch bis 2029 läuft.

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